Streit in der AfD NRW eskaliert: Bundesvorstand greift in Esser-Affäre ein
Mit einem Beschluss wollte der AfD-Landesvorstand Nordrhein-Westfalen den heiklen Personalfall um Klaus Esser rasch beenden. Doch dieses Vorgehen hat den Bundesvorstand auf den Plan gerufen und die parteiinternen Spannungen auf eine neue Stufe gehoben.
Düsseldorf. – Am späten Montagabend hat der Landesvorstand NRW überraschend beschlossen, das Parteiausschlussverfahren gegen den ehemaligen Landespolitiker Klaus Esser einzustellen und ihm einen Vergleich anzubieten, wie T-Online berichtet. Demnach soll Esser eine Ämtersperre von 18 Monaten erhalten, die rückwirkend ab dem 9. August 2024 in Kraft tritt. In der Begründung hieß es, die Vorwürfe der „Vortäuschung von Studienabschlüssen“ würden „wegen Verjährung und Nichtbeweisbarkeit“ zurückgezogen und „ersatzlos gestrichen“.
In einem Schreiben erklärte der Bundesvorstand unter Alice Weidel und Tino Chrupalla jedoch, er schließe sich etwaigen auf Verfahrensbeendigung gerichteten Erklärungen des ursprünglichen Antragsstellers (NRW-Landesvorstand) „ausdrücklich nicht an“. Stattdessen trete der Bundesvorstand dem Verfahren bei und führe es „mit dem ursprünglichen Antrag“ von hier weiter. Damit dürfte der Versuch des NRW-Vorstands, die Affäre intern abzuschließen, gescheitert sein.
Ermittlungen wegen Urkundenfälschung
Gegen Esser ermittelt die Staatsanwaltschaft Aachen. „Die Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen erfolgte wegen des Anfangsverdachts der Urkundenfälschung, des Betrugs und des Missbrauchs von Titeln“, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Aachen gegenüber T-Online. Die Ermittlungen dauern an. Auch parteiintern liefen Verfahren. Neben möglichen Fälschungen geht es um den Vorwurf, Esser habe Mitglieder in seinem Kreisverband Düren unrechtmäßig aufgenommen, um sich bei parteiinternen Abstimmungen die Mehrheit zu sichern.
Bereits am Montagmorgen zeigte sich AfD-Chefin Alice Weidel alarmiert. In einer Telefonschalte des Bundesvorstands forderte sie laut internen Informationen Berichte der beteiligten Juristen Kay Gottschalk und Fabian Jacobi. Letzterer hatte sich gegen einen Vergleich ausgesprochen und wurde später durch Landeschef Martin Vincentz und den EU-Abgeordneten Hans Neuhoff ersetzt.
Der Landesvorstand zieht durch
Nur wenige Stunden nach Weidels Eingriff setzten Vincentz und seine Mehrheit im Landesvorstand die umstrittenen Beschlüsse in Gang. Innerhalb weniger Stunden wurde Jacobi abgesetzt, die Vorwürfe wurden abgeschwächt und der Vergleich mit Esser beschlossen. Dieser akzeptierte das Angebot umgehend und ließ mitteilen, er nehme es „dankend“ an.
Für Esser wäre dies der bestmögliche Ausgang gewesen: ohne Parteiausschluss und mit absehbarem Ende der Sperrfrist. Doch der Bundesvorstand machte diesen Schritt rückgängig. Diese Intervention aus Berlin gilt als massiver Vertrauensentzug gegenüber der NRW-Spitze. Damit steht der Landeschef Martin Vincentz nun offen im Konflikt mit Alice Weidel.
Helferich attackiert den Landesvorstand
In einer Videobotschaft auf X positionierte sich auch der AfD-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Rat der Stadt Dortmund, Matthias Helferich, klar gegen den aktuellen NRW-Vorstand. „Ihr habt sicherlich mitbekommen, dass die AfD in Nordrhein-Westfalen nicht zur Ruhe kommt“, sagte er. Ursache sei jedoch kein inhaltlicher Streit: „Nein, es geht nicht um den rechteren Teil der Partei der gegen den gemäßigteren Teil der Partei um Martin Vincentz herum kämpft. Es geht nicht mehr um Inhalte.“
Helferich sprach stattdessen von einem Kampf zwischen all jenen, „die es ernst meinen mit der Rettung Deutschlands“ und jenen, „die glauben, dass die AfD ein Geschäftsmodell wäre, und dass man auf Kosten der Rettung unserer Heimat gutes Geld verdienen sollte.“ Er zeigte sich überzeugt, dass „wir im März einen Landesvorstand wählen können, der die einzelnen Strömungen in unserer Partei atmen lässt, der auch Debatten über Inhalte zulässt, der aber nach außen hin geschlossen und einig ist und all jene verdrängt, die unsere AfD als reines Geschäftsmodell begreifen“. Man werde sich, so Helferich weiter, „im März lagerübergreifend und einig unsere AfD Nordrhein-Westfalen zurückholen“.






