OECD-Vergleich: Österreich hat die höchsten Sozialausgaben
Österreich leistet sich laut Agenda Austria den teuersten Sozialstaat aller OECD-Länder. Gleichzeitig explodieren die Arbeitskosten und setzen die Unternehmen zunehmend unter Druck.
Der Ökonom Kucsera erinnert daran, dass die Sozialausgaben infolge der Coronapandemie deutlich gestiegen sind.
© Foto von CARTIST auf UnsplashWien. – Während in der politischen Diskussion oft betont wird, wo auf keinen Fall gespart werden darf – etwa beim Sozialbudget – zeigen neue Zahlen der Agenda Austria, dass sich Österreich einen besonders großzügigen Wohlfahrtsstaat leistet. Laut aktuellen Daten des Think Tanks gibt kein anderes OECD-Land gemessen an der Wirtschaftsleistung mehr für Soziales aus. Hätte man die Sozialquote von 2019 beibehalten, wären die jährlichen Ausgaben heute um rund 18 Milliarden Euro niedriger.
Kritik an fehlendem Reformwillen nach Pandemie
Agenda Austria-Ökonom Dénes Kucsera erinnerte daran, dass die Sozialausgaben infolge der Coronapandemie stark gestiegen seien. Aus seiner Sicht wurde es aber verabsäumt, nach dem Ende der Krise gegenzusteuern. „Verständlicherweise sind die Sozialleistungen in der Corona-Pandemie stark ausgeweitet worden. Doch der Staat hat es nicht geschafft, nach der Krise das Bremspedal zu finden“, so Kucsera. Um den kommenden Generationen einen funktionierenden Sozialstaat zu hinterlassen, seien Strukturreformen notwendig. „Will die Regierung den kommenden Generationen einen funktionierenden Sozialstaat hinterlassen, gilt es jetzt Reformen zu setzen“, mahnt der Ökonom.
Mit der Begrenzung der geringfügigen Zuverdienste sei ein erster Reformschritt gesetzt worden. Kucsera forderte aber weitergehende Maßnahmen. Es müssten noch viel größere Schritte bei Gesundheit, Pension und anderen Sozialleistungen folgen. Der Sozialstaat dürfe sich nicht als universelles Angebot für alle Bürger verstehen, sondern müsse sich auf jene konzentrieren, die ihn wirklich brauchen.
Arbeitskosten auf Rekordniveau
Ein weiterer Kostenfaktor, der sich direkt auf die Unternehmen auswirkt, ist die Lohnentwicklung. In den letzten 16 Jahren sind die Arbeitskosten pro Stunde in Österreich von 26,40 Euro (2008) auf 44,50 Euro (2024) gestiegen. Damit liegt Österreich bereits an fünfter Stelle der teuersten EU-Länder – noch vor Ländern wie Frankreich, Deutschland und Schweden. Nur Luxemburg, Dänemark, Belgien und die Niederlande weisen noch höhere Arbeitskosten auf. Im Jahr 2008 lag Österreich noch an zehnter Stelle.
Kucsera warnt vor den Folgen dieser Entwicklung. Steigende Kosten ohne entsprechende Produktivitätssteigerungen gefährdeten die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft. Eine Entwicklung, die Sorgen mache. Es seien nicht nur die Bruttolöhne, die den Faktor Arbeit verteuern. Vielmehr würden die hohen Lohnnebenkosten auf den Faktor Arbeit drücken. Die Folgen seien bereits spürbar: „Die Folge ist leider ein Verlust an Arbeitsplätzen, besonders in der exportorientieren Industrie. Wer neue Jobs schaffen will, muss diesen Kostenblock entschärfen“.
Hohe Belastung auch in Deutschland
Auch in Deutschland belasten hohe Arbeitskosten die Unternehmen. Wie das Statistische Bundesamt jüngst mitteilte, lag der durchschnittliche Stundenlohn im Jahr 2024 bei 43,40 Euro – rund 30 Prozent über dem EU-Durchschnitt von 33,50 Euro. Im Verarbeitenden Gewerbe lagen die Kosten sogar bei 48,30 Euro pro Stunde, womit Deutschland im EU-Vergleich an vierter Stelle lag. Auch bei den marktbestimmten Dienstleistungen lagen die Kosten mit 42,10 Euro deutlich über dem Durchschnitt. Zwar hat sich der Abstand seit 2022 nicht weiter vergrößert, der Unterschied ist aber nach wie vor beträchtlich. Die höchsten Kostensteigerungen waren in Polen, Kroatien und Bulgarien zu verzeichnen.