Zurückweisungen, Asylanträge: Dobrindts Politik zeigt bisher kaum Wirkung
Zwar ist die Zahl der irregulären Einreisen nach Deutschland im Jahr 2025 laut Bundespolizei zurückgegangen, der Rückgang fällt jedoch nur gering aus.
Dobrindt verschaffte sich an der österreichisch-deutschen Grenze einen Eindruck von den aktuellen Grenzkontrollen.
© IMAGO / BihlmayerfotografieBerlin. – Laut einem internen Bericht der Bundespolizei ist die Zahl der irregulären Einreisen nach Deutschland im Jahr 2025 zwar gesunken, jedoch nicht so drastisch, wie es auf den ersten Blick scheint. Bis Mitte Mai wurden 22.170 unerlaubte Einreisen registriert, was einem Rückgang von rund 36 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (34.684) entspricht, wie Euronews berichtet. Die aktuellen Tageszahlen zeigen jedoch, dass sich dieser Rückgang auf einzelne Monate konzentriert und das aktuelle Niveau nur leicht unter dem des Vorjahres liegt.
Nach Angaben der Behörde kamen im Mai 2025 bis zum 13. Mai bereits mehr als 2.500 Menschen ohne Erlaubnis nach Deutschland. Im gesamten Mai 2024 waren es 7.124. Trotz zunächst rückläufiger Zahlen war in den Tagen vor der Umsetzung neuer Grenzmaßnahmen ein sprunghafter Anstieg zu beobachten. Die Feststellungen stiegen von etwa 130 auf bis zu 250 pro Tag. Nach Inkrafttreten der Anweisungen von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) am 9. Mai sank die Zahl leicht und lag zuletzt bei etwa 200 täglichen Feststellungen.
Dobrindts Grenzmaßnahmen: Symbolik oder Effekt?
In der zweiten Maiwoche kündigte Dobrindt verschärfte Grenzkontrollen und Zurückweisungen an allen Landgrenzen an. Erstmals betrafen diese auch Menschen, die unmittelbar an der Grenze ein Asylgesuch äußerten. Bereits eine Woche nach Einführung dieser Maßnahmen sprach Dobrindt von Erfolgen: „Wir können jetzt schon eine deutliche Steigerung an Zurückweisungen verzeichnen. Sie sind um 45 Prozent gestiegen.“
Das bedeutet konkret: In der Woche nach seiner Anweisung wurden 739 Einreiseversuche zurückgewiesen, das sind 228 mehr als in der Vorwoche (511). Allerdings betrafen nur 51 dieser Fälle Personen, die an der Grenze Asyl beantragten. Davon wurden 32 zurückgewiesen, was gerade einmal 2,1 Prozent der insgesamt 1.535 Asylgesuche entspricht, die laut Bundespolizei im selben Zeitraum registriert wurden. Der Großteil dieser Anträge wurde also innerhalb Deutschlands gestellt – trotz verstärkter Kontrollen.
Dobrindt verteidigte sein Vorgehen: „Wir wollen nicht, dass kriminelle Schlepper bestimmen, wer in unser Land kommt. Diese Logik der Schleuser will ich durchbrechen – die durch Bezahlung von tausenden Euro Menschen versprechen, sie ins Sozialsystem zu bringen.“ Es müsse klar sein, dass man nicht automatisch ins Land komme, wenn man an der Grenze Deutschlands stehe. Gleichzeitig betonte er: „Die anderen Asylgesuche wurden als vulnerable Gruppen identifiziert und in unser Land gelassen.“
Asylgesuche auf ähnlichem Niveau wie vorher
Dem Spiegel liegen unterdessen Daten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vor, die darauf hindeuten, dass sich die Gesamtzahl der Asylgesuche durch die neuen Maßnahmen kaum verändert hat. In der Woche vor dem 7. Mai wurden demnach 1.414 Gesuche registriert, im Durchschnitt 202 pro Tag. In der Woche nach dem 7. Mai stieg die Zahl auf 1.535, also etwa 219 pro Tag. Trotz der politischen Rhetorik ist damit keine signifikante Trendwende zu erkennen.
Ein Beamter des Bundesinnenministeriums urteilte gegenüber dem Spiegel kritisch, der Effekt der Maßnahmen sei gering, insbesondere im Verhältnis zum Aufwand, beispielsweise durch den Einsatz tausender zusätzlicher Polizisten an den Grenzen. Er sprach von einer Art „weißer Salbe“, die Wirkung zeigen solle, aber faktisch kaum Einfluss auf die Zahlen habe.
Rückgang der Asylanträge im langfristigen Kontext
Zuletzt war auch die Zahl der Asylanträge rückläufig: Von Jänner bis April 2025 wurden 52.528 Anträge gestellt, darunter 45.681 Erstanträge. Das entspricht einem Rückgang um 46,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, als 84.984 Erstanträge verzeichnet wurden. Laut Euronews basiert dieser Rückgang allerdings wesentlich auf den Maßnahmen der früheren Innenministerin Nancy Faeser (SPD), die bereits im Oktober 2023 stationäre Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und zur Schweiz eingeführt hatte. Bereits vor Dobrindts Amtsantritt war der Migrationsdruck spürbar gesunken, unter anderem, weil Länder entlang der Balkanroute, insbesondere Ungarn, ihre Grenzen schärfer überwachen.
Trotz des medialen Auftritts und der gestiegenen Zahl der Zurückweisungen bleibt die Wirkung der Dobrindt-Maßnahmen bisher also überschaubar. Die große Mehrheit der Migranten, die in Deutschland Asyl beantragen, erreicht das Land weiterhin, unabhängig von den verschärften Maßnahmen. Inwiefern sich die Asylzahlen langfristig entwickeln werden, bleibt vorerst noch fraglich.