Freilich #35: Und tschüss!

Subventionierte Einseitigkeit: Die fragwürdige Jury hinter dem Deutschen Verlagspreis 2025

Offiziell soll der Deutsche Verlagspreis die literarische Vielfalt fördern, doch tatsächlich profitieren vor allem ideologisch geprägte Verlage davon, wie eine FREILICH-Recherche bereits gezeigt hat. Nun wirft auch die Zusammensetzung der Jury selbst brisante Fragen nach politischer Neutralität und staatlich legitimierter Einseitigkeit auf.

Analyse von
14.10.2025
/
14 Minuten Lesezeit
Subventionierte Einseitigkeit: Die fragwürdige Jury hinter dem Deutschen Verlagspreis 2025

Die Verlegerin Katharina Holzmann winkend in einem Kajak vor dem Schriftzug „Deutschland muss sterben“. Sie wurde vom Kulturstaatsministerium unter Weimer in die Jury berufen.

© Screenshot Instagram, Weimer / IMAGO / epd. Collage: FREILICH

Laut Kulturstaatsminister Wolfram Weimer soll der Deutsche Verlagspreis 2025 die „kleinen und unabhängigen Verlage als Rückgrat unserer literarischen Vielfalt“ würdigen. Ein genauer Blick auf die diesjährigen Preisträger zeigte jedoch bereits: Von pluralistischer Vielfalt kann kaum die Rede sein.

Preisgelder für ideologische Missionen

Wie eine FREILICH-Recherche ergab, befinden sich darunter gleich mehrere Verlage, die offen linksradikale, identitätspolitische oder systemkritische Inhalte propagieren. Die Edition Nautilus etwa wurde durch den Geist der 68er-Bewegung geprägt und veröffentlicht bis heute Texte, die traditionelle Gesellschaftsbilder frontal attackieren – von der Familie bis zur Männlichkeit. In ihrem Sortiment finden sich Bücher, die heterosexuelle Eltern als defizitär bezeichnen, klassische Männlichkeit als „toxisch” brandmarken und sogar militante Bewegungen oder anarchistische Ideen als fast jugendbewegte Abenteuer beschrieben.

Auch der Manifest Verlag verfolgt keine literarische Linie, sondern eine klare politische Agenda. Mit Titeln wie Marxismus heute, Trotzki – Revolutionär ohne Heimat oder Lenin. Eine Biografie pflegt der Verlag ein ideologisches Erbe, das offen revolutionär und antikapitalistisch auftritt. Dies wird durch Posterangebote mit Marx, Engels und Lenin als Ikonen flankiert.

Am weitesten geht der Unrast Verlag. Aus einem linksradikalen Kollektiv hervorgegangen, agiert er mehr als politisches Projekt und weniger als literarischer Akteur. Seine Publikationen reichen von agitatorischen Anleitungen für „antifaschistische Aktionen“ und Handbüchern zur Gegenmobilisierung gegen die AfD bis hin zu Texten, die Gewaltaktionen als demokratische Praxis umdeuten. Besonders bedenklich ist, dass auch Jugendliche gezielt als Zielgruppe angesprochen werden.

Zwischen Kulturförderung und Gesinnungspolitik

Die Tatsache, dass diese Verlage mit staatlichen Mitteln bedacht werden, sorgte zuletzt auch im politischen Raum für Kritik. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich sprach gegenüber FREILICH von einer Förderung „linker und linksradikaler Projekte“ und bezeichnete Kulturstaatsminister Weimer als „Scheinkonservativen“, der „linken Einheitsschund mit Preisen überhäuft“.

Doch wer gehört zur siebenköpfigen, „unabhängigen” Jury des diesjährigen Verlagspreises? FREILICH hat sich die vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) berufenen Juroren, die zum Teil schon in den Jahren zuvor in der Jury saßen, genauer angeschaut und dabei Brisantes entdeckt, das zumindest teilweise erklärt, wie Verlage wie die drei oben genannten Beispiele es unter die Preisträger schaffen konnten. Während der in Sri Lanka geborene Schriftsteller Senthuran Varatharajah, die für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tätige Ines Dettmann und Isabel Fargo Cole eher unauffällig sind, stechen vor allem die restlichen vier Juroren mit ihren öffentlichen Haltungen und Beiträgen in Sozialen Medien hervor. Vor diesem Hintergrund erscheint die Tatsache, dass Fargo Cole in dem von ihr mitausgezeichneten Verlag Edition Nautilus selbst mehrere Werke publiziert hat, fast schon kaum der Erwähnung wert.

