„Zu viele betrunkene deutsche Männer“ und „grauenhafte Musik“: Linker Kommentar schmäht Weihnachtsmärkte
Eine nd-Redakteurin aus Teheran nutzt einen Kommentar, um über deutsche Weihnachtsmärkte herzuziehen und Teile der Besucher zu beleidigen. Auch das Angebot an Musik und Essen kritisiert sie.
Für viele Menschen gehört ein Besuch des Weihnachtsmarkts zu einer gelungenen Adventszeit einfach dazu. (Symbolbild)
© IMAGO / Sabine GudathBerlin. – Für viele Menschen sind Weihnachtsmärkte ein fester Bestandteil der Adventszeit: Sie sind Orte des Zusammenseins, der Lichter und kleiner Auszeiten vom Alltag. Genau diese Orte stehen jedoch im Zentrum eines Kommentars der in Teheran geborenen nd-Redakteurin Negin Behkam. Darin übt sie scharfe Kritik an Berliner Weihnachtsmärkten. Sie schildert ihre persönlichen Eindrücke aus migrantischer Perspektive und kritisiert gleichzeitig soziale Ausgrenzung sowie bestimmte Angebote auf den Adventmärkten.

Die Adventszeit aus migrantischer Sicht
Zu Beginn ihres Kommentars schildert Behkam, dass sie und ihre Freundinnen – allesamt migrantisch – über einen Weihnachtsmarkt schlendern wollten. Man suche sich, so die Autorin, ihre eigenen Wege durch die dunklen Monate. Im weiteren Verlauf stellt sie diese Erfahrungen den Erlebnissen deutscher Bekannter gegenüber. „Unsere deutschen Freund*innen fahren in der Weihnachtszeit oft zu ihren Familien, verbringen Wochen damit, Weihnachtsdekoration und Geschenke zu kaufen.“ Nach den Feiertagen würden diese, so Behkam, „auf hohem Niveau über ihre First-World-Problems“ klagen – etwa darüber, dass sie „ein paar Kilo zugenommen“ hätten oder „die Post hat die Pakete erst in letzter Minute zugestellt“. Gleichzeitig werde „über die Kommerzialisierung des Weihnachstfestes und deren Umweltbelastung“ gesprochen, obwohl es weiterhin „Instagram-Stories mit riesigen Weihnachtsbäumen mit unzähligen Geschenken darunter“ gebe.
Für Migranten der ersten Generation verlaufe die Weihnachtszeit laut Behkam grundlegend anders. So sei etwa die emotionale Belastung größer: „Man vermisst die eigenen, weit entfernt lebenden Familienangehörigen noch mehr, fühlt sich einsamer als sonst schon; das Gefühl, nicht dazuzugehören, ist stärker.“ Besonders prägend sei dies für Menschen, die nicht in ihr Herkunftsland reisen könnten. „Für Menschen wie mich, die aus politischen Gründen nicht in das Land reisen können, in dem sie aufgewachsen sind, ist die Sehnsucht in dieser Zeit besonders groß.“
Kritik an Besuchern, Musik und Essen
Besonders deutlich wird Behkam dann aber in ihrer Bewertung klassischer Weihnachtsmärkte. „Weihnachtsmärkte sind nicht wirklich unser Ding.“ Als Gründe nennt sie: „Zu voll, zu viele betrunkene deutsche Männer, die herumgrölen, rassistische Sprüche bringen oder irgendwo hinpinkeln.“ Auch an Atmosphäre und Angebot lässt sie kaum ein gutes Haar: „Die Musik: grauenhaft.“ Und weiter: „Das Essen: ungesund.“ Gleichzeitig räumt sie ein, dass es einzelne Aspekte gebe, die sie schätze: „Die Beleuchtung aber gefällt mir“. Und auch das Lachen der Menschen gebe ihr ein gutes Gefühl.
In ihrem Kommentar blickt Behkam auch zurück. „Als ich neu in Deutschland war, fand ich Weihnachtsmärkte aufregend.“ Besonders der Glühwein habe dazugehört: „Ich mochte den Glühwein, der süß war und mich schnell beschwipst machte.“ Entscheidend sei damals jedoch die soziale Offenheit gewesen. „Und vor allem: Die Märkte waren bezahlbar.“ Man habe auch mit wenig Geld teilnehmen können: „Mit wenig Geld konnte man eine gute Zeit haben.“ Für Behkam waren Weihnachtsmärkte einst „ein Stück Berlin, das allen gehörte.“
Preise, Tickets und soziale Schranken
Auslöser für ihren aktuellen Ärger ist ein geplanter Besuch an der Spree. Sie erinnert sich an frühere Besuche: „Ich hatte schöne Erinnerungen daran: mein damaliger Freund und ich, beide Studierende, beide pleite, aber glücklich über die Lichtinstallation am Wasser.“ Diese Erinnerungen seien jedoch durch neue Preismodelle getrübt worden. „Dann las ich das neue Konzept: All-Inclusive-Ticket ab 29,90 Euro, VIP-Ticket ab 67 Euro.“ Eine Ausnahme sei das nicht. Auch auf anderen Märkten seien die Preise stark gestiegen. Ein einfacher Abend summiere sich so schnell auf 30 Euro. Für viele, etwa Studenten oder Menschen mit niedrigem Einkommen sei das schlicht nicht machbar.
Behkam stellt am Ende ihres Beitrags grundsätzliche Fragen zur Entwicklung öffentlicher Räume. „Wieso wird der Zugang zu den kleinen, öffentlichen Momenten der Stadt für Menschen sukzessive unmöglich gemacht?“ Wenn selbst einfache Freizeitangebote unerschwinglich würden, sei die Richtung klar: „Berlin sortiert aus.“ Diese Entwicklung betreffe längst viele Menschen.


