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EU-Beitritt mit Schattenseiten: Kiew profitiert – Nachbarn kaum bis gar nicht

Der Ukraine winkt durch einen EU-Beitritt ein massiver wirtschaftlicher Aufschwung. Umgekehrt drohen vielen Nachbarländern in Mittel- und Osteuropa dadurch jedoch teilweise sogar Belastungen.

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Brüssel/Kiew. – Ein Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union würde der ukrainischen Wirtschaft einen massiven Auftrieb geben. Für die Nachbarländer in Mittel- und Osteuropa blieben die Vorteile hingegen überschaubar. Zu diesem Ergebnis kommt ein neuer Bericht des Polnischen Wirtschaftsinstituts, wie Euractiv berichtet.

Kiew vor wirtschaftlichem Aufschwung

Laut der im Juni veröffentlichten Analyse mit dem Titel „Gegenseitiger Nutzen: Wirtschaftliche Folgen der EU-Integration der Ukraine“ könnte das ukrainische Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Falle einer schnellen Integration um bis zu 26 Prozent steigen. Als Treiber dieser Entwicklung werden der Zugang zum EU-Binnenmarkt, der Wiederaufbau nach dem Krieg sowie Investitionszuflüsse genannt.

Sektoren wie das Baugewerbe, der Handel und die mit der vertieften und umfassenden Freihandelszone (DCFTA) verbundenen Industrien dürften demnach florieren. Ukrainische Unternehmen seien gut positioniert, um in EU-Märkte zu expandieren. Selbst bei einer langsameren Angliederung erwartet das Institut ein robustes Handels- und Investitionswachstum, vorausgesetzt, die Ukraine erfüllt die EU-Standards und setzt die bereitgestellten Mittel effektiv ein.

Geringe Wachstumsimpulse für Nachbarn

Demgegenüber fällt der wirtschaftliche Nutzen für andere mittel- und osteuropäische Staaten deutlich geringer aus. Polen ist der mit Abstand wichtigste EU-Handelspartner der Ukraine und könnte sein BIP im besten Fall nur um 0,17 Prozent steigern. Für Litauen und Ungarn werden Zuwächse zwischen 0,13 und 0,16 Prozent erwartet. Die Autoren des Berichts sprechen daher von begrenzten wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Region.

Insbesondere im Agrarsektor drohen Verwerfungen. Die Ukraine verfügt über niedrige Arbeitskosten und große landwirtschaftliche Produktionskapazitäten. Ein erleichterter Zugang zum EU-Markt könnte daher zu steigenden Exporten ukrainischer Agrarprodukte führen und heimische Produzenten in Ländern wie Polen, der Slowakei oder Ungarn benachteiligen. Bereits in den Jahren 2023 und 2024 kam es in mehreren Staaten zu Protesten von Bauern, die mit Blockaden gegen billige ukrainische Getreide- und Viehimporte protestierten. Diese setzten die Preise im Inland unter Druck.

Obwohl der Bericht die zu erwartenden Beeinträchtigungen als „gering und beherrschbar“ einstuft, stellt er klar, dass der Wettbewerbsdruck real ist – nicht nur für Polen, wo die Landwirtschaft bereits unter Inflation und hohen Energiekosten leidet, sondern auch für weitere Nachbarstaaten. Dort mildert jedoch die geringere Handelsverflechtung die Folgen etwas ab.

Risiken für Produktion und Industrie

Neben der Landwirtschaft könnten auch andere Branchen unter Druck geraten. In dem Bericht heißt es, dass das Wirtschaftswachstum der Ukraine Druck auf die Produktionskapazitäten in den mittel- und osteuropäischen Ländern ausüben könnte. Besonders betroffen wären demnach Sektoren wie die Textilindustrie und das verarbeitende Gewerbe, in denen die Ukraine durch geringere Löhne wettbewerbsfähiger sei.

Trotz der ungünstigen wirtschaftlichen Aussichten bleibt Polen einer der entschiedensten Unterstützer eines ukrainischen EU-Beitritts. Auch wenn es zuletzt wegen Agrarimporten zu Spannungen kam, betrachtet Warschau die Integration Kiews vor allem als strategischen Schritt. Ein Beitritt sei eine geopolitische Notwendigkeit, um den Einfluss Russlands zu begrenzen und die Stabilität in der Region zu sichern, so die Einschätzung.

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