Jörg Albrecht: Jurychef mit Ansage gegen rechts

Den Vorsitz der diesjährigen Jury hatte wie schon im letzten Jahr Jörg Albrecht inne. Er ist Autor, Essayist und Theatermacher und leitet das Center for Literature auf Burg Hülshoff. Wie auf der Website des Verlagspreises zu lesen ist, ist er zudem Gründer des Theaterkollektivs „copy & waste“, das mit dem George-Tabori-Preis des Bundes ausgezeichnet wurde. Auf den ersten Blick also keine Auffälligkeiten – ein Kulturschaffender, tief verankert im zeitgenössischen Literatur- und Theaterbetrieb. Doch ein Blick auf seine Aktivitäten in den Sozialen Medien zeigt schnell, wo Albrecht politisch zu verorten ist.

Auf seinem Instagram-Profil finden sich gleich zwei auffällige Beiträge mit blauem Hintergrund: Auf dem einen steht in großen weißen Buchstaben „NO Merz NO AfD“ – ein Bezug auf die Bundestagsabstimmung im Januar 2025, bei der ein Unions-Antrag mit Stimmen der AfD eine Mehrheit erhielt. Der zweite Beitrag zeigt in großen weißen Lettern „NO FPÖ“, versehen mit der knappen Bildunterschrift „Wahlempfehlung“.

Beim Durchscrollen durch das Instagram-Profil von Jörg Albrecht springen diese beiden Beiträge einem unweigerlich sofort ins Auge. Screenshot: FREILICH.
Beim Durchscrollen durch das Instagram-Profil von Jörg Albrecht springen diese beiden Beiträge einem unweigerlich sofort ins Auge. Screenshot: FREILICH.

Beide Beiträge stammen ursprünglich vom Profil „Nazis & Goldmund“, einem Autorenkollektiv, das Albrecht 2016 gemeinsam mit Thomas Arzt, Sandra Gugić, Thomas Köck und Gerhild Steinbuch gründete. Der dazugehörige Blog beobachtete, so die Selbstbeschreibung, die Entwicklungen und Aktionen der europäischen Rechten und ihrer internationalen Allianzen.

Mit seinem Instagram-Profil gibt Albrecht also einen durchaus privaten Einblick – und zeigt offen, was er von rechten Positionen hält. Ein Foto vom CSD in Münster aus dem August 2024 zeigt ein Plakat mit der Aufschrift „Menschenrechte statt RECHTE Menschen“. Albrecht kommentierte es mit „Proud to belong“ und einer Regenbogenflagge.

Albrecht teilte auf seinem Instagram-Profil auch ein Bild von der CSD-Parade in Münster, an der er im August 2024 offenbar teilnahm. Screenshot: FREILICH.
Albrecht teilte auf seinem Instagram-Profil auch ein Bild von der CSD-Parade in Münster, an der er im August 2024 offenbar teilnahm. Screenshot: FREILICH.

Auch ältere Beiträge lassen keinen Zweifel an seiner politischen Haltung: ein Sticker mit der Aufschrift „Identitäre Bewegung zerschlagen“, versehen mit dem Zusatz „Still valid“; ein Demo-Foto mit einem goldfarbenen Schild, auf dem „AfD adé“ steht, kommentiert mit den Worten: „Unser Protest ist golden.“ Schon 2016 teilte er außerdem ein Bild eines Laptops, auf dem der Schriftzug „This machine kills fascists“ zu lesen ist, versehen mit dem Kommentar, die Menschen würden ja doch „großartige Erfindungen“ machen.

Albrechts Profil enthält zahlreiche Belege für seine politische Haltung. Screenshot: FREILICH.
Albrechts Profil enthält zahlreiche Belege für seine politische Haltung. Screenshot: FREILICH.

Ein Blick auf die Liste der Accounts, denen Albrecht folgt, ergänzt das Bild. Neben der Amadeu Antonio Stiftung, die unter anderem mit dem im eigenen Lager als „Antifa-Aktivist“ bezeichneten Jerome Trebing zusammenarbeitete, folgt er auch dem deutschen Satiriker El Hotzo, mit bürgerlichem Namen Sebastian Hotz. Hotz sorgte zuletzt mit Kommentaren nach dem tödlichen Attentat auf den US-Aktivisten Charlie Kirk sowie nach dem Anschlagsversuch auf Donald Trump für Empörung.

