Gutachten zum AfD-Verbot: Das sagt die Partei dazu
Nachdem ein Gutachten von 17 Verfassungsrechtlern und Professoren zu einem möglichen Verbotsverfahren gegen die AfD die Erfolgsaussichten eines solchen Verfahrens festgestellt und dies mit „Belegen“ untermauert hat, äußert sich nun auch der Rechtsanwalt und staats- und verfassungsrechtliche Sprecher der AfD, Christian Wirth, zu dem Papier.
Eines ist klar: die kritische Auseinandersetzung mit der Rechtswissenschaftlichen Stellungnahme zu einem Parteienverbotsverfahren gegen die „Alternative für Deutschland“ (AfD), die 17 Professoren aus dem öffentlichen Recht erstellt haben, wird unweigerlich zur Aufnahme auf der Beispielsliste führen, die der mageren 13-Seitigen rechtlichen Stellungnahme beigefügt ist. Zu durchsichtig ist die Absicht der bekannten links-grünen Protagonisten, die sich, ähnlich mancher Medien, nicht zu schade sind, Regierungsmeinungen und Ansichten des Verfassungsschutzes zu reproduzieren. Die Rechtswissenschaft bleibt hier mangels Neutralität und mangels tatsächlicher wissenschaftlicher Auseinandersetzung auf der Strecke. Bei Medien mag man das noch verstehen, bei Professoren, die Rechtswissenschaftler ausbilden sollen, ist dies unentschuldbar.
Beim Verfassungsschutz abgeschrieben
Das Gutachten bedient sich der üblichen Behauptungen der Altparteien und der weisungsgebundenen Ämter des Verfassungsschutzes: Die AfD (in Teilen) und deren Mitglieder (in Teilen) würden sich eines ethnisch-kulturellen Volksbegriffs bedienen, seien ausländer- und islamfeindlich, sexistisch, homo- und transphob, queer-feindlich und würden sich einer ableistischen Agitation bedienen. Und natürlich wolle man die freiheitliche demokratische Grundordnung abschaffen. Und da das in Teilen der Partei und bei Teilen der Mitglieder der Fall sei, müssen das wohl die ganze Partei und alle Mitglieder wollen, und zwar kämpferisch und aktiv, sonst käme wohl ein Verbotsverfahren nicht in Betracht. Aha! Der geneigte Leser mag sich die Fallbeispiele auf den Seiten 14 bis 31 durchlesen (wohl bei Herrn Haldenwang abgeschrieben) und sich fragen, ob er da nicht auch stehen könnte, wenn er sich im Rahmen der freien Meinungsäußerung (Art. 5 GG) zu politischen Themen äußert, gerne auch überspitzt.
Was das Gutachten nicht thematisiert
Womit beschäftigt sich das Gutachten nicht? Hier einige Beispiele: Natürlich hatte der verfassungsgebende Gesetzgeber eine wehrhafte Demokratie im Auge angesichts des Scheiterns der Weimarer Demokratie und den furchtbaren Auswüchsen der nationalsozialistischen Diktatur. Natürlich darf es keine Partei geben, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung beseitigt. Aber, was das Gutachten verschweigt, der verfassungsgebende Gesetzgeber wollte auch die Parteien, und damit den Willen des Souveräns (des Volkes!), schützen, da es gerade die Nazis waren, die 1933 alle Parteien verboten haben.
Das Grundgesetz vertritt das Ideal der Freiheit. Dies gilt für die Freiheit des Einzelnen, aber auch für die Freiheit, wenn es um Parteien, Politik, Demokratie geht. Wir haben nach dem Grundgesetz eine Parteiendemokratie, in der es um den Wettbewerb um Ideen, Argumente und Personen geht. Und gerade die Grundrechte sind die Rechte, die den Einzelnen, aber auch die Parteien vor der Willkür der gerade herrschenden Meinung schützen sollen, nicht umgekehrt, wie man heute zum Teil glauben möchte. Nicht die Regierung soll sich mit Hilfe des Grundgesetzes vor dem Souverän schützen können. Das Parteienverbot und damit das Unterbinden der Meinung von 20 bis 30 Prozent der Wähler wäre der Sargnagel der Demokratie. Hiervon ist in dem Gutachten nichts zu lesen.
