Freilich #35: Und tschüss!

Amthor vs. Paul: Man beugt sich nicht der einseitigen politischen Waffe namens „Kontaktschuld“

Philipp Amthor und Joachim Paul stehen für zwei Wege im Umgang mit dem Vorwurf der „Kontaktschuld“: Der eine knickt ein, der andere hält stand. Die Fälle zeigen, wie unterschiedlich konservative Politiker auf linken Druck reagieren.

Kommentar von
24.8.2025
/
5 Minuten Lesezeit
Amthor vs. Paul: Man beugt sich nicht der einseitigen politischen Waffe namens „Kontaktschuld“
© IMAGO / Christian Spicker / IMAGO / Herrmann Agenturfotografie / Collage: FREILICH

Am vergangenen Wochenende fand in Bonn eine Wahlkampfveranstaltung der örtlichen AfD statt. Wie die Kuhfladen Schmeißfliegen, ziehen solche Veranstaltungen regelmäßig auch Gegendemonstranten an, mittlerweile von der CDU bis ganz Linksaußen. So kam auch die grüne Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner und faselte am Mikrofon der Gegendemo etwas von unserer Demokratie, die verteidigt werden müsse. Dabei wehte hinter ihr eine Fahne der Antifaschistischen Aktion und im Anschluss sprach ein langjährig bekannter Linksextremist der Linkspartei und ehemaliger Wortführer der Bonner Antifa. Den offensichtlichen Widerspruch, gemeinsam mit echten Verfassungsfeinden die Demokratie retten zu wollen, thematisierte im Nachgang der Veranstaltung indes niemand. Wie kann das sein?

Obacht, wer mit Dir demonstriert?

Während der Anti-Corona-Maßnahmen-Demos warnte die damalige Innenministerin, die inzwischen abgewählte antifaaffine Nancy Faeser, noch davor, dass man bei einer Demoteilnahme vorsichtig sein müsse und man ja nicht wisse, mit wem man demonstriert. Das gilt natürlich nicht beim Kampf gegen rechts. Keiner – respektive keiner aus dem politisch-medialen Komplex – fragt die Grünen, Christdemokraten oder Sozialdemokraten, warum sie mit den einen Extremisten gegen angebliche andere Extremisten demonstrieren, nicht selten sogar eng in Bündnissen oder Ratskoalitionen mit Linksextremisten zusammenarbeiten.

Ein anderer aktueller Fall ist der des Simeon T., auch bekannt als non-binäre Maja T., der/die/das in Budapest einsitzt. Vorgeworfen werden ihm oder ihr – je nach Lesart – schwerste Körperverletzungen, mit Hämmern wurde auf tatsächliche oder auch vermeintliche Rechte eingedroschen. Dass führende Politiker von der Linkspartei, den Grünen und sogar der SPD „Maja“ T. ihre Solidarität aussprechen, sie mitunter im Gefängnis besuchen, ist ein Skandal erster Güte, der in den staatsnahen Medien nahezu komplett ausgeblendet wird.

Aber was hätte es für einen Aufschrei gegeben, hätte sich ein hochrangiger AfD-Vertreter seinerzeit lediglich zu den Haftbedingungen der kürzlich verstorbenen Ursula Haverbeck oder des ebenfalls kürzlich verstorbenen Horst Mahler geäußert? Das wäre aus Sicht des AfD-Politikers politischer Selbstmord gewesen, eben weil man sich als Rechter, als Konservativer devot dem Prinzip der Kontaktschuld unterwirft. 

