Gesetzesentwurf: AfD Hessen fordert Sicherheitsprüfung – und gefährdet die eigenen Mitarbeiter
Während die AfD in Rheinland-Pfalz Regelungen zur Mitarbeiterüberprüfung als verfassungswidrig erachtet, legt die hessische AfD-Landtagsfraktion einen eigenen Gesetzentwurf zu eben dieser Regelung vor. Das sorgt für Verwunderung.
Die AfD begründet ihren Schritt damit, dass derzeit die Möglichkeit bestehe, „dass Fraktionen oder Abgeordnete Mitarbeiter beschäftigen, deren Vergangenheit Zweifel an deren Verfassungstreue aufkommen lassen können“.
© Felix SchmittWiesbaden/Mainz. – Die AfD-Fraktion im Hessischen Landtag hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Beschäftigung von Fraktions- und Abgeordnetenmitarbeitern neu regeln soll. Das Papier sieht weitreichende Überprüfungen durch den Landtagspräsidenten vor und ähnelt damit den Regelungen, die kürzlich in Rheinland-Pfalz verabschiedet wurden.
Hintergrund: Sicherheitslücken vermeiden
In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, dass derzeit die Möglichkeit bestehe, „dass Fraktionen oder Abgeordnete Mitarbeiter beschäftigen, deren Vergangenheit Zweifel an deren Verfassungstreue aufkommen lassen können“. Als Beispiel wird ein Fall im Bundestag genannt, bei dem ein ehemaliges RAF-Mitglied als Mitarbeiter eingestellt worden war. Um solche Fälle in Hessen auszuschließen, soll künftig der Landtagspräsident über Zugang und Beschäftigung entscheiden.
Geplante Änderungen im Abgeordnetengesetz
Kernstück ist ein neuer Paragraf „Schutz des Landtags“ im Hessischen Abgeordnetengesetz. Demnach können die Nutzung und der Zugang zu Räumen und Kommunikationssystemen „an die Erfüllung von Auflagen geknüpft, auf sonstige Weise beschränkt oder ausgeschlossen werden“. Voraussetzung für diese Maßnahmen ist ein Eintrag im Führungszeugnis oder konkrete Hinweise auf „sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeit“, „Tätigkeiten oder Bestrebungen der Organisierten Kriminalität“ oder eine Beteiligung beziehungsweise eigene Aktivität für die „verfassungsfeindliche Ausrichtung oder Zielsetzung einer Bestrebung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nummern 1, 3 und 4 HVSG“ in den vergangenen fünf Jahren. Mitarbeiter und Praktikanten sollen dazu freiwillig Stellung nehmen dürfen.
Auszug aus dem Hessischen Verfassungsschutzgesetz (HVSG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juli 2023:
§ 2 - Aufgaben des Landesamts
(2) Aufgabe des Landesamts ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über
1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder die eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben,
2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht,
3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
4. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Art. 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), gerichtet sind,
5. Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität im Geltungsbereich des Grundgesetzes.
Der Landtagspräsident könnte außerdem „mit Einwilligung der betroffenen Person“ Informationen bei der Polizei oder dem Verfassungsschutz einholen. Erhält er diese nicht, gilt dies als Verweigerung und kann ebenfalls Konsequenzen nach sich ziehen. Betroffene Abgeordnete hätten das Recht, den Staatsgerichtshof anzurufen. Vor allem dieser Punkt wird von Kritikern des Gesetzesentwurfs abgelehnt, da der Verfassungsschutz nicht als politisch neutraler Akteur gilt. Mit diesem Gesetz würde die AfD letztendlich ihre eigenen Mitarbeiter beschädigen, da man die Deutungshoheit über politischen Extremismus an den Verfassungsschutz abgebe.
Parallel dazu soll das Hessische Fraktionsgesetz erweitert werden. Die neuen Regeln würden entsprechend gelten, wobei Entscheidungen direkt dem Fraktionsvorsitzenden oder einem Vorstandsmitglied zugestellt würden. Auch Fraktionen könnten beim Staatsgerichtshof gegen Maßnahmen klagen.
Parallelen zu Rheinland-Pfalz
Erst Anfang Juli hatte Rheinland-Pfalz ein ähnliches Gesetz beschlossen. Demnach dürfen künftig nur Personen für Fraktionen tätig werden, die nach einer „Zuverlässigkeitsprüfung“ keine Bedenken aufwerfen. Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) soll sich dabei auf Auskünfte des Verfassungsschutzes und des Landeskriminalamts stützen.
Die AfD-Fraktion im Mainzer Landtag kündigte damals an, gegen das Gesetz zu klagen. Der Abgeordnete Damian Lohr sprach von einem schweren Eingriff in das freie Mandat und bezeichnete das Gesetz als „im Wesentlichen verfassungswidrig“. Bereits die erste Lesung Mitte Juni hatte eine heftige Debatte ausgelöst.