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Nebelkerzen statt Zahlen: Wie Bayern beim Familiennachzug mauert

Die Bayerische Staatsregierung bleibt beim Thema Familiennachzug Antworten schuldig. Anstelle von Zahlen, Fakten oder Reformplänen gibt es nur Zuständigkeitsverweise, Lücken und Allgemeinplätze.

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Nebelkerzen statt Zahlen: Wie Bayern beim Familiennachzug mauert

Der bayerische Staatssekretär Sandro Kirchner antwortete auf Fragen zum Familiennachzug nicht konkret, sondern ausweichend.

© IMAGO / Sven Simon

München. – Wie viele Menschen kamen in den Jahren 2024 und 2025 im Rahmen des Familiennachzugs nach Bayern? Wie lange dauert ein solches Verfahren? Aus welchen Herkunftsländern kamen die meisten Menschen? Was kostet das Ganze eigentlich – für Staat und Antragsteller? All diese Fragen hat der Landtagsabgeordnete Rene Dierkes in einer schriftlichen Anfrage an das Bayerische Innenministerium gestellt. Die Antwort des Staatssekretärs Sandro Kirchner (CSU), die FREILICH exklusiv vorliegt, fiel allerdings ausweichend, unvollständig und oft nichtssagend aus.

Keine Zahlen, keine Statistiken

Zu Beginn stellt das Ministerium klar: „Im Verfahren zum Familiennachzug liegt die Verfahrensherrschaft für Visumerteilungen zum Familiennachzug – zu deutschen wie zu ausländischen Staatsangehörigen – beim Bund.“ Visa würden „ausschließlich von den deutschen Auslandsvertretungen erteilt“, die zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes gehören.

Immer wieder wird im weiteren Verlauf der Beantwortung genau darauf verwiesen, sodass zahlreiche Fragen letztlich unbeantwortet bleiben. So heißt es etwa zu den Punkten Anträge, Genehmigungen, Bearbeitungszeiten und Verzögerungsgründe: „Zu den [...] angefragten Daten stehen der Staatsregierung keine statistischen Erfassungen zur Verfügung, da die Verantwortung über die Visaverfahren [...] beim Auswärtigen Amt liegt.“

Selbst wenn sich die Fragen auf Aufenthaltserlaubnisse nach erfolgter Einreise bezogen, konnten sie nicht beantwortet werden: „Für eine Beantwortung wäre eine händische Einzelauswertung von Fallakten, Datenbeständen oder Verfahrensakten erforderlich, die [...] aufgrund des Umfangs nicht erfolgen kann.“

Syrien, Türkei, Kosovo unter den Spitzenreitern

Einige Daten nennt die Staatsregierung dann aber doch, allerdings nur rückblickend für den Zeitraum von 2014 bis 2024 und ohne konkrete Zahlen: Demnach kommen die meisten nachgezogenen Familienangehörigen in Bayern aus dem Kosovo, aus Bosnien und Herzegowina, aus Syrien, aus Indien und aus der Türkei.

Auf die Frage, wie viele nachgezogene Angehörige aus EU- oder Drittstaaten kommen, bleibt die Antwort ebenso vage. Es wird lediglich auf frühere Angaben verwiesen, die um den Hinweis ergänzt werden, dass „der Aufenthaltsort vor der Einreise zum Familiennachzug nicht bekannt ist.“

Was kostet das Verfahren?

Auch zum Themenkomplex „Gebühren und Kosten” gibt es kaum Konkretes: „Die Gebühren, Befreiungen und Ermäßigungen ergeben sich aus den Vorschriften der §§ 44 ff. Aufenthaltsverordnung. Das Gebührenaufkommen kann nicht beziffert werden, zumal die Gebühren für die Visumerteilung durch die Auslandsvertretungen erhoben werden“, heißt es in der Antwort. Auch zur Frage nach den durchschnittlichen Kosten pro Verfahren für Antragsteller oder Verwaltung gibt es keine Informationen, da die Verantwortung über die Visaverfahren beim Auswärtigen Amt liegen, wie betont wird.

Dierkes wollte zudem wissen, wie oft Familiennachzugsanträge gerichtlich angefochten wurden und wie die Verfahren ausgegangen sind. Doch auch hier wird abgewiegelt: „Da für die Erteilung bzw. Nichterteilung von Visa die deutschen Auslandsvertretungen zuständig sind, werden etwaige Klageverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland geführt. Örtlich zuständiges Gericht ist das Verwaltungsgericht Berlin“. Der Staatsregierung stünden somit keine statistischen Erfassungen zur Verfügung.

Digitalisierung, Kooperation, Prozessoptimierung

Auf Fragen nach Digitalisierungsfortschritten oder institutioneller Zusammenarbeit liefert die Regierung bestenfalls Allgemeinplätze. Zwar heißt es, die Übermittlung der Visavorgänge an die Ausländerbehörden im Rahmen der internen Beteiligung erfolge „zwischenzeitlich vollständig digital“ und für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bestehe die Möglichkeit, online Anträge zu stellen, doch wie effizient oder flächendeckend das funktioniert, bleibt offen. Konkrete Fragen zu Reformen, Benchmarks oder geplanten Verbesserungen des Verfahrens werden gar nicht erst beantwortet. Es heißt wörtlich: „Eine Aussage diesbezüglich kann seitens der Staatsregierung nicht getroffen werden.“

Minderjährige Kinder, nachziehende Eltern

Auch bei dem besonders sensiblen Thema des Familiennachzugs von Kindern ohne Eltern oder umgekehrt zeigt sich das Ministerium ahnungslos. Wörtlich heißt es: „Zu diesen angefragten Daten stehen der Staatsregierung keine statistischen Erfassungen zur Verfügung.“ Bezüglich des Punkts „Sonderregelungen für Jugendliche oder Alleinerziehende” wird lediglich auf die Gesetzeslage verwiesen: „Der Staatsregierung sind keine über die in den §§ 27 ff. Aufenthaltsgesetz enthaltenen Privilegierungen hinausgehenden Sonderregelungen bekannt.“

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