Freilich #36: Ausgebremst!

AfD-Richtungsstreit: Transtlantischer Flügel will außenpolitischen Kurs neu ausrichten

Innerhalb der AfD verschärft sich der Richtungsstreit über den Umgang mit Russland. Dabei geraten westlich orientierte Vertreter in Konflikt mit jenen Kräften, die den bisherigen außenpolitischen Erfolgskurs der Partei verteidigen wollen.

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AfD-Richtungsstreit: Transtlantischer Flügel will außenpolitischen Kurs neu ausrichten

In der AfD beherrscht derzeit besonders ein Thema die Debatte zwischen den verschiedenen Kräften der Partei.

© IMAGO / Bernd Elmenthaler

Berlin. – In der AfD verschärft sich der Konflikt zwischen jenen Kräften, die eine stärkere Anbindung an westliche sicherheitspolitische Linien wünschen, und denen, die an der bislang erfolgreichen, eigenständigeren außenpolitischen Positionierung festhalten wollen. Die jüngsten Äußerungen von Parteichef Tino Chrupalla bei Markus Lanz, in denen er erklärte, von Russland gehe „keine Gefahr für Deutschland“ aus und „natürlich“ könne auch Polen „eine Gefahr für Deutschland werden“, haben die Diskussion weiter angeheizt. Zugleich sagte er über Wladimir Putin: „Mir hat er nichts getan.“

Abgeordnete stellen sich gegen Chrupalla

Daraufhin wies der AfD-Bundestagsabgeordnete Hannes Gnauck auf angebliche Risiken aus Russland hin und betonte: „In Sabotageakten, Spionage, Desinformation, Cyberangriffen und auch in sehr riskanten und feindseligen Aktivitäten im Ostseeraum zeigt sich, wie angespannt und volatil die derzeitige Lage ist“, betonte er gegenüber der Jungen Freiheit (JF). „Diese Vorfälle müssen klar benannt werden.“

Auch Rüdiger Lucassen plädierte gegenüber der JF für einen härteren Kurs und erklärte, Russland richte „nach allem, was wir wissen“ Schaden an Deutschlands kritischer Infrastruktur an. „Diese Bedrohung muss Deutschland abwehren können.“ Chrupallas Hinweis auf Polen als mögliche Gefahr wies er hingegen zurück: „Über Polen als Gefahr zu reden, hat nichts mit Politik zu tun.“ Diese Theorie sei „abstrus“ und widerspreche dem Anspruch staatspolitischer Verantwortung.

Jan Nolte sieht hybride Aktivitäten Russlands gegen Deutschland und warnte gegenüber der JF, man dürfe sich darüber „keine Illusionen machen“, auch wenn er, ebenso wie Lucassen, nicht von einem militärischen Angriff ausgeht. Im ZDF-Morgenmagazin kritisierte Chrupalla die aus seiner Sicht übertriebene Stimmungsmache hingegen als „Kriegshysterie“.

Weidel gegen Russlandreise

Kritik gab es aber auch an den AfD-Abgeordneten, die nach Russland reisen wollen – und zwar von Alice Weidel: „So sehr ich die Hintergründe von einzelnen Abgeordneten nachvollziehen kann: Sie werden kein relevantes Gewicht in Friedensverhandlungen haben“, so Weidel gegenüber Compact-TV. Zudem müsse man sich der „Illusionen“ entledigen und „nicht in einen Skiort fahren“, sondern parlamentarisch arbeiten. Die AfD sei schließlich „noch nicht einmal Regierungspartei“.

Ähnlich äußerte sich Gerold Otten gegenüber der JF und warnte, dass Reisen nach Russland „zu Propagandazwecken missbraucht“ werden könnten. Lucassen verlangte, dass Russlandkontakte „alleinig in der Hand der Partei- und Fraktionsvorsitzenden“ liegen müssten. Politik sei „kein Spielfeld, auf dem man politische Lustreisen unternimmt, um sich nachher auf Facebook zu produzieren“. Einige, so der Abgeordnete, würden „immer noch private Sympathien, persönliche Sozialisation und einen sturen ‘Dagegen-Kurs‘“ vermischen.

Der bayerische Abgeordnete Rainer Kraft stellte laut der JF die Frage, warum sich Abgeordnete „für fremde Interessen zum Werkzeug machen lassen“ oder die „größte ethnische Säuberung der Weltgeschichte als Befreiung feiern“. Deeskalation sei „vollumfänglich durch Russlands Größenwahn gescheitert“.

Reisebefürworter halten dagegen, auch Chrupalla

Unterdessen verteidigte Steffen Kotré die Reisepläne laut der JF mit den Worten: „Ich mache mit meinen Kollegen das, was die Bundesregierung machen sollte und einige SPD-Politiker auch tun: Gespräche führen statt Mauern aufzubauen.“ Chrupalla stellte sich im ZDF hinter die Abgeordneten: „Die Kollegen, die dort hinfahren, haben ihre Reise angemeldet. Sie wurde genehmigt.“ Man sei sich einig, dass man die Beziehungen zu Russland offen halten müsse. Er verwies dabei auch auf BRICS-Treffen.

Matthias Moosdorf aus dem sächsischen Landesverband widersprach Weidels Kritik scharf: „Derzeit gibt es eine Hysterie – aber keine Bedrohungslage.“ Ihre Aussage, die AfD sei ja noch nicht einmal Regierungspartei, findet er „einfach völlig daneben“. Auf X schrieb er außerdem: „Es ist KEIN Landesverrat, wenn man sich nicht in die allgemeine Kriegshysterie gegen Russland hinein ziehen lassen will! Man muss auch zuhören wollen, wenn man zutiefst deutsche Interessen sucht!“

Weidel bezeichnete das Vorgehen der zuständigen Gremien unterdessen als „recht unglücklich“ und forderte neue Regeln: „Denn so sollten wir nicht weitermachen. Das können wir uns nicht leisten.“ Frohnmaier erklärte hingegen: „Die bestehenden Verfahren funktionieren gut.“ Reformbedarf sehe er nur auf Parteiebene. Moosdorf betonte die Freiheit des Mandats. Rainer Rothfuß wiederum hat sich laut Medienberichten inzwischen „aus eigenen Stücken“ dazu entschieden, auf die Reise zu verzichten.

Vorwürfe gegen Union und Medien

Frohnmaier sieht in der aktuellen Debatte ein strategisches Vorgehen gegen die AfD: ein „bewusstes 'Agendasetting' der Union und der öffentlich-rechtlichen Medien“, deren Ziel sei, die Partei als „russlandhörige Vaterlandsverräter“ zu brandmarken, wie die JF berichtet. Die Parteispitze versuchte derweil, Beruhigung zu signalisieren: „Wir werden als Bundessprecher der Alternative für Deutschland auch zukünftig gemeinsam Politik für Deutschland und seine Bürger machen. Dafür pflegen wir die guten Beziehungen zu unseren europäischen und internationalen Partnern“, heißt es in einer am Donnerstag von der Bundesgeschäftsstelle versendeten Stellungnahme.

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