Paukenschlag bei Staatsekretär Amthor

Nachdem der sattsam bekannte linke Journalist Andreas Speit, ein tief in verfassungsfeindliche Antifa-Kreise verstrickter Berufsdenunziant, in der Tageszeitung (taz) eine schon mehrere Monate alte Info der Antifa Freiburg aufgriff, wonach der Büroleiter von Philipp Amthor Mitglied einer Burschenschaft sei und weitere Medien aus dem etablierten Blätterwald sich der „kritischen“ Berichterstattung anschlossen, verkündete der junge Staatssekretär Amthor eilfertig und pflichtgemäß, dass sein Büroleiter aus der Burschenschaft ausgetreten sei. Man muss nicht besonders scharf urteilen, wenn man feststellt, dass das ein regelrechtes Einknicken vor der linken medialen Jagdgesellschaft ist.

Warum macht Amthor das? Denn Links ist doch vorbei, wie sein Bundeskanzlerkumpel Merz nach der vergangenen Bundestagswahl selbstsicher tönte. Warum hat Amthor nicht erwidert, dass es Privatsache seines Büroleiters sei, in welcher Vereinigung dieser Mitglied ist? Weder gab es persönliches Fehlverhalten, das man dem Büroleiter attestieren konnte, noch ist dessen ehemalige Burschenschaft „gesichert rechtsextrem“. Das Wort „Burschenschaft“ hat einfach ausgereicht, auch die Tatsache, dass in der betreffenden Burschenschaft ebenso Anhänger und auch Funktionsträger anderer Parteien, auch der AfD Mitglied sind. Ein Umstand, der auf jede, wirklich jede Burschenschaft im deutschsprachigen Raum zutrifft.

Aber hier greift eben das Konzept der „Kontaktschuld“: Es geht nicht um persönliches Verhalten, sondern darum, wer wen kennt, wer mit wem gesprochen hat, wo man zusammenkommen könnte. Amthor selbst rechtfertigte die Aufforderung an seinen Büroleiter, aus dessen Burschenschaft auszutreten, mit der Notwendigkeit, sich von angeblichen Extremisten abzugrenzen. Damit erwies er der Burschenschaft einen Bärendienst. 

Das journalistische „Wording“

Damit gibt der Jungpolitiker Raum an die linke Deutungshoheit ab. Beredtes Zeugnis davon sind die Etikettierungen der Burschenschaft. Die Ostseezeitung bezeichnete die betroffene Studentenverbindung noch als „umstritten“, der NDR nannte sie erst „rechts“, für den Spiegel war sie schon „extrem rechts“, weswegen der NDR später auch zur Wertung „rechtsextrem“ griff. 

Die taz als Kampagnenstarterin

Dass Amthor ausgerechnet auf eine Kampagne der taz reinfällt, ist besonders bitter. Denn gerade die taz gilt als linksoffen, selbst für terroristische Kreise. Erst diese Woche schrieb Ex-Bild-Chef Julian Reichelt über die taz: „Die taz ist bis heute das Verkündungsblatt der Roten Armee Fraktion, die ewige Postille der klammheimlichen Freude. In keiner deutschen Redaktion hat man sich über Jahrzehnte so sehr – mal stiller, mal lauter – über politische Morde gefreut wie bei der taz. Die entmenschlichende Sprache der RAF lebt in der taz bis heute fort. […] In den 80er Jahren war die taz die journalistisch-geistige Heim- und Brutstätte der grün-pädophilen Bewegung. Die taz veröffentlichte damals sogar ein 'Pädophiles Manifest'. Kein Zufall, denn einer der Mitbegründer der taz war ein Pädophiler, der über Jahre Kinder missbrauchte. Die taz war schon immer ein einziger Abgrund aus Sympathisantentum, Mitwisserschaft, Gewaltverherrlichung, links-totalitärem Kollektivismus. In keiner Redaktion des Landes herrscht bis heute solch ungebrochene Begeisterung für linke Tyrannen und Massenmörder wie Fidel Castro.“

Warum also teilte Amthor den taz-Schreiberlingen nicht einfach mit, sie sollten erst einmal vor ihrer eigenen Haustür kehren? Ganz einfach: Er hat Angst, die Gunst der Mainstreammedien zu verlieren. Denn taz-Wohlgesinnte und Ex-taz-Mitarbeiter finden sich mittlerweile im gesamten deutschen Blätterwald. Und die taz blies zum Sturm auf das Amthor-Büro – und zahlreiche Mainstreammedien folgten und beteiligten sich genüsslich. Man kann es zurecht eine linke Kampagne nennen …

