Ran an die Kinder: Der Trend der „Drag Queen Story Hours“

Rund um den jährlich stattfindenden Pride Month rücken Veranstaltungen mit Titeln wie „Kinky Playground“ oder „Grundlagentraining für Shibari“, die im kommenden Monat in Berlin stattfinden werden und sich an Erwachsene richten, wieder vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit. Doch auch Veranstaltungen für Kinder stehen bei vielen Vereinen in dieser Zeit auf dem Programm. So auch die „Drag Queen Story Hours“.

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Ran an die Kinder: Der Trend der „Drag Queen Story Hours“
Eine "Drag Queen Story Hour" in den USA© IMAGO / ZUMA Wire

Man ist es bereits gewohnt, dass viele Trends – meist mit zeitlicher Verzögerung – aus den USA irgendwann auch nach Europa überschwappen. Der neueste Trend, der in den vergangenen Wochen besonders in Deutschland und Österreich wieder für vermehrte Aufregung gesorgt hat, dreht sich um die sogenannten „Drag Queen Story Hours“, also Lesungen, bei denen geschminkte, perückentragende Männer in Frauenkleidern und auf hochhackigen Schuhen kleinen Kindern aus Büchern vorlesen. Organisiert werden diese Veranstaltungen von entsprechenden Vereinen oder linken Parteien.

Drag Queens mit fragwürdigen Künstlernamen

„Drag Queen Story Hours“ (DQSH) begleiten Kinder und Erwachsene in den USA bereits seit mehreren Jahren. Die US-amerikanische Autorin Michelle Tea hat das Projekt 2015 in San Francisco gegründet, zusammen mit der Non-Profit-Agentur Radar Productions, die queere Autoren vertritt. Die Veranstaltungen, die sich in der Regel an Kinder von drei bis elf Jahren richten, haben laut Tea zum Ziel, Lesen und Vielfalt zu fördern sowie den Kindern zu zeigen, dass jeder Mensch so sein darf wie er will. Seit geraumer Zeit finden solche Lesungen nun auch schon in Deutschland und Österreich statt. Vor etwa fünf Jahren lasen Drag Queens Kindern in Berlin zum ersten Mal vor. Im Rahmen des Pride Month vor zwei Jahren wurde vom Weltmuseum Wien zumindest schon eine Online-Lesung mit der Drag Queen Lady Nutjob (im Englischen steht „nutjob“ umgangssprachlich unter anderem für Oralsex, der sich auf die Hoden konzentriert) veranstaltet. Im vergangenen Jahr wurde eine Bibliothek in Wien-Mariahilf zum Veranstaltungsort einer solchen Lesung, dieses Jahr gastierten Drag Queens in Wien in einer weiteren Buchhandlung und der Türkis-Rosa-Lila-Villa.

Vor kurzem wurde bekannt, dass im Rahmen des bald stattfindenden Pride Month – beziehungsweise auch schon vorher – weitere „Drag Queen Story Hours“ in Deutschland und Österreich stattfinden sollen. So laden etwa die Grazer Grünen am 21. Mai zu einer Lesung mit Miss Gloria Hole (hier lässt sich eine Abwandlung vom Begriff „Glory Hole“ – ebenfalls ein Begriff mit sexualisiertem Kontext – nicht von der Hand weisen) und Candy Licious ein. Die FPÖ zeigt sich über die bevorstehende Veranstaltung, die Fragen zum Schutz von Kleinkindern vor sexuellen Inhalten aufwerfe, besorgt und fordert daher, dass alle Parteien gemeinsam für den Schutz der Kinder eintreten und solche Lesestunden ablehnen. „Wer solche Lesestunden veranstaltet, stellt bewusst den gesellschaftlichen Konsens infrage, dass Kleinkinder vor sexuellen Inhalten geschützt werden sollten. Der explizit sexuelle Charakter der Kunstfigur Gloria Hole ist offensichtlich, sowohl durch ihren Namen als auch durch ihre Instagram-Seite“, so FPÖ-Stadtparteiobmann Axel Kasegger.

Minderjährige trans Autorin liest gemeinsam mit Drag Queen

Auch in München wird eine für den 13. Juni geplante „Drag Queen Story Hour“ zum Politikum. Dort hat eine Stadtteilbibliothek unter dem Titel „Wir lesen euch die Welt, wie sie euch gefällt“ geladen, bei der die Drag Queen Vicky Voyage und der Drag King Eric BigClit (zu Deutsch: „Eric Große Klitoris“) sowie die 13-jährige trans Autorin Julana Gleisenberg Kindern ab vier Jahren vorlesen dürfen. Die Veranstaltung werde eine „farbenfrohe Leserunde“ sein, heißt es im Veranstaltungskalender, im Anschluss dürfen sich die Gäste mit den Drag Queens und der Autorin austauschen. Erzählt werden soll von „unterschiedlichsten Held:innen: Jungs in Kleidern, Prinzessinnen mit ihrem eigenen Willen, den Farben Blau und Rosa, von Kaninchen und Füchsinnen, dem Entdecken der eigenen Freiheit und vielem mehr“.

Der Landeschef der Freien Wähler, Hubert Aiwagner, hat die Lesung im Vorfeld als „Kindeswohlgefährdung“ bezeichnet und fordert einen Stopp der Veranstaltung. „Das ist Kindeswohlgefährdung und ein Fall fürs Jugendamt, keine Weltoffenheit, wie es die Grünen verharmlosen“, sagte der bayerische Wirtschaftsminister. Der AfD-Kreisverband München-Ost will am 13. Juni im Rahmen einer Demonstration und unter dem Titel „Hände weg von unseren Kindern“ gegen die Lesung und damit auch für ein Verbot von Genderpropaganda und „anderen Perversionen gegenüber Minderjährigen“ protestieren, wie Rene Dierkes, Vorsitzender des Kreisverbandes via Facebook mitteilte.

Verbot von Drag-Queen-Shows in Tennessee

Dass solche Lesungen tatsächlich problematisch sein können, zeigen Fälle aus den USA. In Houston (Texas) trat bereits ein verurteilter Sexualstraftäter, der einen Achtjährigen missbraucht hatte, bei einer „Drag Queen Storytime“ auf. Die ausrichtende Bücherei entschuldige sich nach Bekanntwerden dieser Umstände öffentlich. Kurze Zeit später wurde eine weitere Drag Queen in Houston als verurteilter Sexualstraftäter identifiziert. Etwas weiter östlich im Land geht die Politik mittlerweile gegen Shows von Drag Queens vor. Vor wenigen Monaten hat der US-Bundesstaat Tennessee einen Gesetzentwurf verabschiedet, der besagt, dass Drag Queens in Zukunft nicht mehr in der Öffentlichkeit und vor Kindern und Jugendlichen auftreten dürfen. „Es gibt Eltern die Gewissheit, dass sie ihre Kinder zu einer öffentlichen oder privaten Show mitnehmen können und nicht von einer sexualisierten Darbietung überrascht werden“, sagte Jack Johnson, republikanischer Mehrheitsführer im Senat von Tennessee, in einer Erklärung.

Von Veranstaltern der „Drag Queen Story Hours“ wird eine Frühsexualisierung von Kindern beziehungsweise ein sexueller Kontext zu den Veranstaltungen immer wieder abgestritten. Kritiker der LGBTQ-freundlichen Lobby werfen den Akteuren jedoch vor, mitverantwortlich dafür zu sein, dass der Anteil von Kindern und Jugendlichen, die an einer Störung der Geschlechtsidentität leiden, stark zunimmt.