Freilich #34: Am Weg zur Volkspartei?

Friedensheuchelei mit Koalitionskalkül – Wie das BSW seine Glaubwürdigkeit verspielt

In der Parlamentsdebatte vom 19. Juni verweigerte das BSW einem friedenspolitischen Antrag der AfD die Zustimmung und stellte damit den Koalitionsfrieden über den eigenen Anspruch. Alexander Claus sieht darin ein Paradebeispiel für politische Heuchelei.

Kommentar von
25.6.2025
/
5 Minuten Lesezeit
Friedensheuchelei mit Koalitionskalkül – Wie das BSW seine Glaubwürdigkeit verspielt

Erst kürzlich hatte Wolf von der CDU Thüringen noch gefordert, sich öffentlich und klar von der Eskalationspolitik der Bundes-CDU zu distanzieren.

© IMAGO / Funke Foto Services

Es war eine Debatte, wie sie sinnbildlicher für die politische Heuchelei des Thüringer BSW kaum hätte stehen können: Am 19. Juni diskutierte der Thüringer Landtag über einen Antrag der AfD-Fraktion, der dem Eskalationskurs der Bundesregierung im Ukrainekrieg eine klare Absage erteilte und sich ausdrücklich auf jenen Friedensanspruch berief, den nicht nur das BSW, sondern die gesamte Thüringer Regierungskoalition – CDU, SPD und BSW – im Koalitionsvertrag formulierten und den das BSW noch drei Wochen zuvor mit Nachdruck von seinem Koalitionspartner CDU eingefordert hatte.

BSW gegen CDU – aber nur auf dem Zeitungspapier

Erinnern wir uns: Ende Mai forderten Katja Wolf, Finanzministerin Thüringens und Landesvorsitzende des BSW, sowie Gernot Süßmuth, ihr Co-Vorsitzender, öffentlichkeitswirksam „die CDU Thüringen und insbesondere Ministerpräsident Mario Voigt auf, sich öffentlich und klar von der Eskalationspolitik der Bundes-CDU zu distanzieren“ (Thüringer Allgemeine, 30.05.2025). Anlass war die Ankündigung von CDU-Kanzler Friedrich Merz, die Reichweitenbeschränkung für an die Ukraine gelieferte deutsche Waffen aufzuheben – ein klarer Bruch mit der bisherigen Linie und ein gefährlicher Türöffner für neue Eskalationsstufen im Kriegsgeschehen, die auch Deutschland zunehmend zur Zielscheibe machen könnten.

Die Wortwahl der Thüringer BSW-Führung war scharf, der Anspruch unmissverständlich. Sie erinnerte daran, dass Ministerpräsident Voigt in der Vergangenheit mehrfach betont habe, Deutschland müsse eine stärkere Rolle als Vermittler einnehmen – und dass nun der Moment gekommen sei, diesem Anspruch gerecht zu werden. 

Zur Einordnung: Die sogenannte Brombeerkoalition aus CDU, SPD und BSW kam überhaupt nur deshalb zustande, weil Katja Wolf und ihr damaliger Co-Vorsitzender Steffen Schütz sich in einem parteiinternen Machtkampf gegen Parteigründerin Sahra Wagenknecht durchsetzten – insbesondere in der Frage einer sogenannten Friedenspräambel im Koalitionsvertrag, die Wagenknecht als zu kompromissbereit und nicht weitgehend genug kritisierte. 

Der öffentliche Vorstoß Wolfs und Süßmuths Ende Mai war somit der erste Versuch, sich nachträglich als Verteidiger eines ohnehin schon verwässerten Friedensanspruchs zu inszenieren. Doch Voigt ließ die Attacke ins Leere laufen – „Wir kommentieren das nicht“, ließ er über seine Sprecherin mitteilen. Wolfs Reaktion: „Kein Kommentar.“ Eine politische Farce in zwei Akten.

Brombeere bringt zahnlosen Alternativantrag ein

Doch damit nicht genug. Die AfD-Fraktion griff Wolfs und Süßmuths Forderung parlamentarisch auf und formulierte sie in einem konsequenten Antrag. Thüringen solle sich für eine Politik der Friedensförderung und Vermittlung starkmachen und gegenüber der Bundesregierung auf eine Rücknahme der Entscheidung zur Aufhebung der Reichweitenbeschränkung hinwirken. Ein klarer friedenspolitischer Vorstoß – eigentlich ein Geschenk für das BSW, sollte man meinen – zumindest wenn dieses seinen Anspruch ernst nehmen würde, anders als die anderen Kartellparteien keine Brandmauern zu kennen und sich den Anträgen der AfD gegenüber ausschließlich nach inhaltlichen Gesichtspunkten zu verhalten.

Doch Katja Wolf und ihre Fraktion zogen es vor, mit CDU und SPD einen weichgespülten Alternativantrag einzubringen – voller Allgemeinplätze, ohne konkrete Handlungsaufforderung an die Landesregierung, ohne Mut, ohne Substanz. Eine „Distanzierung“ vom Eskalationskurs der Bundesregierung fehlte ebenso wie die Reichweitenfrage. Statt klarer Positionierung: diplomatische Floskeln. Statt Friedensinitiative: Koalitionsharmonie um jeden Preis.

