Gastronom gibt zu: Geschäft läuft nur noch mit billigen ausländischen Arbeitskräften
Die österreichische Gastronomie wäre ohne ausländische Arbeitskräfte kaum überlebensfähig. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor.
Mitarbeiter bei der Saisoneröffnung im traditionsreichen Schweizerhaus in Wien. (Symbolbild)
© IMAGO / SEPA.MediaWien. – Ohne zugewanderte Beschäftigte würde im österreichischen Gastgewerbe vieles stillstehen. „Ohne Zuwanderung könnte ich zusperren“, sagte der Wiener Gastronom Andreas Fuith bei einem Pressegespräch in seinem Gasthaus Schnattl. Laut einer aktuellen Studie des Demoskopieinstituts unter der Leitung des Sozialforschers Günther Ogris sind fast die Hälfte der Mitarbeiter in der Branche entweder selbst zugewandert oder Kinder von Zuwanderern.
Fuith präsentierte die Erhebung gemeinsam mit Ogris. Beide sprechen sich klar gegen politische Verschärfungen bei der Einwanderung aus. „Eine harte Einwanderungspolitik ist ein Angriff gegen die Wirtschaft, insbesondere Gastronomie und Beherbergung“, betonte Ogris.
Wien, Graz und Linz mit hohem Zuwandereranteil
Der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund ist besonders hoch in den städtischen Regionen. In Wien, Graz und Linz liegt er im Gastgewerbe laut Studie bei rund 73 Prozent. Auch in anderen Städten wie Klagenfurt, Salzburg und Innsbruck ist der Anteil mit 63 Prozent hoch. In ländlichen Bundesländern fällt der Prozentsatz zwar niedriger aus. Laut Ogris liege das jedoch daran, dass Saisonarbeiter in den verwendeten Mikrozensusdaten nicht erfasst würden. Er ergänzt, dass der reale Anteil in klassischen Tourismusregionen wie Tirol und Salzburg höher sei.
Für viele Zugewanderte sei der Einstieg in die Gastronomie der erste Kontakt mit dem Arbeitsmarkt. Laut einer Studie haben ein Viertel der Beschäftigten einen Pflichtschulabschluss, weitere fünf Prozent – etwa 3.100 Personen – haben nicht einmal einen Pflichtschulabschluss. Jede fünfte eingewanderte Arbeitskraft ist seit weniger als fünf Jahren in Österreich, rund acht Prozent haben Fluchterfahrung. Für Ogris steht fest: „Damit sind Gastronomie und Tourismus Motoren für die Integration, weil sie die wirtschaftliche Basis für viele Menschen schaffen, die eingewandert sind.“
Wer in Wien in der Gastronomie arbeitet
In Wiens Gastronomiebereich, inklusive Catering und Ausschank, sind der Studie zufolge rund 48.000 Menschen beschäftigt. Davon besitzen 35 Prozent die österreichische Staatsbürgerschaft, acht Prozent davon sind Eingebürgerte. Hinzu kommen etwas über 20 Prozent aus anderen EU-Ländern. Ähnlich viele stammen aus Asien, einschließlich Afghanistan und Syrien. Neun Prozent kommen aus den Balkanstaaten, die nicht EU-Mitglied sind, und fünf Prozent besitzen die türkische Staatsbürgerschaft.
Ein weiterer Befund der Studie lautet, dass die Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund im Durchschnitt zehn Jahre länger in der Branche bleiben. Viele Einheimische hingegen verlassen die Branchen Gastronomie und Tourismus bereits früh. Demnach hätten vor dem 40. Geburtstag bereits mehr als die Hälfte der einheimischen Erwerbstätigen ihrem Job den Rücken gekehrt. Besonders drastisch sei das bei Köchen. Laut den Daten geht der Anteil einheimischer Beschäftigter nach dem 39. Geburtstag auf zehn Prozent zurück. Insgesamt hätten drei Viertel der Menschen in diesem Beruf eine Migrationsgeschichte.
Geringeres Wirtshaussterben in Wien
Während in ländlichen Gemeinden immer mehr Gasthäuser schließen, verzeichnet Wien ein deutliches Wachstum im Gastgewerbe. In den vergangenen zehn Jahren sind 200 zusätzliche Betriebe entstanden, sodass es aktuell rund 8.900 Restaurants, Gasthäuser, Bars und Cafés in der Bundeshauptstadt gibt. Laut Ogris ist das kein Zufall, vielmehr habe die Stadt dieses Wachstum in der Gastronomie der Einwanderung und Internationalität zu verdanken.
Der Anstieg sei auf zwei Entwicklungen zurückzuführen: Die Bevölkerung Wiens wächst ebenso wie der Tourismus. Gleichzeitig weist Ogris darauf hin, dass der hohe Migrationsanteil nicht nur für die Angestellten gilt, auch die Gastronomen selbst hätten in Wien zu zwei Dritteln eine Zuwanderungsgeschichte.“ Gastronom Fuith resümiert, dass das Gastgewerbe „immer schon von Internationalität geprägt und eine offene, neugierige Branche gewesen“ sei.