Trotz Geldmangels: Bayerischer Landkreis schafft fünf Vollzeitstellen für Asylberatung
Trotz der angespannten Haushaltslage wird der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen künftig die Asylsozialberatung selbst übernehmen und dafür gleich mehrere neue Stellen schaffen.
Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen übernimmt künftig die Asylsozialberatung in Eigenregie. (Symbolbild)
© IMAGO / photothekDer Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen stellt sich nach der Insolvenz des bisherigen Trägers „Hilfe von Mensch zu Mensch“ neu auf. Trotz der engen Haushaltslage wird der Kreis künftig die Asylsozialberatung in Eigenregie übernehmen und dafür die geplanten Stellen deutlich aufstocken, wie Merkur berichtet.
Bruch mit externer Vergabepraxis
Seit dem 1. Juli findet in den Unterkünften keine Asylsozialberatung mehr statt. Gespräche mit freien Trägern verliefen ergebnislos, da diese die Übernahme dieser Aufgabe an eine vollständige Finanzierung durch den Freistaat und den Landkreis knüpften. Im Raum standen 300.000 Euro, die der Kreis zusätzlich zu den 90 Prozent Personalkosten, die der Freistaat übernimmt, allein hätte schultern müssen.
„Das ist zu teuer“, betonte Andreas Baumann, Leiter des Sachgebiets Asyl am Landratsamt, im Kreistag. Bislang belief sich der Zuschuss des Landkreises an den früheren Träger lediglich auf 60.000 Euro. Die Verwaltung schlug daher vor, künftig eigene Mitarbeitende für die Beratung einzustellen.
Diskussion um Stellenanzahl und Beratungsform
Ursprünglich war der Kreis von drei Vollzeitstellen ausgegangen, was der Kreisausschuss vorab mehrheitlich befürwortete. Im Kreistag forderten Grüne und SPD jedoch mindestens fünf Stellen. Zudem kritisierten beide Fraktionen, dass die Beratung vor allem im Landratsamt stattfinden solle.
Annette Heinloth (Grüne) forderte, die Beratung müsse vor Ort angeboten werden. Ihrer Ansicht nach ist eine Präsenz in den Unterkünften unerlässlich, um mit den ehrenamtlichen Helfern zu netzwerken. Zudem äußerte sie Zweifel, ob Hilfesuchende Behörden aufsuchen würden: „Das sind Menschen, die vor Behördenwillkür geflohen sind. Die kommen nicht in eine Behörde.“ Fritz Meixner (SPD) wies auf die unklare Lage hinsichtlich der Sparpläne des Innenministeriums im Bereich des Sicherheitsdienstes hin: „Wenn der wegfällt, haben wir in den Unterkünften gar nichts mehr.“
Die Grünen forderten außerdem, die Gespräche mit den freien Trägern erneut aufzunehmen. Landrat Josef Niedermaier (FW) lehnte dies jedoch strikt ab: „Dieser Eigenanteil ist für uns in vielen Bereichen essenziell. Er ist ein Regulativ, die Wirtschaftlichkeit einzuhalten.“ Eine Finanzierung ohne Beteiligung der Träger sei keine Option: „Ich warne davor, dieses Fass aufzumachen.“ Auch Abteilungsleiter Wolfgang Krause hielt weitere Verhandlungen für sinnlos.
Beratung auch dezentral geplant
Letztlich einigte sich der Kreistag auf die Schaffung von fünf Vollzeitstellen. „Es wird auch feste Sprechzeiten in den Unterkünften geben“, versicherte Baumann. „Aber die Leute können schon auch zu uns ins Landratsamt kommen“, betonte er.
Auch in der CSU-Fraktion wurde diese Lösung mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Fraktionschef Martin Bachhuber zeigte sich „überrascht“, dass nun fünf Stellen geschaffen werden sollen. „Für uns hat Herr Baumann das im Kreisausschuss schlüssig dargestellt, warum man mit drei Stellen beginnen kann.“ Auch Ingo Mehner (CSU) lobte Baumanns Argumentation: „Ich weiß nicht, ob wir zwei, drei oder zehn Stellen brauchen. Am ehesten weiß das Herr Baumann.“ Seine Begründung, warum drei Stellen ausreichen, sei „logisch und nachvollziehbar“ gewesen. Mehner zufolge könne man immer noch aufstocken.
Mehrheit stimmt für Kompromissvorschlag
Der FW-Fraktionschef Hubert Oberhauser zeigte sich kompromissbereit: „Man sieht ja dann, wie es funktioniert. Und man kann Asylbewerbern schon zumuten, das Landratsamt aufzusuchen.“ Klaus Heilinglechner (FW) hielt fünf Stellen hingegen für „fast noch zu wenig“ und forderte dezentrale Beratungsangebote zumindest in den Unterkünften der drei Städte.
Der Antrag der Grünen, der ausschließlich aufsuchende Beratung, fünf Stellen und erneute Verhandlungen mit freien Trägern vorsah, scheiterte mit 18:34 Stimmen. Die SPD zog ihren Antrag zurück. Schließlich wurde der Kompromissvorschlag mit 39:13 Stimmen beschlossen. Der Landrat wird beauftragt, die Flüchtlingsintegrationsberatung mit fünf Vollzeitstellen im Landratsamt aufzubauen und diese durch dezentrale, aufsuchende Beratung in den Unterkünften zu ergänzen.