Keine Handhabe: Asylbewerber in Thüringen können Bezahlkarte weiterhin umgehen
In Thüringen dürfen Asylbewerber ihre Bezahlkarten legal in Bargeld umwandeln, der Tausch ist gesetzlich nicht verboten. Die AfD spricht von einem „rechtsstaatlichen Offenbarungseid“ und fordert ein hartes Durchgreifen.
In Thüringen können Besitzer einer Bezahlkarte des Landes diese weiterhin umgehen und so an mehr Bargeld gelangen. (Symbolbild)
© IMAGO / epdErfurt. – Im Streit um die Umgehung der Bezahlkarte für Asylbewerber sieht das Land Thüringen derzeit keine Möglichkeit, gegen sogenannte Tauschaktionen vorzugehen. Wie ein Sprecher des Thüringer Landesverwaltungsamts mitteilte, gibt es „keine gesetzlichen Regelungen, die den Erwerb von Gutscheinen und deren Umtausch in Bargeld verbieten oder unter Strafe stellen“, berichtet die Thüringer Allgemeine. Auch das Bundesinnenministerium hatte bereits mitgeteilt, dass solche Aktionen nicht unterbunden werden können.
Hintergrund ist, dass Initiativen in Thüringen dazu aufrufen, Asylbewerbern mehr Bargeld zugänglich zu machen, als ihnen offiziell über die Bezahlkarte ausgezahlt wird. Die Asylbewerber erwerben in Geschäften mit ihrer Bezahlkarte Gutscheine, die ihnen später von Unterstützern in Cafés oder Läden gegen Bargeld abgekauft werden. Angebote dieser Art gibt es etwa in Jena, Weimar und Erfurt. Die Gruppe „Seebrücke Erfurt“ spricht in den Sozialen Medien offen davon, „das System zu unterwandern“.
AfD kritisiert „rechtsstaatlichen Offenbarungseid“
Die Thüringer AfD-Fraktion reagierte empört auf die aktuelle Rechtslage. „Mit Empörung nehmen wir zur Kenntnis, dass in Thüringen sogenannte ‚Tauschaktionen‘ zur Umgehung der Bezahlkarte für Asylbewerber offenbar legal sind und bislang nicht unterbunden werden können“, heißt es in einer Stellungnahme der Fraktion. Es sei ein „rechtsstaatlicher Offenbarungseid“, wenn ein System, das Bargeldzahlungen begrenzen und Fehlanreize vermeiden solle, durch gezielte Unterwanderung wirkungslos werde – „und das im Wissen der Behörden“.
Insbesondere der migrationspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Daniel Haseloff, fordert ein entschiedeneres Vorgehen: „Wer bewusst ein System sabotiert, das der Begrenzung staatlicher Leistungen an ausreisepflichtige oder noch nicht anerkannte Personen dient, handelt nicht aus ‚Mitmenschlichkeit‘, sondern betreibt organisierte Aushebelung des Rechts.“ Die AfD kündigte an, sich auf allen politischen Ebenen dafür einzusetzen, dass entsprechende „Schlupflöcher” geschlossen werden. Die Fraktion ersucht die Landesregierung, „umgehend eine eindeutige gesetzliche Grundlage einzufordern, welche die gezielte Umwandlung von Gutscheinen in Bargeld mit dem Ziel der Systemumgehung unter Strafe stellt“. Man werde „alle notwendigen Schritte einleiten, um eine Rechtslage zu schaffen, die dieses Vorgehen künftig illegalisiert“, kündigte Haseloff an.
Bezahlkarte in Thüringen schrittweise ausgeweitet
Unabhängig von der Debatte um den Bargeldtausch erweitert das Land Thüringen sein System der Bezahlkarte. Seit Ende Juni wird in den Erstaufnahmeeinrichtungen eine Landesbezahlkarte ausgegeben. Die Barauszahlung der Asylbewerberleistungen entfällt damit dort vollständig. Die Bezahlkarte bleibt auch nach der Verteilung der Asylbewerber auf die Kommunen bei den Betroffenen, sodass ein landesweiter Roll-out vorgesehen ist. Die Kommunen sind allerdings nicht verpflichtet, die Landesbezahlkarte zu übernehmen. „Es steht ihnen frei, die Landesbezahlkarte zu übernehmen“, so das Landesverwaltungsamt.
Trotzdem erhielt das Modell Zuspruch: Sowohl der Gemeinde- und Städtebund als auch der Thüringische Landkreistag lobten die Karte als „Meilenstein“. Sie entlaste die Verwaltungen und fördere die Integration vor Ort.
Kartensystem mit begrenzter Bargeldoption
Laut Landesverwaltungsamt richtet sich der monatliche Betrag auf der Karte „nach dem individuellen Anspruch nach dem Asylbewerberleistungsgesetz“. Alleinstehende erhalten aktuell 460 Euro pro Monat. Mit der Karte kann im stationären Einzelhandel eingekauft werden. Zudem lässt sie sich auf dem Smartphone digital hinterlegen.
Da sie nicht an ein Bankkonto gebunden ist, eignet sie sich insbesondere für Personen ohne eigenes Konto und ermöglicht ihnen eine „sichere und praktikable Möglichkeit, bargeldlos am Zahlungsverkehr teilzuhaben“. In der Regel sind Bargeldabhebungen bis zu einem Betrag von 50 Euro pro Monat an Geldautomaten oder bei teilnehmenden Händlern möglich. Überweisungen ins Ausland oder an Schleuser sind mit der Karte nicht möglich.