Dänische Ministerin warnt: EU droht finanzielles Chaos durch Rüstungsausgaben
Der massive Ausbau der Verteidigungsausgaben könnte die EU an den Rand einer Finanzkrise bringen. Dänemarks Wirtschaftsministerin warnt vor einem Teufelskreis aus Schulden und instabilen Haushalten.
Brüssel. – Die EU-Staaten sehen sich mit einer doppelten Herausforderung konfrontiert: Einerseits erfordert die geopolitische Lage eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben, andererseits gefährdet genau diese Strategie die finanzielle Stabilität der Union. Dänemarks Wirtschaftsministerin Stephanie Lose warnte in einem Gespräch mit Euractiv, dass der rasche Anstieg der Militärausgaben zu „einem Problem in Form von steigenden Schuldenständen und untragbaren Finanzen“ führen könne.
NATO-Ziele verschärfen den finanziellen Druck
Hintergrund der Warnung ist ein jüngster NATO-Beschluss, dem zufolge die Mitgliedstaaten ihre direkten Militärausgaben bis 2035 auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen sollen. Dies entspricht einer Verdopplung des bisherigen Zwei-Prozent-Ziels. Zusätzlich sollen 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung in sicherheitsrelevante Infrastruktur investiert werden. Da 23 der 32 NATO-Staaten der EU angehören, betrifft die neue Zielvorgabe einen Großteil der Union.
Lose: „Verteidigungsausgaben sehr schnell erhöhen“
Lose, deren Land Anfang Juli den EU-Ratsvorsitz von Polen übernommen hat, betonte die sicherheitspolitische Notwendigkeit dieser Ausgaben. „Während weltweit wirtschaftliche Unruhen herrschen, müssen wir die Verteidigungsausgaben sehr schnell erhöhen“, so die Ministerin. Gleichzeitig warnte sie vor den ökonomischen Folgen: „Das ist ein Risikofaktor für unsere Volkswirtschaften, denn wenn wir dies nicht mit klugen Entscheidungen für einen nachhaltigeren Weg für die öffentlichen Finanzen verbinden, dann wird dies meiner Meinung nach zu einem Problem in Form von steigenden Schuldenständen und untragbaren Finanzen führen.“
EU-Fiskalregeln geraten unter Druck
Um den steigenden Kosten gerecht zu werden, hat die EU-Kommission den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben, eine sogenannte „nationale Ausnahmeregelung“ zu aktivieren. Diese erlaubt zusätzliche Verteidigungsausgaben von 1,5 Prozent des BIP, ohne gegen die strengen EU-Fiskalregeln zu verstoßen. Insgesamt 16 Staaten – darunter auch Dänemark – haben davon Gebrauch gemacht. Die Maßnahme ist Teil des „ReArm Europe“-Pakets im Umfang von 800 Milliarden Euro, das Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Abschreckung Moskaus ins Leben gerufen hat.
Frankreich, Italien und Spanien – drei der vier größten Volkswirtschaften der EU – haben jedoch darauf verzichtet, die Ausnahmeklausel zu nutzen. Der Grund ist, dass ihre Haushaltsdefizite bereits an der Grenze des Erlaubten liegen. Frankreich und Italien stehen zudem unter besonderer Beobachtung, da die Kommission gegen beide Länder sowie sieben weitere EU-Staaten ein Defizitverfahren eingeleitet hat.
Lose warnt vor finanzieller Schieflage
Lose äußerte Verständnis für die Entscheidung dieser Länder, wollte sich dazu aber nicht im Detail äußern. Sie räumte jedoch ein: „Einerseits ist es gut, wenn man sich an solide öffentliche Finanzen hält: Wenn das bedeutet, dass sie nach Wegen suchen, das NATO-Ziel von 3,5 Prozent zu erreichen, ohne sich noch stärker als bisher auf einen untragbaren Weg zu begeben, dann ist das natürlich eine gute Nachricht.“ Gleichzeitig mahnte sie: „Wenn dies jedoch bedeutet, dass es überhaupt keinen Spielraum für eine Aufstockung der Verteidigungsausgaben gibt, dann ist das natürlich ein Problem.“