Nach Sturz von Assad: Nur 1.900 Syrer verlassen Deutschland, Zehntausende wollen bleiben
Trotz des Machtwechsels in Syrien wagen nur wenige Syrer den Schritt zurück in die alte Heimat. So haben bis Ende August knapp 1.900 Syrer Rückkehrhilfen in Anspruch genommen, während die Zahl der Asylanträge wächst.
Syrer in Duisburg beim Feiern nach dem Sturz des damaligen syrischen Präsidenten Assad.
© IMAGO / Jochen TackBerlin/Damaskus. – Derzeit leben rund 955.000 syrische Staatsangehörige in Deutschland. Nach dem Abgang des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad am 8. Dezember 2024 scheint für viele eine Rückkehr denkbar, doch die Zahlen bleiben überschaubar. Laut Bundesinnenministerium haben bis Ende Mai 804 Syrer eine Förderung für die Rückkehr erhalten, bis Ende August waren es 1.867. Dem stehen 18.000 neue Asylanträge seit Jahresbeginn gegenüber.
Fehlende Infrastruktur als Rückkehrhindernis
Hilfsorganisationen machen die zerstörte Infrastruktur und Sicherheitsrisiken für die geringen Rückkehrerzahlen verantwortlich. Janine Lietmeyer, Vorstandsmitglied von World Vision Deutschland, berichtete laut n-tv nach einem Besuch in Syrien im August, die relative Normalität in Damaskus stehe in starkem Kontrast zu den Problemen in anderen Regionen. In vielen Landesteilen seien Wohnhäuser zerstört und durch Restmunition seien Gebiete unsicher.
Zahl der Syrer in Deutschland stabil
Laut Ausländerzentralregister lebten Ende Juli knapp 955.000 Syrer in Deutschland. Das sind rund 20.000 weniger als zu Jahresbeginn. Die Statistik zeigt jedoch keine Massenauswanderung. So meldete das Statistische Bundesamt in den ersten fünf Monaten lediglich 1.562 Ausreisen in Richtung Syrien. Zudem melden sich viele nicht ab, was die Zahlen verzerrt.
Ein weiterer Grund für die sinkende Zahl im Register sind Einbürgerungen. Allein im Jahr 2023 erhielten 83.150 ehemalige syrische Staatsangehörige die deutsche Staatsbürgerschaft. Viele der 2015 oder 2016 Eingereisten erfüllen inzwischen die Kriterien für die Staatsbürgerschaft, zu denen unter anderem die Sicherung des Lebensunterhalts und deutsche Sprachkenntnisse gehören.
Zehntausende neue Asylanträge
Während einige Syrer in ihre Heimat zurückkehren, steigt die Zahl der Asylbewerber weiter an. Von Januar bis Ende August stellten 17.650 Syrer einen Antrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Seit dem Machtwechsel in Syrien wird jedoch in der Regel nicht über Anträge entschieden – mit Ausnahme von Fällen, in denen andere EU-Staaten zuständig sind oder es sich um Straftäter oder Gefährder handelt. Insgesamt warten 53.187 Verfahren von Syrern auf Bearbeitung.
Keine Abschiebungen seit 2012
Ende Mai legte das Auswärtige Amt einen aktualisierten Lagebericht für Syrien vor, der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bei seinen Entscheidungen unterstützen soll. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums betonte: „Das Bundesministerium des Innern arbeitet intensiv daran, Rückführungen nach Syrien, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, zu ermöglichen und die Länder hierbei zu unterstützen.“ Dennoch gab es seit 2012 keine Abschiebungen.
Innenminister Alexander Dobrindt bekräftigte, dass er beim Thema Rückführungen vorankommen wolle. Doch selbst bei Straftätern oder Gefährdern, über deren Status inzwischen entschieden wurde, ist eine schnelle Abschiebung bislang nicht absehbar.