Berlin: Senat rückt Vornamen deutscher Tatverdächtiger nicht heraus – AfD klagt erneut
Der Berliner Senat weigert sich weiterhin, die häufigsten Vornamen deutscher Messer-Tatverdächtiger offenzulegen, obwohl es ein klares Urteil des Verfassungsgerichtshofes gibt.
Die AfD sieht sich aufgrund der Weigerung des Senats, eine Anfrage zu beantworten, erneut gezwungen, vor den Landesverfassungsgerichtshof zu ziehen.
© IMAGO / BerlinfotoBerlin. – Die Berliner AfD-Fraktion hat erneut den Verfassungsgerichtshof angerufen. Hintergrund ist ein Streit um die Herausgabe der häufigsten Vornamen deutscher Tatverdächtiger bei Messer- und anderen Gewaltstraftaten. Der AfD-Abgeordnete Marc Vallendar sieht das parlamentarische Auskunftsrecht verletzt und hat deshalb eine Organklage eingereicht.
Bereits im Mai hatte das Landesverfassungsgericht entschieden, dass der Senat Vallendars Anfrage zu Unrecht abgelehnt hatte. Das Gericht befand damals, die Begründung, durch die Nennung könnten einzelne Personen identifiziert werden, sei nicht tragfähig. Das Urteil fiel mit knapper Mehrheit.
Kritik von Vallendar
Auf das Urteil aufbauend, stellte Vallendar die Anfrage deshalb erneut. Doch trotz der gerichtlichen Entscheidung verweigert der Senat die Auskunft weiterhin. „Der Senat weigert sich, dem Urteil des höchsten Berliner Gerichts Folge zu leisten. Damit untergräbt er mit voller Absicht den deutschen Rechtsstaat und agiert bewusst rechtswidrig“, kritisiert Vallendar. Zudem untergrabe die Weigerung des Senats, wiederholt parlamentarische Anfragen nach Vornamen von Messertätern zu beantworten, das verbriefte Auskunftsrecht der Opposition, die das Senatshandeln kontrollieren soll, so der Abgeordnete in einer Presseaussendung.
Darüber hinaus bezeichnete er die Argumentation der Landesregierung als unhaltbar: „Die Begründung ist grotesk. Die Wahrheit zu unterdrücken, um einen ungewollten Eindruck bei den Bürgern zu vermeiden, grenzt ans Totalitäre“. Gleichzeitig befördere der Senat damit das Misstrauen in die Politik, „denn den Bürgern wird signalisiert, dass es etwas zu verheimlichen gibt“.
Senat verweist auf Missbrauchsrisiko
Der Senat begründete seine Weigerung ausführlich. In seiner Antwort hieß es, „eine staatlicherseits vorgenommene Aufschlüsselung der deutschen Tatverdächtigen anhand ihrer Vornamen, um diese nach ihrer (vermeintlichen) ethnischen Herkunft zu kategorisieren“, begründe jedenfalls ein „erhebliches Missbrauchsrisiko“. Dieses manifestiere sich letztlich in der Propagierung eines Weltbildes, „wonach Menschen mit Migrationsgeschichte ungeachtet ihrer deutschen Staatsbürgerschaft allenfalls als 'Passdeutsche' bzw. als Deutsche 'zweiter Klasse' anzusehen seien und niemals gleichberechtigte Mitglieder des als Abstammungsgemeinschaft verstandenen deutschen Volkes werden könnten“.
Ferner begründe eine solche Auskunftserteilung, „indem sie einen Zusammenhang zwischen Vornamen – der in diesem Zusammenhang lediglich als Chiffre für die (vermeintliche) ethnische Zugehörigkeit dient – und der Häufigkeit der Begehung bestimmter Straftaten herstellt, die reale Gefahr der Stigmatisierung und pauschalen Herabwürdigung ganzer Bevölkerungsgruppen durch Dritte“. In zahlreichen Äußerungen und Beiträgen insbesondere in Sozialen Medien werde propagiert, „dass Angehörige bestimmter Ethnien einen stärkeren Hang zu Straftaten haben – und zwar aufgrund ihrer Herkunft“. Das sei, so der Senat weiter, ein Verstoß gegen die in der Berliner Verfassung verankerten Grundrechte.
Streit um Kontrolle und Transparenz
Die AfD begründet ihr Anliegen hingegen mit einem Kontrollbedürfnis. Während die Polizeistatistik zwischen deutschen und ausländischen Staatsangehörigen unterscheidet, fehlen nämlich Angaben zu möglichen Migrationshintergründen bei deutschen Tatverdächtigen. Über die Vornamen will die Fraktion Rückschlüsse ziehen.
Mit der erneuten Organklage spitzt sich der Konflikt nun jedenfalls weiter zu – diesmal unter verschärfter Beobachtung, da das Verfassungsgericht bereits zuvor die Rechte des Abgeordneten bestätigt hatte.