Höcke entlarvt das Schauspiel

Oppositionsführer Björn Höcke (AfD) brachte es in seiner Rede auf den Punkt: „[Jetzt weise ich] mal auf eine Stellungnahme von der Kollegin Wolf hin, die noch vor drei Wochen öffentlich gefordert hat, dass die Landes-CDU sich vom Kriegstreiberkurs der Bundes-CDU distanzieren soll. [...] Und wenn ich mir Ihren Alternativantrag durchlese, ist davon nichts, aber auch gar nichts mehr übrig.“

Noch schärfer fiel Höckes Fazit aus: „Sie haben sich komplett dem Kriegstreiberkurs der CDU unterworfen – und das ist unerträglich, weil Sie damit Ihren zentralen Wählerauftrag verraten haben.“ Treffender kann man es nicht formulieren. Katja Wolfs BSW verriet den eigenen Anspruch auf einen selbstbewussten Friedenskurs, um den Koalitionsfrieden mit der CDU nicht zu gefährden. Das ist nicht nur opportunistisch, es ist feige.

Hinzu kommt: Während Höcke eine inhaltlich fundierte, leidenschaftlich vorgetragene Friedensrede hielt, gespickt mit historischen Verweisen, strategischer Analyse und moralischer Klarheit, glänzte Katja Wolf durch Schweigen. Stattdessen ließ man Steffen Quasebarth sprechen – dessen Rede ein rhetorisches Nebelkerzenfeuer war – ganz im Stile des Alternativantrags der Regierungsfraktionen. Die einst unter medialer Orchestrierung hineinverhandelten Friedensparolen im Koalitionsvertrag („Die Verfassung des Freistaats Thüringens gebietet, den inneren wie äußeren Frieden zu fördern“, „Als künftige Regierung des Freistaats Thüringen eint uns der Wille zum Frieden in Europa“ und „Das BSW steht für einen kompromisslosen Friedenskurs.“) verpufften so zu reiner Symbolpolitik – hohl und folgenlos.

CDU demütigt BSW – ohne Konsequenz

Die Parlamentsdebatte vom 19. Juni hat deutlich gezeigt: Das BSW Thüringen ist keine Friedenspartei. Es ist eine Koalitionspartei – und damit erpressbar. Wer auf Bundesebene noch große Worte schwingt, aber sich im Landtag selbst vom eigenen Koalitionspartner beleidigen lässt, hat jede politische Glaubwürdigkeit verspielt. 

CDU-Redner Wolfgang Weißkopf bezeichnete den AfD-Antrag abfällig als einen „Beitrag von politischer Gefolgschaft“ gegenüber Russland und sprach davon, dass man „weniger über die Beschränkung der Reichweite von Waffen reden [solle], sondern [...] über die fatalen Folgen [...], die die unbeschränkte Reichweite russischer Propaganda hat.“ Er warf der AfD vor, russische Narrative zu bedienen – ein Vorwurf, den das BSW wohl auch als für sich geltend interpretieren durfte. 

Zudem erklärte Weißkopf, es sei nicht Aufgabe dieses Landtags, Friedenspolitik zu machen – eine bemerkenswerte Aussage angesichts der Koalitionsvereinbarung, wonach Thüringen dem „inneren und äußeren Frieden“ verpflichtet sei. Und eine demonstrative Missachtung des BSW, das ebenjene Behandlung der Friedensthematik auf Landesebene selbst noch vor wenigen Wochen öffentlich eingefordert hatte – mit markigen Worten und großer Geste. 

Wer im BSW ernsthaft glaubt, dass solche CDU-Tiraden nicht auch als Breitseite gegen den Friedensgestus der eigenen Parteiführung gerichtet sind, macht sich selbst etwas vor – oder hat sich längst an seine devote Rolle als nützlicher Mehrheitsbeschaffer gewöhnt.

CDU-Staatssekretär Andreas Gruhner wollte auf Nachfrage Höckes nicht einmal verneinen, sich der Aussage des aktuellen Bundesaußenministers Johann Wadephul (CDU) anzuschließen. Dieser hatte in der Vergangenheit erklärt: „Russland wird immer ein Feind […] sein.“ Auch diese Verlautbarung eines ranghohen Repräsentanten der eigenen Regierung ließen die Abgeordneten des BSW regungslos geschehen.

AfD als letzte glaubwürdige Chance auf Veränderung

Der AfD-Antrag, dem das BSW die Zustimmung verweigerte, und die dazugehörige Parlamentsdebatte haben die Macht- und Profillosigkeit des Thüringer BSW innerhalb der Brombeerkoalition offengelegt. Katja Wolf und ihr Umfeld wurden abermals als Opportunisten enttarnt – sie tun in der Presse so, als forderten sie klare Kante gegenüber der CDU, lassen dann aber widerspruchslos die eigenen Positionen von ebenjener CDU in den Dreck treten.

Bleibt nur eine Konsequenz: Wer in Thüringen für echten Frieden steht, wer sich klar gegen Eskalationspolitik und Kriegskurs stellt, der kann nur AfD wählen. Der 19. Juni hat es abermals bewiesen. Wer Inhalte nur predigt, um ihn dann dem Koalitionsfrieden zu opfern, wie das BSW, wird an seinem Glaubwürdigkeitsverlust zugrunde gehen. Die AfD hingegen bleibt – trotz Anfeindung und Ausgrenzung – die letzte Chance auf echte Veränderung.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

Alexander Claus

Alexander Claus, Jahrgang 1995, hat Wirtschaftswissenschaften in Jena studiert, ist Mitglied im Landesvorstand der AfD Thüringen und arbeitet derzeit als Referent für Wirtschaft und Landwirtschaft in der AfD-Fraktion Thüringen.

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