Gramsci und Schmitt nicht gelesen

Nun könnte man hochphilosophisch konstatieren, dass Amthor Antonio Gramsci und Carl Schmitt wohl nur dem Namen nach kennt. Aber Gramscis Kernthese lautet bis heute überaus zutreffend, dass Herrschaft in modernen Gesellschaften eben nicht nur auf Zwang beruht, sondern vor allem auf kultureller Hegemonie – der Zustimmung der Beherrschten zu den Weltbildern und Werten der Herrschenden. Und da geht kein Weg an den Medien vorbei, denn sie bestimmen, wer „umstritten“ ist. Die Tatsache, dass das Politische sich im grundlegenden Gegensatz von Freund und Feind zeigt, wie Schmitt es sinngemäß formulierte, sollte ein aufstrebender Politiker auf Bundesebene schon aus dem Bauch heraus verinnerlicht haben. Da reicht es eben nicht, zu erklären, dass links vorbei ist. Kurzum: Solange so ein Personal die Union dominiert, wird es keinen echten Wandel geben.

Der Fall Joachim Paul

Ganz anders gelagert ist indes der Fall um den Ludwigshafener OB-Kandidaten Joachim Paul. Das skandalöse Verhalten des Ludwigshafener Wahlausschusses soll hier gar nicht extensiv gewürdigt werden, dazu gibt es ausreichend andere Berichte alternativer Medien. Nein, es geht um die Vorwürfe, die Paul gemacht wurden und wie er mit ihnen umgeht. Denn der AfD-Politiker ist – wie Amthors Büroleiter – auch Burschenschafter. Paul lässt sich aber eine konstruierte Verfassungsuntreue nicht kampflos vom politischen Gegner andichten und auch auf die Kontaktschuld-Vorwürfe reagiert er, wie es sich gehört: Er weist darauf hin, dass er als Politiker mit vielen Menschen völlig unterschiedlicher Gesinnung spricht und dies immerhin auch eine originäre Aufgabe eines Politikers sei. Das mag als Binsenwahrheit erscheinen, ist für konservative, für rechte Politiker aber nicht selbstverständlich.

Auch distanziert er sich in keinem einzigen Interview von seinen Kontakten zu Martin Sellner oder dem politischen Vorfeld. So kann ihm selbst bis auf die mögliche Kontaktschuld kein einziger substanzieller Vorwurf gemacht werden, um seine im Raum stehende Verfassungsuntreue zu belegen. Er rückt erfreulicherweise keinen Zentimeter ab, er relativiert nicht, folgt nicht dem Wunsch der Medien, einzuräumen, dass er zumindest ein bisschen verfassungsfeindlich sein könnte, da er die „falschen“ Kontakte pflegt.

Keinen Kontaktschuld-Vorwürfen nachgeben

Widerständig zu sein, ist eben auch gelebtes Charakteristikum der Burschenschaften. Dem Vorwurf der Kontaktschuld beugt man sich nicht, nur weil die linke Jagdgesellschaft dazu aufruft. Denn Kontaktschuld-Vorwürfe tauchen fast ausschließlich im Diskurs der Linken auf und dienen dort als strategische Instrumente. Ein Philipp Amthor hat dies nicht verstanden, ein Joachim Paul schon. Es wäre erfreulich, sähen das auch andere konservative, rechte Politiker ein!

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

Norbert Weidner

Der Autor ist ehemaliger Pressesprecher, Verbandsobmann und Schriftleiter der Deutschen Burschenschaft und Angehöriger dreier Burschenschaften. Der Wirtschaftsjurist arbeitet als Redakteur bei verschiedenen Zeitschriften und Online-Magazinen.

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