Millionen aus EU-Töpfen für Lobbyarbeit? Deutsche Regierung zeigt sich zurückhaltend
Über EU-Programme sollen Millionen an NGOs geflossen sein, die mit Kampagnen und Lobbyarbeit auch gegen deutsche Interessen vorgingen. Wie viel deutsches Steuergeld dabei im Spiel war, bleibt unklar.
Die EU steht nach wie vor wegen möglicher Mittelvergaben an NGOs in der Kritik.
© IMAGO / dts NachrichtenagenturBerlin. – Die EU-Kommission sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, über das Umweltprogramm „LIFE“ gezielt Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gefördert zu haben, die Kampagnen gegen Unternehmen sowie gegen politische Vorhaben, wie das Mercosur-Freihandelsabkommen, initiiert haben sollen. Laut Medienberichten erhielt die NGO ClientEarth beispielsweise rund 350.000 Euro, um juristisch gegen deutsche Kohlekraftwerke vorzugehen. Das Ziel dabei war es, das „finanzielle und rechtliche Risiko“ für die Betreiber zu erhöhen. Auch die Organisation Friends of the Earth soll mit Mitteln ausgestattet worden sein, um gegen das Freihandelsabkommen zu mobilisieren.
Keine Zweckbindung deutscher EU-Beiträge
Auf Anfrage der AfD-Fraktion teilte die Bundesregierung mit, dass der deutsche Anteil am EU-Haushalt für den laufenden mehrjährigen Finanzrahmen von 2021 bis 2027 bei rund 22,62 Prozent liegt. Diese Beiträge würden „ohne Zweckbindung in den EU-Haushaltsplan eingesetzt”. Eine konkrete Zuordnung von Einnahmen zu bestimmten Ausgaben findet grundsätzlich nicht statt, ausgenommen davon sind lediglich zweckgebundene Einnahmen, etwa Rückerstattungen oder Beiträge assoziierter Drittstaaten.
Die EU-Kommission wies den Vorwurf der Intransparenz zurück und betonte, dass es sich um „transparente Förderungen im Rahmen des 'LIFE'-Programms“ handele. Die NGOs agieren dabei „unabhängig“ und legen ihre Arbeitsprogramme selbst fest. Die Kommission prüfe lediglich, ob die Projekte den Programmvorgaben formal entsprächen. Gleichzeitig gestand Haushaltskommissar Piotr Serafin im Januar 2025 jedoch ein, dass einzelne Vereinbarungen „unangemessen spezifische“ Lobbytätigkeiten beinhalteten. Dies sei zwar nicht illegal, aber aus seiner Sicht problematisch.
Bundesregierung hält sich bedeckt
Bislang hat sich die Bundesregierung nicht öffentlich zur Frage geäußert, ob sie die Verwendung deutscher Steuergelder in diesem Kontext für legitim hält. Auch die Frage, ob betroffene Unternehmen aus Deutschland informiert oder unterstützt wurden, blieb offen. Auf die Frage nach Kontrollmechanismen für die Mittelverwendung verweist die Bundesregierung auf den EU-Rechnungshof, der die „Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit aller Einnahmen und Ausgaben des EU-Haushalts“ prüft. Darüber hinaus heißt es, dass das LIFE-Programm der „direkten Mittelverwaltung durch die Europäische Kommission“ unterliege.
Die Frage, ob entsprechende Fördervereinbarungen Klauseln zur politischen Unparteilichkeit enthalten, ließ die Bundesregierung unbeantwortet. Auch zur Frage, ob sie Maßnahmen ergreift, um zu verhindern, dass mit EU-Geldern indirekt Einfluss auf politische Positionen in nationalen Debatten genommen wird, blieb sie eine klare Aussage schuldig.
Kritik an fehlender Transparenz
Die Bundesregierung betont immerhin, dass sie sich für mehr Transparenz bei der Vergabe von EU-Geldern einsetzt. So habe man sich beispielsweise bei der Überarbeitung der EU-Haushaltsordnung entsprechend engagiert. Zudem wird darauf hingewiesen, dass sich NGOs hinsichtlich der Fördervoraussetzungen nicht von anderen Antragstellern unterscheiden.
Auf die grundlegende Frage, ob es demokratisch legitim ist, wenn NGOs Einfluss auf die Gesetzgebung oder wirtschaftliche Aktivitäten nehmen, ohne selbst demokratisch gewählt zu sein, gab die Bundesregierung keine Antwort. Ebenso wenig äußerte sie sich dazu, ob sie sich innerhalb der EU für eine Reform der NGO-Förderpraxis einsetzen wolle.