Absurd: Thüringer Regierung verklagt AfD-Fraktion wegen Regierungskritik
Weil die AfD-Fraktion zentrale Vorhaben der Thüringer Landesregierung als „leere Versprechungen“ bezeichnet hat, zieht diese nun vor Gericht. Die AfD spricht von einem Angriff auf die Opposition.
Staatskanzleichef Stefan Gruhner erklärte, die Klage sei nicht leichtfertig eingereicht worden.
© IMAGO / Jacob SchröterErfurt. – Die Thüringer Landesregierung hat beim Verwaltungsgericht Weimar Klage gegen die AfD-Fraktion eingereicht. Hintergrund ist ein Artikel in der AfD-Fraktionszeitung Blauer Mut, in dem das Regierungsprogramm der sogenannten Brombeer-Koalition aus CDU, SPD und BSW scharf kritisiert wird, wie die Welt berichtet.
„Vertrauen in staatliches Handeln untergraben“
Staatskanzleichef Stefan Gruhner (CDU) erklärte: „Wir haben diese Klage nicht leichtfertig eingereicht. Aber wir können es nicht hinnehmen, dass durch bewusst falsche Tatsachenbehauptungen das Vertrauen in staatliches Handeln untergraben wird.“ Die Regierung habe die AfD bereits am 11. Juni zur Unterlassung und Richtigstellung aufgefordert, doch die Fraktion habe dies abgelehnt.
Laut Gruhner handelt es sich bei den Aussagen der AfD nicht um politische Meinungen, sondern um objektiv widerlegbare Falschbehauptungen. „Wer die Wahrheit verdreht, schadet nicht nur der politischen Kultur, sondern auch dem gesellschaftlichen Klima in unserem Land“, so der Staatskanzleichef weiter. Er warf der Fraktion vor, den politischen Diskurs gezielt zu vergiften.
„Die ersten 100 Tage des Brombeer-Königs“
Im Zentrum der Auseinandersetzung steht ein Artikel mit dem Titel „Die ersten 100 Tage des Brombeer-Königs“ aus der Mai-Ausgabe der Fraktionszeitung. Darin heißt es, 20 Punkte des „100-Tage-Programms der Landesregierung“ seien nicht umgesetzt worden. Der Titel: „Nichts als leere Versprechungen“.
Laut der Klageschrift, die dem Nachrichtenmagazin Politico vorliegt, ist diese Darstellung irreführend. So habe das 100-Tage-Programm nicht 20, sondern 50 Punkte umfasst. Zudem seien sechs der als unerfüllt bezeichneten Punkte bereits abgearbeitet worden, darunter die Durchführung eines Gesundheitsgipfels, die Einsetzung einer Kommission zur Sicherheit im Alter und die Wiederaufnahme des Branchendialogs zur Automobilindustrie.
AfD kontert der Kritik
Die Thüringer AfD-Fraktion reagierte scharf auf die Klageankündigung. Fraktionsvize Daniel Haseloff warf Gruhner vor, mit „haltlosen Klagen” die einzige Oppositionsfraktion des Landes mundtot machen zu wollen. „Die parlamentarische Demokratie lebt von kritischer Oppositionsarbeit und vom freien Meinungsaustausch“, erklärte Haseloff. „Wer die Opposition kriminalisiert, anstatt gute Politik fürs Land abzuliefern, hat nicht die Größe für das Amt des Staatskanzleichefs“, sagte er weiter.
Gruhner betonte hingegen, dass die Meinungsfreiheit zwar den offenen Diskurs schütze, nicht jedoch die Verbreitung objektiv falscher Informationen. Deshalb sehe sich die Landesregierung gezwungen, den Rechtsweg zu beschreiten.