Verfassungsschutz als Datenkrake: CSU-Minister verlangt KI-Schnüffeltools und Chat-Zugriffe
Bayerns Innenminister drängt auf weitreichende neue Überwachungsbefugnisse und stellt den Verfassungsschutz als entscheidendes Instrument staatlicher Macht dar. Kritiker warnen vor den Folgen.
Der Bayerische Innenminister erklärte, die Nutzung KI-gestützter Analyseinstrumente oder der bislang nicht mögliche Zugriff auf die Kommunikation in verschiedenen Messengerdiensten dürfe kein Tabu mehr sein.
© IMAGO / foto2pressMünchen. – Beim Festakt zum 75-jährigen Jubiläum des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz im Landtag nutzte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Bühne, um weitreichende Forderungen nach einer technischen Aufrüstung der Behörde zu äußern. „Die Nutzung KI-gestützter Analyseinstrumente oder der bislang nicht mögliche Zugriff auf die Kommunikation in verschiedenen Messengerdiensten darf kein Tabu mehr sein”, erklärte er. „Es stößt in der Bevölkerung zunehmend auf Befremden, dass viel zu oft der Hinweis auf eine akute Anschlagsgefahr von einem ausländischen Nachrichtendienst kam.“

Seiner Darstellung zufolge geht es um nichts Geringeres als die Verteidigung staatlicher Entscheidungsfähigkeit. Eine moderne Sicherheitsarchitektur sei elementar, da eine „auf mögliche Gefahren angepasste Analyse- und Reaktionsfähigkeit“ zunehmend zur Frage der nationalen Souveränität werde, so Herrmann.
Warnung vor neuen Formen des Extremismus
Herrmann sieht eine wachsende Fragmentierung extremistischer Strömungen und weist darauf hin, dass neue Ideologieträger Muster übernehmen, um eigene Angriffe gegen politische Institutionen, gegen „die da oben“, zu konstruieren. Zusätzlich warnte er vor ausländischer Einflussnahme: „Befeuert wird das alles noch durch gezielte, häufig im Auftrag ausländischer Mächte gesteuerte, Desinformation.“
Laut dem Minister habe sich das Bedrohungsfeld insgesamt stark ausgedehnt. „Heute ist der Verfassungsschutz mit vielfältigen Bedrohungen gleichzeitig konfrontiert, bei denen oftmals die bisher bestehenden Abgrenzungen zwischen den Phänomenbereichen verschwimmen“, sagte Herrmann. Deshalb benötige die Behörde eine starke personelle, technische und rechtliche Basis, so seine erneute Forderung. Er hält das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz ebenso wie die anderen Landesämter und das Bundesamt als „für die Wahrung der Demokratie schlichtweg unverzichtbar“.
AfD sieht „Überwachungsstaat“
Die Pläne des Innenministers stoßen bei der AfD-Landtagsfraktion auf scharfe Ablehnung. „Gerade erst hat das Europäische Parlament die verpflichtende, flächendeckende Chat-Kontrolle, wie sie von der EU-Kommission angestrebt wird, zurückgewiesen“, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Richard Graupner dazu in einer Aussendung.
Nach seiner Einschätzung versucht die Staatsregierung dennoch, ähnliche Maßnahmen auf Landesebene durchzusetzen. „Aber jetzt versucht die Staatsregierung, den Überwachungsstaat in Bayern durch eine massive Ausweitung der Befugnisse des Verfassungsschutzes einzuführen“, führt Graupner weiter aus. Die AfD-Fraktion stellt sich strikt gegen dieses Vorhaben, die Bürger von einer Behörde kontrollieren zu lassen, die gegenüber dem Innenministerium weisungsgebunden ist.
Klare Trennlinie gefordert
Er kritisiert besonders die aus seiner Sicht unscharfe Begründung für den Eingriff in Grundrechte: Der vage Verweis auf abstrakte Bedrohungslagen dürfe keinen Vorwand zur Aushöhlung von Bürgerrechten liefern. Graupner wirft der Regierung sogar vor, eine Gefahr für die Demokratie zu sein: „Die Staatsregierung bedroht Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mit solchen Forderungen selbst am allermeisten.“ Er fordert eine klare Trennlinie zwischen Extremismusbekämpfung und Überwachung der Bevölkerung: „Wir müssen echte Extremisten und Terroristen bekämpfen – nicht Bürger, die von ihren Grundrechten Gebrauch machen.“ Für die AfD seien Meinungs- und Kommunikationsfreiheit „unantastbar“.




