Österreich: Antisemitische „Hassrede“ und „Fake news“ im Netz sollen automatisch erkannt werden
Mit der neuen „Strategie gegen Antisemitismus 2.0” will die Bundesregierung unter dem Deckmantel von Prävention und Aufklärung tief in die Bereiche Medien, Bildung und digitale Kommunikation eingreifen.
Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) stellte im Bundeskanzleramt kürzlich die Weiterentwicklung der „Nationalen Strategie gegen Antisemitismus” vor.
© BMWKMS/ HBF/ SchneiderWien. – Als Reaktion auf den Anstieg antisemitischer Vorfälle seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 hat die aus ÖVP, SPÖ und NEOS bestehende Bundesregierung kürzlich die „Nationale Strategie gegen Antisemitismus 2.0“ präsentiert. Die überarbeitete Version der im Jahr 2021 vorgestellten Strategie gilt für den Zeitraum 2025 bis 2030 und umfasst insgesamt 49 Maßnahmen. Während die Regierung die Strategie als Bekenntnis zu Aufklärung und Prävention betrachtet, sehen Kritiker darin einen Ausdruck zunehmender Kontrolle über Bildung, Medien und Meinungsfreiheit.
Erklärung gegen Antisemitismus für Asylwerber
Eine der Maßnahmen betrifft die Integrationskurse. Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte sollen künftig eine „Erklärung gegen Antisemitismus“ unterschreiben. Laut Regierungsdokument dient die Erweiterung der Integrationsvereinbarung der klaren Positionierung „gegen jede Form von Judenfeindlichkeit“. „Die Erklärung soll verdeutlichen, dass Antisemitismus mit den Werten des demokratischen Zusammenlebens in Österreich unvereinbar ist“, heißt es weiter.
Neue Curricula für Lehrpersonen
Ab dem Jahr 2024 sollen Lehramtsstudenten verpflichtend Inhalte zur Antisemitismus- und Rassismusprävention absolvieren. In dem Regierungsdokument heißt es dazu: „[D]ie Curricula [haben] jedenfalls im Master einen Schwerpunkt auf die Entwicklung eines Professionsverständnisses und eines Berufsethos zu legen, bei welchem ein umfassendes Verständnis für den Bildungsauftrag sowie ein gemeinschaftssichernder und demokratiefördernder Umgang mit Ausgrenzungen und Diskriminierungen wie Rassismen, Sexismen, Antiziganismus und Antisemitismen ausdifferenziert wird.“
Kampf gegen „Hass im Netz“
Ein zentrales Kapitel der Strategie widmet sich der Online-Welt. Geplant sind die Förderung einer „Social-Media-Präsenz zur Vermittlung der Strategie und ihrer Inhalte“ sowie die „Entwicklung automationsunterstützter Systeme zur Erkennung und Bekämpfung von antisemitischer Hate Speech und Fake News im Internet“. Darüber hinaus soll die „Förderung von Trusted-Flagger-Organisationen im Sinne des Digital Services Act“ vorangetrieben werden. Zusätzlich sind Projekte wie Podcasts über jüdische Geschichte und Kultur, Online-Medienkampagnen zum Thema Antisemitismus sowie die Weiterentwicklung der Plattform antisemitismus.gv.at geplant.
Neue Regeln für Kriegsgräber
Ein weiterer Punkt betrifft die geplante Prüfung einer Novellierung der Kriegsgräberfürsorgegesetze, „um ein zeitgemäßes Gedenken zu ermöglichen.“ Ursprünglich zielten die Gesetze von 1948 „vornehmlich auf den Erhalt bzw. die laufende Pflege von Gräbern und somit auf eine Art finanzielle Kompensation von Hinterbliebenen“ ab. Heute soll sich die staatliche Fürsorge zunehmend den gesellschaftlichen Ansprüchen an eine moderne Gedenk- und Erinnerungskultur stellen.
Auch andere Bereiche sind von der Strategie betroffen, etwa die Wissenschaft und Dokumentation. Dort sind unter anderem die „Einrichtung einer Dokumentationsstelle im Bundeskanzleramt“, die „Weiterführung umfassender empirischer Erhebungen und Forschung im Auftrag des Parlaments“ sowie Beiträge des österreichischen Konsortiums EHRI-AT zur European Holocaust Research Infrastructure vorgesehen. Ebenfalls Teil der Pläne ist die „dauerhafte Verankerung der Rechtsextremismusforschung“ am Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW).





