Diskurs mit Dynamit: Wie klären wir rechte Lagerdebatten?
Die innerrechte Debatte um „Remigration“ droht durch ideologische Grabenkämpfe das gesamte Lager zu lähmen. Felix Wolf fordert deshalb einen selbstverpflichtenden Debattenkodex und warnt vor einer Selbstzerstörung durch gegenseitige Diffamierung.
Maximilian Krah übt seit Kurzem äußerst scharfe Kritik am Konzept der Remigration und den damit einhergehenden Forderungen.
© IMAGO / dts NachrichtenagenturDie Krah-Sellner-Debatte über „Remigration“ und den „Binnen-Ethnopluralismus“ ist im rechten Lager derzeit immer noch virulent. Die Debatte ist vergiftet, weshalb sie uns trotz inhaltlicher Relevanz derzeit massiv schadet. Über den Argumenten liegt beinahe ein Schwefelzug, der es massiv erschwert, die einzelnen Stichpunkte für sich zu bewerten, da sie sofort mit dem Gesamtkonzept der einen oder anderen Seite verhaftet werden.
Dabei ist potenziell eine Schnittmenge für eine Einigung vorhanden, die am Ende nicht darauf hinausläuft, dass das Konzept der Remigration diesen Begriff untauglich machen würde oder einzelne relevante Punkte von Krahs Konzeption in der Debatte hinten wegfallen. Dabei ist jedoch klar, dass der Grundtenor in der Auseinandersetzung weichen muss. Im rechten Lager diskutieren wir über die Zukunftsfähigkeit und das Überleben Deutschlands und befinden uns nicht bei RTL im Trash-TV für Politintellektuelle. Doch wie konnte es dazu kommen?
Feindmarkierung durch Diffamierung
Das gleiche Phänomen konnte man bereits in außenpolitischen Diskursen verfolgen. Wer sich zu sehr für Russland positionierte, war ein „Russenstusser“, wer valide Argumente vermehrt für die Ukraine hervorbrachte, ein Freund des bunten Westens und der „Regenbogen-Agenda“. Sich beim Präventivschlag Israels argumentativ auf Seiten des Irans zu sehen, machte einen schnell zum „Mullah-Freund“. Dabei ist Debattenvergiftung Feindwerkzeug, es dient der Spaltung und durch das Entzweien des Lagers aufgrund sekundärer Fragen wird Deutschland ohnehin nicht gerettet.
Unsere Zukunft wird nicht im Iran entschieden und auch positivere Haltungen zur Ukraine oder Russland sind voraussichtlich nicht entscheidend darüber. Relevant ist jedoch, ob wir durch diese internen Debatten an Schlagkraft verlieren oder nicht. Wir haben ohnehin genug Differenzen auszufechten und zu beseitigen, da können wir es uns nicht leisten, gegenüber unseren Parteikollegen, Vorfeldakteuren und Sympathisanten derart Unruhe ins Geschehen zu bringen. Social-Media-Debatten sind präsent, sie sind schnelllebig und sie entwickeln eine Eigendynamik.
Ehrencodex in Debatten
Wir müssen einen Ehrencodex in die Debatten integrieren, dem wir uns selbst verpflichten. Diffamierung in den eigenen Reihen schadet, Totschlagargumente werden zu Todsünden und begriffliche Klarheit statt aus der Luft gegriffene Vorwürfe müssen wir uns dabei als inhaltliche Maxime zu Eigen machen. Dies ist auch der Grund, warum die Debatte seitens Krah dieses Feuer entfachte, wie sie es tat. Mit dem Label „Staats- und Verfassungsfeindlichkeit“ für den Vorschlag Sellners machte er einen neutralen Umgang damit nahezu unmöglich. Dementsprechend hitzig erwiesen sich die letzten Wochen auch die Auseinandersetzungen zwischen Krah und vielen seiner – neuerdings – Kontrahenten.
Nur wenn wir es schaffen, Debatten inhaltlich scharf, aber hygienisch strukturiert zu führen, können wir es schaffen, Fraktionskeile, Lagergräben und Streitereien zu verhindern und die Einheit zu wahren. Das Patentrezept muss lauten: Intern harmonisieren, extern polarisieren. Dieses Zugeständnis müssen auch die Teile der Partei eingehen, welche andere gerne außerhalb sehen würden, denn es beruht auf Gegenseitigkeit. Andernfalls drohen auch zukünftig offene Schlachten, die wir in Zeiten, in denen wir den ersten Regierungsbildungen greifbar näherkommen, nicht gebrauchen können. Dies muss mit weiser Voraussicht verhindert werden.