Ein Foto zur Bebilderung

Eine weitere auffällige Figur, der Albrecht folgt, ist der Schriftsteller Max Czollek. Schon dessen Profilbild – ein Dinosaurier vor der roten und schwarzen Antifa-Fahne mit der Aufschrift „Ausgestorben – Trotzdem da! Dinosaurier Antifa“ – ist ein klares Statement. Czollek selbst hat diese Haltung in der Vergangenheit bereits mehrfach in zahlreichen Beiträgen und Podcasts betont.

Erst kürzlich veröffentlichte er zudem auf Instagram einen Beitrag, den er ursprünglich auf Bluesky geteilt hatte und in dem er schrieb: „Ich würde sagen, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, in jeder Dating-App & jedem Text zu droppen, dass man antifaschistisch ist. Nicht nur, weil mans dann schwerer verbieten kann, sondern weil wahr ist: Deutschland nach 45 muss antifaschistisch sein. Oder es gibt keinen Grund für Deutschland. #antifa“. In der Bildunterschrift erklärte er dazu: „Kleiner aber nachdrücklicher Reminder aus gegebenem Anlass, dass es absolut normal ist, Teil der #Antifa zu sein!“. Zuletzt war aufgrund der Entwicklungen in den USA – dem Attentat auf Kirk und Trumps Entscheidung, die Antifa als Terrororganisation einzustufen – die Diskussion auch bis nach Europa geschwappt und schlug entsprechend hohe Wellen.

Ein Foto zur Bebilderung

Linus Giese: Zwischen Antifa-Parolen und Jurytisch

Linus Giese, ebenfalls Mitglied der Jury, wurde ursprünglich als Frau geboren und trug den Namen Mara Giese. Im Jahr 2017 erfolgte das öffentliche Coming-out als Transgender – seither dokumentiert Giese diesen persönlichen Weg und die Transition auch in den Sozialen Medien.

Neben einem eigenen Blog erscheinen Gieses Texte regelmäßig in großen deutschsprachigen Medien, meist zu Themen wie Transrechten, Geschlechterrollen und Transfeindlichkeit. Auch in Talkshows und Podcasts ist Giese häufig zu Gast und spricht dort über Fragen der Identität und gesellschaftliche Akzeptanz. 2020 veröffentlichte der Rowohlt Verlag den autobiographischen Roman Ich bin Linus, in dem die persönliche Entwicklung und das neue Leben als trans Mann im Mittelpunkt stehen.

Giese teilte auf Instagram ein Foto von sich nach der Brustentfernungs-OP. Screenshot: FREILICH.
Giese teilte auf Instagram ein Foto von sich nach der Brustentfernungs-OP. Screenshot: FREILICH.

Dass Giese eng in der Trans-Community verankert ist, zeigt sich auch äußerlich. Auf dem Foto, das auf der Jury-Seite zu finden ist, ist ein Tattoo auf dem linken Oberarm zu erkennen, das den Schriftzug „Protect Trans Kids“ trägt – ergänzt durch ein Herz in den Farben der Trans-Flagge. Auf dem anderen Arm steht „Boys do cry“, versehen mit einem kleinen roten Herz.

Das Buch Boys Don’t Cry erschien im Edition Nautilus Verlag, der in diesem Jahr zu den Preisträgern des Deutschen Verlagspreises zählt. Screenshot: FREILICH.
Das Buch Boys Don’t Cry erschien im Edition Nautilus Verlag, der in diesem Jahr zu den Preisträgern des Deutschen Verlagspreises zählt. Screenshot: FREILICH.

Ein Blick auf das Instagram-Profil verdeutlicht, wie stark sich der Fokus von Literatur hin zu politischem Aktivismus verschoben hat. War das Profil zunächst klassisch „bookstagram“-geprägt, dominieren inzwischen eindeutig politische Inhalte. Giese teilte dort etwa Bilder von einer Anti-AfD-Demonstration, auf denen Plakate mit Sprüchen wie „Ist doch ekelhAfD“ oder „4/4 gegen 88“ präsentiert wurden.

