Demokratie unter Beobachtung: Wie „Rechtsextremismus“ hergestellt wird
Wer als „rechtsextrem“ eingestuft wird, gerät schnell ins Visier eines gut eingespielten Systems aus Medien, NGOs, Justiz und Politik. Matisse Royer beschreibt, wie sich ein solcher Kreislauf der Diskreditierung etabliert und warum dieser die demokratische Debatte erstickt.
Mittels eines linken Ökosystems ist es möglich, Betroffene oft ohne Belege als „rechtsextrem“ zu etikettieren. (Symbolbild)
© IMAGO / dts NachrichtenagenturSeit einigen Jahren ist ein besorgniserregendes Phänomen zu beobachten. Die meisten Medien stufen Personen, Vereinigungen oder Strömungen als „rechtsextrem“ ein. Dabei stützen sie sich insbesondere auf den Diskurs der extremen Linken. Es spielt keine Rolle, ob die Betroffenen eine andere Position vertreten oder ob ihre Ideen eine inhaltliche Diskussion verdienen. Das Etikett allein reicht aus, um ihr Schicksal zu besiegeln.
Doch dieses Etikett ist nicht neutral. Es löst eine Reihe von Kettenreaktionen aus. Medienkampagnen, administrative oder gerichtliche Untersuchungen zum Beispiel. Schon die Tatsache, dass es eine Kontroverse gibt, reicht aus, um ein Verfahren einzuleiten. Dieses Verfahren wird dann zum rückwirkenden Beweis für den „Extremismus” der Gruppe oder Person, gegen die sich die Polemik richtet.
Linke Deutungshoheit und der Verlust der Debattenkultur
Fast jeder auf der rechten Seite hat das zu spüren bekommen. Die Mechanik des ideologischen Ausschlusses macht jedoch nicht an Parteigrenzen halt: Selbst manche Linke werden sofort geächtet, wenn sie es wagen, einen als „dezentriert“ empfundenen Gedanken zu äußern. Ein Beispiel: Auf der von der radikalen Linken organisierten Fête de l'Humanité in Frankreich wurde der aus demselben politischen Lager stammende Abgeordnete François Ruffin von der Menge öffentlich als „Faschist“ beschimpft. Was war der Grund dafür? Er hatte die Strategie seines ehemaligen Verbündeten Jean-Luc Mélenchon kritisiert und ihm vorgeworfen, die ländliche Wählerschaft zu vernachlässigen und sich fast ausschließlich auf die Jugendlichen in den Arbeitervierteln zu konzentrieren.
Eine aufschlussreiche Gleichung hat sich durchgesetzt: Über den ländlichen Raum zu sprechen hieße, über „Weiße“ zu sprechen, also mit dem „Faschismus“ zu flirten. So kommt es, dass die radikale Linke auf einem System der Denunziation und politischen Gewalt beruht. Die Debatte wird eliminiert, es bleibt nur die Anklage. Ob man nun Tino Chrupalla, Jordan Bardella, der ein patriotisches Medium leitet, oder ein einfach engagierter Bürger ist, niemand ist davor sicher.
Es geht nicht mehr um einen Austausch von Ideen, sondern um eine systematische Diskreditierung, bei der Gewalt – sei sie moralischer oder physischer Natur – an die Stelle des Dialogs tritt. Diese Gewalt wird von militanten, linksradikalen Netzwerken geschürt und organisiert. Diese Netzwerke geben vor, die Demokratie zu verkörpern, verweigern ihren Gegnern jedoch das Recht, im öffentlichen Raum zu existieren.
Politische Instrumentalisierung von Institutionen und Medien
Die Alternative für Deutschland (AfD) wurde über Jahre hinweg als „rechtsextrem“ und als „Gefahr für die Demokratie“ dargestellt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufte die Partei schließlich offiziell als „extremistischen Verdachtsfall“ ein. Diese Einstufung wurde sofort von allen Presseorganen und politischen Akteuren aufgegriffen und ermöglichte es einigen, die vollständige Ächtung der Partei zu rechtfertigen. Was viele jedoch lieber verschweigen, ist die Tatsache, dass ein Verwaltungsgericht in Köln diese Einstufung aussetzte, da sie gegen die Grundprinzipien der politischen Neutralität und der Verhältnismäßigkeit verstoße.
Die Geheimdienste wurden somit für politische Zwecke instrumentalisiert. Dies zeigt, wie der Vorwurf des „Extremismus“ als politischer Hebel eingesetzt werden kann, um einen Gegner außerhalb jeglicher demokratischer Debatten zu disqualifizieren. Wenn eine legale Partei, die von Millionen Wählern unterstützt wird, nur aufgrund einer Entscheidung eines Dienstes oder eines Medienorgans als illegitim behandelt werden kann, dann ist das ein Angriff auf die Gerechtigkeit.
