Freilich #34: Am Weg zur Volkspartei?

Hörsaalgeflüster (5) – Kulturkampf um das Gendern?

Schon lange ist die sogenannte Gendersprache konservativen und rechten Kräften ein Dorn im Auge. In letzter Zeit häufen sich nun die Bemühungen der CDU, das Gendern einzudämmen. Mit Erfolg? Marc Brunner zieht in seiner aktuellen Kolumne ein vernichtendes Resümee. 

Kommentar von
27.7.2025
/
3 Minuten Lesezeit
Hörsaalgeflüster (5) – Kulturkampf um das Gendern?
© IMAGO / Martin Müller

Sachsen hat es vorgemacht, es folgten Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Bayern. Vor wenigen Wochen zog dann auch Karin Prien, Bundesministerin für Bildung (CDU), nach und verhängte ein sogenanntes „Genderverbot“ für die Schriftstücke, welche von den Beamten ihres Ressorts erstellt werden. Die insbesondere an den deutschen und österreichischen Hochschulen obligatorische Gendersprache, welche das generische Maskulinum der deutschen Sprache durch Bindestriche, Sternchen und andere Regelungen zu einer scheinbar gerechteren, stets auch die weibliche Form beachtenden zu transformieren sucht, hat augenscheinlich politische Konjunktur – zumindest dahingehend, als dass sie erstmals auf offiziellen Widerstand stößt. Während linksgerichtete Medien meinen, ausgehend von den Vorstößen der genannten Länder und dem Bildungsministerium des Bundes einen Kulturkampf um die Gendersprache ausmachen zu können, bleibt die Frage, was die von den Unionsparteien initiierte Agitation gegen das Gendern eigentlich an der tatsächlichen Situation an den Hochschulen geändert hat.

Gendern: Ein Produkt christdemokratischer Herrschaft

Das Gendern ist ein besonders nervtötender Auswuchs der linken Kulturhegemonie, welcher auf universitärer Ebene vor allem dadurch durchgesetzt wurde, dass die „gendergerechte Sprache“ schlicht in die obligaten Formalien für wissenschaftliche Arbeiten aufgenommen wurde. Insbesondere an den westdeutschen Universitäten ist das Gendern seither fest verankert – der Verfasser des Textes kann bezeugen, dass sogar in den mündlichen Äußerungen ideologisch besonders ambitionierter Dozenten und Studenten das unsägliche *innen an jedes personenbezogene Substantiv angefügt wird. Studenten, welche ihre Arbeiten dennoch ohne Sternchen und Bindestriche verfassen, haben seither Punktabzug in der Bewertung zu befürchten.

Diese Reform wurde zumeist in den 2010er-Jahren offiziell eingeführt: eine Zeit, die mit der Ausnahme des Kabinetts des Sozialdemokraten Torsten Albig (2012-2017 in Schleswig-Holstein) in allen genannten Bundesländern durch christdemokratische Landesväter geprägt war. In diesem Sinne sind die vergleichsweise jungen Genderverbote (das erste wurde 2021 in Sachsen durchgesetzt) vor allem eine Reaktion auf Probleme, welche die Union zumindest durch Unterlassung selbst verursacht hat. Aber damit nicht genug: bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass von einem Verbot im eigentlichen Sinne nicht die Rede sein kann. Hauptsächlich beziehen sich die von den Ländern beschlossenen Erlasse auf den Schulunterricht, wo – je nach Maßgabe – die Verwendung von Gendersternchen und Bindestrichen etwa in Klausuren als Fehler gewertet werden soll. Die Universitäten aber sind davon gar nicht oder nur sehr bedingt betroffen.

Schüchterne Vorstöße

So ist es etwa an den bayerischen Hochschulen nach wie vor freigestellt, ob gegendert wird. Wer auch nur die leiseste Ahnung von der ideologischen Großwetterlage an den deutschen Universitäten hat, kann entsprechend auf einen nach wie vor virulenten Zwang zum Gendern schließen – denn dieser braucht gar nicht wie an den Lehranstalten im Westen der Bundesrepublik formell verankert sein, da die Studenten im Zweifel das tun werden, was ihren Prüfern gefällt. Und linke Professoren und Dozenten werden sich in ihren verqueren Ansichten nicht von einem so zaghaften Vorstoß beeindrucken lassen.

Geradezu schüchtern wirkt auch die Intervention des sächsischen Wissenschaftsministers Sebastian Gemkow (CDU), der sich vergangenes Jahr in einem Brief an die Hochschulen wandte und den Gebrauch von Sternchen und co. zumindest in der offiziellen Kommunikation der Universitäten einschränken wollte. Auffällig: Gemkow argumentiert mit Rückgriff auf das “amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung”. Die ideologische Dimension des Genderns als Übergriff auf die Sprache an sich scheint er zu verkennen. Auch in Sachsen gilt übrigens weiterhin, dass Professoren und Dozenten in ihren Lehrveranstaltungen eigene Vorgaben hinsichtlich der Gendersprache treffen können.

Alle Akademiker – darunter viele zukünftige Führungskräfte – werden also nach wie vor während ihrer Studentenzeit dazu gedrängt, ihren Sprachgebrauch der radikal-linken Ideologie anzupassen. Wenn hier jemand Kulturkampf führt, dann sind es die Linken; und sie haben einen gehörigen Erfolg dabei.

Von der Großoffensive zum Rückzugsgefecht

Das Genderverbot, was von den Unionsparteien wohl gerne als kulturkämpferische Großoffensive dargestellt wird, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen also als müdes Rückzugsgefecht, dessen Sieger im Grunde auch schon feststehen. Die Nutznießer der linken Diskurshoheit an den Universitäten jedenfalls werden keineswegs beeindruckt sein – dabei ist das Gendern nichts anderes als ein von den Akteuren dieser Kulturhegemonie erdachtes Machtmittel.

Ihr Meinungsmonopol, welches schon lange auch über die Besetzungen vor Lehrstühlen entscheidet, ist keineswegs gefährdet. Gerade dieses aber müsste aufgebrochen werden, um die gesamtgesellschaftliche Debatte um das Gendern endgültig in eine gesunde Richtung zu führen. Die Vertreter der Unionsparteien zeigen sich folglich als zahnlose Symbolpolitiker, welche die wahre Dimension der politischen Auseinandersetzung an den höchsten deutschen Lehranstalten entweder nicht begriffen haben oder mit den vorgezeichneten Linien der Konflikte eigentlich ganz konform gehen. Was eine tatsächlich rechte Perspektive auf das hochschulpolitische Treiben bedeuten könnte, wird in der kommenden Druckausgabe des Akademischen Lebens untersucht werden, welche für alle FREILICH-Abonnenten kostenlos dem Heft beiliegt.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

Marc Brunner

Marc Brunner wurde 1997 in Westdeutschland geboren. Der studierte Philosoph interessiert sich für das griechische Denken und antike Geschichtsschreibung.

Kann FREILICH auf Ihre Unterstützung zählen?

FREILICH steht für mutigen, konservativ-freiheitlichen Journalismus, der in einer zunehmend gleichgeschalteten Medienlandschaft unverzichtbar ist. Wir berichten mutig über Themen, die oft zu kurz kommen, und geben einer konservativen Öffentlichkeit eine starke Stimme. Schon mit einer Spende ab 4 Euro helfen Sie uns, weiterhin kritisch und unabhängig zu arbeiten.

Helfen auch Sie mit, konservativen Journalismus zu stärken. Jeder Beitrag zählt!