In einem weiteren Beitrag wird der AfD-Bundestagsabgeordnete Alexander Gauland ins Lächerliche gezogen – mit Joint im Mund, Regenbogenfliege, rotem Lippenstift und Kussabdruck auf der Wange. Die Botschaft dazu: „Mach dich doch mal locker Gauli“, versehen mit den Hashtags #afdwegbassen und #stopptdenhass.

Ein Foto zur Bebilderung

Auch die Auswahl der Accounts, denen Giese folgt, zeigt eine klare politische Ausrichtung. Gleich wie Albrecht folgt auch Giese dem Satiriker El Hotzo, und auch noch weiteren Accounts, die sich offen mit Linksextremisten solidarisieren oder gezielt gegen die AfD positionieren.

Ein Foto zur Bebilderung

Besonders auffällig ist der Account „Sooke_quing“, hinter dem die Rapperin Sooke, mit bürgerlichem Namen Nina Hantzsch, steht. Sie engagiert sich in der queeren Szene und verbindet in ihren Texten antifaschistische und gesellschaftspolitische Botschaften. Wenn sie rappt, klingt das zum Beispiel so: „Nie wieder ‚no homo‘, nie wieder rape, ich guck nicht weg. Ich brüll alerta antifascista und spuck auf rechts.“ Auf ihrem Instagram-Profil fordert sie regelmäßig Solidarität mit bekannten Linksextremisten – etwa die Freilassung von Simeon T., der sich inzwischen Maja nennt, als nonbinär identifiziert und in Ungarn wegen des Vorwurfs der schweren Körperverletzung in Untersuchungshaft sitzt, oder der Leipziger Linksextremistin Lina E. Zu einem Bild, das einen Aufnäher mit „Danke, Antifa“-Stickerei zeigt, kommentierte Sooke: „Antifa bleibt Handarbeit.“

Auf Instagram solidarisiert sich die Rapperin Sookee ganz offen mit Linksextremisten. Screenshot: FREILICH.
Auf Instagram solidarisiert sich die Rapperin Sookee ganz offen mit Linksextremisten. Screenshot: FREILICH.

In der linken Publizistik- und Kulturszene hat Giese mittlerweile einen festen Platz. Das zeigt sich auch daran, dass Gieses Buch Ich bin Linus inzwischen sogar Einzug in den Schulunterricht gefunden hat. Auf der Plattform Bluesky schrieb Giese dazu: „Als vor vier Jahren mein Buch 'Ich bin Linus' erschienen ist, hätte ich mir niemals vorstellen können, dass es dazu irgendwann Unterrichtsmaterialien für den Schulunterricht geben wird. Ich freue mich sehr.“

Ein Foto zur Bebilderung

Katharina Holzmann: Zwischen Szene, Parolen und Preisvergabe

Katharina Holzmann ist Lektorin und Literaturvermittlerin. Sie arbeitet für die Zeitschrift Das Wetter – Magazin für Text und Musik und gründete im Jahr 2015 den Korbinian Verlag, der 2021 mit dem Hauptpreis des Deutschen Verlagspreises ausgezeichnet wurde – dotiert mit 60.000 Euro. In einem Interview mit der taz im Jahr 2023 erklärte Holzmann, dass staatliche Förderungen für sie früher aus „idealistischen Gründen“ nicht infrage gekommen seien. Heute sehe sie das „vielleicht realistischer“: „Ich will halt nicht, bis ich 50 bin, von 1.000 Euro im Monat leben“, so die Verlegerin. Nun saß Holzmann selbst in der Jury – und wirkte mit daran, dass zahlreiche linke, linksradikale, marxistische und anarchistische Verlage mit staatlichen Fördergeldern bedacht wurden.

Besonders brisant ist ein Foto aus dem Jahr 2020, das sich auf ihrem Instagram-Profil finden lässt und Holzmann zusammen mit einer weiteren Person in einem Kanu vor einer Brückenwand zeigt, auf der in großen Lettern „Deutschland muss sterben“ zu lesen ist. In der Bildunterschrift schreibt Holzmann dazu knapp: „Aus gegebenem Anlass / In diesem Sinne!“.