Ein geschlossenes System wechselseitiger Bestätigung
Dieses System ist ein Ökosystem: Es ist vernetzt, autoritär und jeder Akteur bestätigt die anderen. Es handelt sich um eine Verstärkerschleife. Journalisten veröffentlichen einen belastenden Artikel, der wiederum zum Rohstoff für eine NGO, einen Thinktank, eine Aktivistengruppe oder eine akademische Studie wird. Diese Studie wird dann von gewählten Vertretern in einer nationalen oder europäischen Instanz erwähnt. Sie berufen sich darauf, um eine gerichtliche oder administrative Reaktion zu fordern. Dann berichten dieselben Medien, dass „Institutionen besorgt sind“, womit sich der Kreis schließt.
Es handelt sich um einen sich selbst verstärkenden Mechanismus, bei dem sich die Quellen gegenseitig den Ball zuspielen und die Verantwortlichkeiten völlig undurchsichtig sind. Zu keinem Zeitpunkt noch zu einer anderen Gelegenheit besteht die Notwendigkeit, stichhaltige Belege zu präsentieren. Es ist die wiederholte Äußerung des Verdachts durch Stimmen, die als legitim wahrgenommen werden, die als Wahrheit fungiert.
Gewissenlose Methoden
Ich habe es selbst erlebt: Ich bin Opfer einer Verleumdungskampagne geworden, weil ich Verbindungen zu patriotischen Strukturen auf europäischer Ebene habe – seien es Wahlbewegungen, Zeitungen oder sonstige Bewegungen. Mir wird vorgeworfen, Verbindungen zu dem österreichischen Intellektuellen Martin Sellner zu haben. Linke Aktivisten bringen ihn schnell mit dem Christchurch-Attentäter Brenton Tarrant in Verbindung. Die Quelle dieser Anschuldigung? Eine Reihe von Artikeln über einen alten Fall, der inzwischen zu den Akten gelegt wurde.
In diesen Artikeln wird behauptet, Sellner habe Tarrant allein deshalb „nahe“ gestanden, weil die Génération Identitaire eine Spende von dem späteren Attentäter Tarrant erhalten habe. Die Artikel lösten eine Welle von Verdächtigungen aus, die zu einer formellen Untersuchung führten. Im Zuge dessen wurde Martin Sellners Wohnung durchsucht und seine Telefone, Computer sowie seine persönliche Kommunikation beschlagnahmt. Das Ziel war offensichtlich: Man wollte eine Verbindung zwischen ihm und dem Terroristen herstellen. Sellner bestritt jedoch stets jeden Kontakt mit Tarrant und die Ermittler kamen schließlich zu dem Schluss, dass er nichts damit zu tun hatte. Der Fall wurde zu den Akten gelegt.
Er ist unschuldig. Und doch kommt die Maschinerie nicht zum Stillstand. So wurde dem heutigen FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl vorgeworfen, 2016 an einem Kongress teilgenommen zu haben, auf dem auch identitäre Figuren – darunter Sellner – anwesend waren. Nichts Illegales, nichts Belastendes – aber es reichte aus, um den Vorwurf des Extremismus durch Assoziation in die Welt zu setzen. Diese Verkettung ist ein perfektes Beispiel für den Mechanismus, den ich anprangere.
Die bleibende Stigmatisierung
Ein kleiner oder sogar harmloser Vorfall wie das Zeigen des „OK“-Zeichens kann eine Verurteilung auslösen. Er dient als Ausgangspunkt für eine Kaskade von Vorverurteilungen. Eine Reihe von Artikeln erzeugt eine „Kontroverse“ und dient als Vorwand für eine Untersuchung. Selbst wenn diese zu dem Ergebnis kommt, dass der Betroffene unschuldig ist, nährt sie den Medienkreislauf. Die Wahrheit löscht den Medienfleck nie ganz aus. Der Verdacht bleibt bestehen, weil er eine Erzählung nährt, die für ein bestimmtes Narrativ nützlich ist und darauf abzielt, Aktivisten zu ächten. Und aufgrund dessen finde ich mich in der Situation wieder, mich vor meiner Fakultät rechtfertigen zu müssen, obwohl ich nie ein Problem verursacht und nie an einer gewalttätigen Aktion teilgenommen habe.
Der Fall der AfD in Deutschland, wie so viele weitere in anderen Teilen Europas, zeigt, dass diese Fehlentwicklung sehr real ist. Nicht mehr die Wahlurne, die Debatte oder das Gegenargument sind ausschlaggebend, sondern die Verfahren, die Ausschreibungen und die Verleumdungskampagnen. Diese Entwicklung ist gefährlich, da sie das Vertrauen in die Institutionen untergräbt. Wenn Justiz oder öffentlicher Dienst als ideologische Instrumente wahrgenommen werden, bricht ihre tatsächliche Autorität zusammen. Dieses schädliche Klima hat seinen Preis: die Meinungsfreiheit und den politischen Pluralismus, die für eine funktionierende Demokratie essenziell sind.