Werteunion in der Krise: Maaßen spricht von „Putsch“ gegen ihn
Die Werteunion steckt in einer tiefen Krise: Parteichef Hans-Georg Maaßen spricht von einem Putsch und einer Machtübernahme, während seine Kritiker ihm Autokratismus vorwerfen.
Wie Maaßen zu Beginn dieser Woche in einer Videositzung mitteilte, kann er zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht sagen, ob er der Werteunion in drei Wochen noch angehören wird.
© IMAGO / Funke Foto ServicesBerlin. – Der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen steht als Parteichef der Werteunion massiv unter Druck. In einer Videokonferenz mit den Landesvorständen sagte er: „Ich weiß nicht, ob ich in drei Wochen noch der Partei angehöre.“ Er sei nicht bereit, „als Galionsfigur oder Frühstücksdirektor die Verantwortung zu übernehmen für die Partei und für Schmutzeleien hinter meinem Rücken.“ Er beklagte einen „Putsch“ und eine Machtübernahme von Leuten, die ihre Mitgliedschaft und ihre Funktion ihm zu verdanken hätten.
Streit um Parteiführung
Nach Angaben Maaßens konnte er zuletzt in Vorstandssitzungen keinen einzigen Tagesordnungspunkt aufrufen. „Ich bin wiederholt beleidigt worden.“ Zudem sprach er von „Tötungsfantasien und Nötigung“ gegen seine Person. Kritik richtet er vor allem gegen die sogenannte „Pantel-Fraktion“. Im Vorstand haben sich Sylvia Pantel, frühere CDU-Bundestagsabgeordnete, und der ehemalige AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen durchgesetzt. Formell sind beide Stellvertreter Maaßens, faktisch aber bestimmten sie zuletzt die Linie.
Eine neue Geschäftsordnung sieht vor, dass der Parteivorsitzende nicht automatisch den Vorstand führt. Stattdessen soll dieser Posten vom Vorstand gewählt werden können. Maaßen kritisierte, der Vorsitzende dürfe sich in der Öffentlichkeit künftig nur noch nach Abstimmung mit dem Vorstand äußern.
Schwache Wahlergebnisse und interne Konflikte
Unter Maaßen hatte sich die Werteunion im Februar 2024 zur Partei umgewandelt. Bei den Landtagswahlen in Thüringen erreichte sie 0,6 Prozent, in Sachsen 0,3 Prozent, bei der Bundestagswahl 0,0 Prozent. Bereits zuvor hatte Maaßen „mangelnde organisatorische Reife und Professionalität“ kritisiert. Nun spricht er von fehlenden Mitgliedern, leeren Kassen und keiner „funktionierenden und kooperativen Parteiführung“. Teile der Partei werfen Maaßen autoritären Führungsstil und mangelnde Teamfähigkeit vor. Unterstützer sehen ihn als Opfer einer gezielten Machtverschiebung.
Reaktionen aus dem Vorstand
Pantel und fünf weitere Vorstandsmitglieder gingen auf die Vorwürfe nicht ein. Sie erklärten laut T-Online, man stehe zu einer „gelebten innerparteilichen Demokratie“ und lehne persönliche Angriffe ab. Ziel sei es, „geschlossen“ die programmatischen Inhalte umzusetzen.
Bereits zuvor hatten Vorstände die Partei verlassen, darunter Kay-Achim Schönbach, Ex-Vizeadmiral und Maaßens Stellvertreter im Gründungsvorstand. Er wechselte zu „Bündnis Deutschland“. Maaßen selbst verhinderte nach Darstellung seiner Kritiker eine Fusion mit dieser Partei. Im Förderverein der Werteunion setzte er den Ausschluss mehrerer Mitglieder durch – wegen „erheblichen vereinsschädigenden und satzungswidrigen Verhaltens“.
Zudem sorgte Maaßens politischer Kurs für Irritation. Er zerschnitt öffentlich seinen CDU-Ausweis und bezeichnete die CDU als „herz- und hirntot“. Später nannte er die CDU „Premiumpartner“. Gegenüber den Landesvorsitzenden grenzte er sich jüngst von der AfD ab, sie sei keine Alternative. Zwar benenne die AfD Probleme korrekt, „die Lösungsvorschläge seien aber vielfach nicht freiheitlich und nicht konservativ, sondern rechts“. „Ich werde mir in den nächsten Wochen genau überlegen, welcher Weg für mich der richtige ist“, kündigte Maaßen an.
Pretzell: Parteien grundsätzlich problematisch
Der frühere AfD-Politiker Marcus Pretzell äußerte sich auf X zu den Vorgängen. „Das hier ist ein Beispiel aus der Werteunion, aber es geschieht täglich in jeder Partei.“ Beispiele gebe es aus CDU, FDP und AfD. „Kurzum, was hier beschrieben ist, geschieht in jeder Partei, wie wir sie kennen. Weil die Struktur so funktioniert und entsprechende Anreize setzt und weil Menschen in solchen Strukturen in großer Zahl so agieren.“
Pretzell kritisierte die Funktionsweise der Parteien insgesamt: „Nun muss aber niemand glauben, dass eine Struktur, die intern so operiert, in der Lage wäre unser Land positiv zu verändern.“ Und weiter: „Niemand würde eine Firma damit beauftragen, die Mauern seines Hauses zu errichten, wenn der interne Ablauf vergleichbar mit dem von Parteien wäre.“
Kampf um Machtstrukturen
Er plädierte für eine neue Organisationsform: „Genau deshalb rede ich seit Jahren davon, dass man Partei neu denken und organisieren muss. Das geht! Das lässt das Parteiengesetz zu! Es tut bloß niemand bisher!“ Sein Projekt „Team Freiheit“ solle anders aufgestellt und die internen Anreize anders gesetzt werden, „damit die Kraft der Akteure nicht in internen Scharmützeln aufgerieben wird“.
„Auseinandersetzungen zwischen Menschen sind normal. Das gibt es in jedem Unternehmen. Aber Unternehmen haben völlig andere Lösungsmechanismen dafür“, betonte Pretzell. In Parteien hingegen kämpften Menschen „um Machtstrukturen, die ohnehin keinerlei Gestaltungskraft mehr erringen können“. Da sei es „völlig egal“, ob diese „sinnlosen Aktionen“ in der Werteunion oder der FDP ablaufen. „Bessere Menschen haben wir nicht, aber bessere Strukturen können wir gestalten“, so Pretzell abschließend.