UN-Charta wird ignoriert
Natürlich wird in diesem Gutachten wieder ausgeführt, dass ein ethnisch-kultureller Volksbegriff gegen die Menschenwürde verstößt und somit verfassungswidrig sei. Aber selbst die von den Verfassern zitierte UN-Charta für Menschenrechte geht von einem solchen ethnisch-kulturellen Volksbegriff aus. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist ein völkerrechtlicher Grundsatz. Er besagt, dass jedes Volk das Recht hat, frei über seinen politischen Status, seine Staats- und Regierungsform und seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu entscheiden. Dies schließt seine Freiheit von Fremdherrschaft ein. Dieses Selbstbestimmungsrecht ermöglicht einem Volk die Bildung einer Nation beziehungsweise eines eigenen nationalen Staates oder aufgrund freier Willensentscheidung den Anschluss an einen anderen Staat.
Auch das Grundgesetz und die Länderverfassungen kennen ethnisch-völkische Grundsätze. Warum gäbe es sonst Einbürgerungserleichterungen für Russlanddeutsche noch nach Generationen. Warum werden Sorben in der sächsischen Verfassung besondere Rechte eingeräumt. Warum sitzt der Abgeordnete mit dänischer Ethnie im Bundestag, ohne die 5-Prozent-Hürde beachten zu müssen? Gerade das Selbstbestimmungsrecht der Völker muss erlauben, dass man entscheiden darf, wer in diesem Land lebt und nach welchen Regeln. Will man ein durch Christentum und ein durch die Aufklärung geprägtes Land, oder möchte man akzeptieren, dass eine illegale Masseneinwanderung dazu führt, dass islamische Lebensformen sich zunehmend in Ballungsräumen durchsetzen? Dass Frauen, Homosexuelle, Juden Menschen bestenfalls 2. Klasse sind? Darf man dies nicht diskutieren? Verfassungsfeindlich?
Keine Auseinandersetzung mit den Grundrechten
Das Gutachten lässt eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Grundrechten völlig vermissen. Was ist mit Art. 5 GG und der Meinungs- und Pressefreiheit und dem Zensurverbot? Diese gelten gerade auch für Politiker, wer soll denn sonst die Meinung des Volkes transportieren? Und ja, auch in überspitzter Form. Was ist mit Art. 8 GG, der Versammlungsfreiheit (übrigens ein „Deutschenrecht“ und kein „Jedermannsrecht“)? Und was ist mit der Koalitionsfreiheit, die auch für Parteien gilt? Kein Wort hierzu.
Aber natürlich wird völlig kritiklos von der „Delegitimierung demokratischer Prozesse und Akteure“ fabuliert und meint wohl das vom Bundesamt für Verfassungsschutz unter Haldenwang und/oder auch vom Ministerium des Inneren unter Faeser neu erfundenen Phänomens der „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“. Ein Phänomen, das weder das Grundgesetz noch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kennt, aber jeden Bürger seit den Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen (deren Kritik sich als durchaus gerechtfertigt erwiesen haben) oder auch den Demonstrationen der Landwirte unter Beobachtung des Verfassungsschutzes bringen kann. Eine solche Ausweitung der grundrechtlichen Schranken erfährt bei den Unterzeichnern nicht nur keine rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung, nein, man wendet diesen Phänomenbereich unkritisch und verfassungswidrig auf Politiker der AfD und zugunsten eines Verbotsverfahrens gegen die AfD an.
Quo vadis jurisprudentia. Manchmal stellt man sich die Frag: Sind die Unterzeichner Staatsrechtler oder, frei nach Baerbock, kommen sie eher aus dem Staatsrecht?