Screenshot: FREILICH
Screenshot: FREILICH

Ein Blick auf Holzmanns öffentliches Auftreten zeigt, dass die linke Publizistikszene eng miteinander vernetzt ist. Unter den Accounts, denen Holzmann auf Instagram folgt, finden sich Linus Giese sowie der bereits zuvor erwähnte Schriftsteller Max Czollek. Auch die Band K.I.Z., von der ein Bandmitglied schon 2015 erklärt hatte, dass er es „natürlich schöner“ fände, wenn alle Menschen auf der Welt nur Linksradikale wären“, ist in der Liste zu finden.

Ein Foto zur Bebilderung

Darüber hinaus folgt Holzmann mehreren Parteien und Politikern aus dem linken Spektrum, darunter Die Linke, Die Linke Berlin, Die Partei und dem Bundestagsabgeordneten Ferat Ali Koçak. Koçak, Sohn kurdischer Einwanderer, zog nach der Bundestagswahl 2025 mit 30 Prozent der Erststimmen direkt in den Bundestag ein. Sein politisches Engagement gründet auf einem erklärten Kampf gegen Rechts, gegen die AfD und gegen staatliche Repressionen, die er als rassistisch bezeichnet. In der Vergangenheit fiel Koçak mehrfach durch umstrittene Äußerungen und Aktionen auf.

Koçak wird außerdem mit der trotzkistisch geprägten Gruppierung „Marx21“ in Verbindung gebracht, die den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 als „Gegenschlag“ bezeichnete. Er selbst sprach im Anschluss von einem „brutalen Angriff“ Israels, der „noch viel weniger gerechtfertigt“ sei. Auch seine Rolle als Organisator propalästinensischer Demonstrationen sorgte für Kritik – auf mehreren dieser Kundgebungen kam es zu offen antisemitischen Vorfällen. Trotz öffentlicher Distanzierungen verteidigt Koçak seine Positionen mit Verweis auf Antirassismus und Antifaschismus.

Ein Foto zur Bebilderung

Deniz Utlu: Menschenrechtsaktivist mit politischer Schlagseite

Deniz Utlu ist Schriftsteller, Essayist und Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Er lehrt unter anderem am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. In seiner Arbeit setzt er sich intensiv mit den Themenfeldern Migration, Identität und gesellschaftliche Teilhabe auseinander. Damit bewegt sich Utlu klar in einem Milieu, in dem politische Agenda und Literatur nicht mehr streng voneinander getrennt, sondern vielmehr als miteinander verwoben verstanden werden.

Ein Blick auf die öffentlich einsehbare Social-Media-Präsenz zeigt, dass sich Utlu politisch deutlich positioniert. Zu den Accounts, denen Utlu folgt, gehören unter anderem Heidi Reichinnek (Die Linke), Ferat Koçak, Max Czollek und Manja Präkels. Sowohl Koçak als auch Czollek sind, wie bereits in den vorherigen Jury-Porträts beschrieben, Teil eines klar politisch verorteten Netzwerks: Koçak als Abgeordneter der Linken mit Nähe zu linksextremen Gruppierungen und Czollek als Autor mit offen antifaschistischer und aktivistischer Haltung. Auch Manja Präkels ist eng mit der linken Literaturszene verbunden und veröffentlichte mehrfach im Verbrecher Verlag – einem der diesjährigen Preisträger des Deutschen Verlagspreises.

Ein Foto zur Bebilderung

Darüber hinaus folgt Utlu mehreren Organisationen und Initiativen, die politisch am linken bis linksradikalen Spektrum anzusiedeln sind. Dazu zählen die Partei Die Linke, die inzwischen aufgelöste Autonome Antifa Wien, die Mittelmeer-NGOs Seebrücke und Sea-Eye Berlin, die parteinahe Stiftung der Linken – die Rosa-Luxemburg-Stiftung – und die Initiative „Jurist*innen gegen Faschist*innen“. Diese Initiative setzt sich laut eigener Darstellung aus jungen Jurastudenten zusammen, die sich explizit „gegen Faschismus, Populismus und die AfD“ positionieren und auch Spendenaktionen für die NGO Sea-Watch organisieren. Utlu folgt außerdem dem Zentrum für Politische Schönheit (ZPS). Dieses ist in den vergangenen Jahren mehrfach mit fragwürdigen Aktionen aufgefallen.

