Hamburg: Kaum Migranten im Dublin-Zentrum – doch fast jeder zweite Bewohner entzieht sich der Abschiebung
Hamburgs Experiment mit dem ersten deutschen Dublin-Zentrum ist ein Fiasko. Die Einrichtung ist so gut wie gar nicht ausgelastet – und von den Personen, die sich dort aufhalten, entzieht sich fast jede zweite der Abschiebung.
Das sogenannte Dublin-Zentrum in Rahlstedt bietet Platz für über 300 Menschen, ist aber so gut wie gar nicht ausgelastet.
© IMAGO / Hanno BodeHamburg. – Seit März 2025 betreibt die Stadt Hamburg auf dem Gelände der ehemaligen Erstaufnahmeeinrichtung in Rahlstedt das erste deutsche Dublin-Zentrum. Die Einrichtung sollte Asylbewerber aufnehmen, die bereits in anderen EU-Staaten registriert wurden, doch bislang bleibt die Auslastung weit hinter den Erwartungen zurück, wie Focus online berichtet. Demnach waren im dritten Quartal 2025 lediglich 19 Männer untergebracht, obwohl die Einrichtung über 300 Plätze verfügt.
Diese Männer stammten aus Ländern wie Afghanistan, Algerien, Guinea, dem Iran, Marokko, Russland, Syrien, der Türkei und Somalia. Für sie waren EU-Staaten wie Dänemark, Frankreich, Kroatien, Polen, Schweden und Spanien sowie die Schweiz zuständig, die zwar nicht Mitglied der Europäischen Union ist, aber über ein Assoziierungsabkommen am Dublin-System teilnimmt.
Jeder Zweite verschwindet vor der Abschiebung
Wie der Senat mitteilt, ist in sieben der 19 Fälle die Abschiebung gescheitert. In einer Stellungnahme heißt es dazu: „In allen Fällen haben sich die Personen der Überstellung durch Verlassen der Unterkunft mit unbekanntem Aufenthaltsort entzogen.“ Die Bewohner dürfen das Zentrum im Grunde verlassen, müssen dann aber sämtliche Unterstützungsleistungen aufgeben und leben fortan ohne offiziellen Aufenthaltsstatus.
Während des Aufenthalts im Dublin-Zentrum gilt eine strikte Wohnsitzauflage. Die Bewohner werden mit dem Nötigsten versorgt, erhalten aber kein Geld, abgesehen von einer einmaligen Zahlung von 8,85 Euro für Hygieneartikel. Diese Regelung geht auf eine Verschärfung des Asylrechts im Jahr 2024 zurück. Sie wurde nach dem Solinger Messerattentat durch einen Dublin-Flüchtling beschlossen. In Ausnahmefällen kann eine sogenannte „Nachtverfügung“ angeordnet werden, welche die Anwesenheit der Betroffenen zwischen 22 Uhr und 6 Uhr vorschreibt. Laut Senat kam es in den vergangenen Monaten jedoch nicht zu solchen Maßnahmen.
Kritik von der Linken
Die Hamburger Linke warnt davor, dass sich das Zentrum in Rahlstedt zu einer Art Gefängnis entwickeln könnte. Der Senat plant, die Einrichtung im Rahmen des neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zu einem „Sekundärmigrationszentrum“ auszubauen. Als „Sekundärmigration“ bezeichnet man Asylbewerber, deren Antrag bereits in einem anderen EU-Land bewilligt wurde, die aber dennoch nach Deutschland weitergereist sind.
Für diese Gruppe sieht das neue System vor, dass sie künftig in solchen Zentren untergebracht und in das für sie zuständige Land zurückgeführt werden – meist jenes, in dem sie Sozialleistungen beziehen könnten. Die Linke warnt jedoch, dies bedeute eine Abschiebung ins Elend, insbesondere mit Blick auf die Zustände in Ländern wie Griechenland oder Rumänien. Erst kürzlich hat das deutsche Bundesverwaltungsgericht jedoch klargestellt, dass Zeltlager und Schattenjobs in Griechenland zumutbar und nicht unmenschlich sind (FREILICH berichtete).