Im Jahr 2018 richtete das Kollektiv einen Online-Pranger ein, in dem Teilnehmer der damaligen Demonstrationen in Chemnitz denunziert werden konnten. „Denunzieren Sie noch heute Ihren Arbeitskollegen, Nachbarn oder Bekannten und kassieren Sie Sofort-Bargeld. Helfen Sie uns, die entsprechenden Problemdeutschen aus der Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst zu entfernen“, hieß es dazu. Vor zwei Jahren brachte das ZPS einen gefälschten Brief an AfD-Mitglieder in Umlauf, um an deren Daten zu gelangen. Ins Visier des Kollektivs geriet auch immer wieder der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke. Erst im vergangenen Herbst hatte das ZPS mit einem Höcke-Hitler-Vergleich für Empörung gesorgt.

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Ministerium lässt Kernfragen offen

Wie das Kulturstaatsministerium unter Weimer zur politischen Zusammensetzung und Unabhängigkeit der Jury des Deutschen Verlagspreises 2025 steht, bleibt im Großen und Ganzen unklar. Auf eine FREILICH-Anfrage reagierte ein Sprecher des Staatsministers nur sehr knapp. Demnach habe der BKM die Entscheidungen über die Auswahl der Preisträger bewusst einer „unabhängigen“ Jury übertragen und vertraue auf die „fachliche Expertise ihrer Mitglieder“.

Laut den offiziellen Teilnahmebedingungen beruft der BKM die Jury, die aus bis zu sieben sachverständigen Persönlichkeiten aus dem Literatur- und Kulturbereich besteht, jedenfalls für jeweils drei Jahre. Laut dem Sprecher des Staatsministers sind in die Berufung auch die Partner des Verlagspreises, der Börsenverein des deutschen Buchhandels sowie die Kurt Wolff Stiftung involviert. Die Besetzung erfolgt geschlechterparitätisch und kann Vertreter aus den Bereichen Buchhandel, Lektorat, Journalismus, Geisteswissenschaften, Literaturhäuser oder dem Kulturbetrieb umfassen. „Berufen werden die Mitglieder aufgrund ihres Sachverstandes“, so der Sprecher weiter.

Offen bleibt jedoch, nach welchen konkreten Kriterien diese Personen ausgewählt werden, und ob dabei politische Aktivitäten oder öffentliche Positionierungen berücksichtigt oder geprüft werden. Die Regeln sehen zwar vor, dass Jurymitglieder „an der Beratung und Entscheidung in Einzelfällen“ nicht teilnehmen, „soweit sie selbst, Angehörige oder natürliche oder juristische Drittpersonen, zu denen eine spezielle Bindung oder Abhängigkeit besteht, vom Gegenstand der Entscheidung unmittelbar oder mittelbar betroffen sind“, wie es in den Teilnahmebedingungen heißt. Wie diese Regelung in der Praxis umgesetzt und kontrolliert wird, bleibt allerdings unklar. Ebenfalls unbeantwortet bleibt die Frage, wie politische Neutralität der Jury sichergestellt wird und wie das Haus die politischen Positionierungen der einzelnen Jurymitglieder bewertet.

Keine Auskunft zu Gesamtkosten 2025

FREILICH hatte darüber hinaus auch um Auskunft zu den finanziellen Rahmenbedingungen der Jury gebeten. Laut Teilnahmebedingungen erhalten Jurymitglieder neben Reisekostenerstattungen auch Aufwandsentschädigungen. Die Entschädigungen belaufen sich dabei auf 1.200 Euro pro Jahr, wie der Sprecher gegenüber FREILICH erklärte. Die Frage nach den Gesamtkosten für das Jahr 2025 blieben unterdessen unbeantwortet.

Damit wächst sowohl die Kritik als auch der Druck auf Weimer. Zusätzlich stellt sich die Frage, ob bei der Berufung der Jury künftig mehr Transparenz herrschen und mögliche Interessenskonflikte offengelegt werden sollten. Unklar ist zum aktuellen Zeitpunkt auch, ob, und wenn ja, welche Auswirkungen die aktuellen Entwicklungen auf die Jurymitgliedschaft der Betroffenen im kommenden Jahr oder auf mögliche Wiederberufungen haben werden – oder ob Weimer die Debatte schlicht aussitzt und an der bisherigen Besetzung festhält.

Über den Autor

Monika Šimić

Monika Šimić wurde 1992 in Zenica (Bosnien und Herzegowina) geboren. Die Kroatin wuchs in Kärnten auf und studierte Übersetzen mit der Sprachkombination Russisch und Englisch in Graz.

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