Bayern als Rüstungsweltmeister? Söders Millionen-Forderung für die Waffenlobby
Bayern beansprucht eine Spitzenrolle in der deutschen Rüstungsindustrie für sich und investiert dafür jährlich Millionen. Nun will Ministerpräsident Markus Söder ein Viertel der Verteidigungsausgaben für den Freistaat sichern.
Söder fordert ein Viertel der Bundesverteidigungsausgaben für Bayern.
© IMAGO / Political-MomentsMünchen. – Ministerpräsident Markus Söder sieht Bayern an der Spitze der deutschen Rüstungsproduktion: Der Freistaat sei die „Nummer eins im Rüstungsbereich“, so Söder kürzlich. Diese Selbsteinschätzung wird vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie untermauert: Bayern verfügt demnach über eine „in allen Bereichen leistungsfähige Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“, wie es in der Antwort auf eine AfD-Anfrage hieß. Schätzungen zufolge erwirtschaften bayerische Unternehmen rund ein Drittel der deutschen Wertschöpfung in diesem Sektor und belegen damit eine klare Spitzenposition im Bundesvergleich.
Söders Wunsch nach einem Viertel des Verteidigungskuchens
Diese wirtschaftliche Stärke soll auch finanziell stärker gewürdigt werden. Söder fordert ein Viertel der Bundesverteidigungsausgaben für Bayern. Konkrete Kenntnisse über die tatsächliche Verteilung dieser Mittel in den Jahren 2020 bis 2024 liegen der Staatsregierung allerdings nicht vor. Dennoch bemüht sie sich intensiv darum, dass „die heimische Sicherheits- und Verteidigungsindustrie und weitere Zulieferbetriebe oder Unternehmen bei allen Beschaffungen für die Bundeswehr angemessen berücksichtigt werden“.
Ein Blick in die Fördertöpfe des Freistaats offenbart: In den vergangenen Jahren flossen Millionenbeträge an rüstungsnahe Unternehmen. So erhielt die Airbus Helicopters Deutschland GmbH allein im Jahr 2024 4.748.155 Euro. Auch die Airbus Defence and Space GmbH profitierte über mehrere Jahre hinweg, unter anderem mit 991.014 Euro im Jahr 2023. Insgesamt listet die Staatsregierung mehr als zehn Millionen Euro an Fördermitteln zwischen 2020 und 2024 auf. Diese stammen unter anderem aus Programmen wie dem „Bayerischen Luftfahrtforschungsprogramm (BayLuFo)” oder der „einzelbetrieblichen gewerblichen Regionalförderung”.
Bayern als Bollwerk der Verteidigung als Ziel
Die bayerische Staatsregierung stuft die Rüstungsbranche ausdrücklich als „technologische und strategische Schlüsselbranche“ ein. Mit seiner Industrie wolle der Freistaat die „deutsche und europäische Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit“ stärken. Auch für den Bevölkerungsschutz sei die Produktion militärischer Güter von zentraler Bedeutung, da diese ein „breites Verwendungsspektrum auch für nichtmilitärische Zwecke (Dual-Use-Ansatz)“ hätte.
Sicherheit durch Rüstungsindustrie – aber auch Risiken?
Während die Rolle Bayerns als Rüstungsstandort gestärkt wird, verweist das Ministerium zugleich auf potenzielle Gefahren. Auf die Frage nach den Risiken durch die Konzentration rüstungsrelevanter Infrastruktur in Bayern antwortet die Staatsregierung ausweichend, da die Einschätzung militärischer Bedrohungen in die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes falle. Immerhin verfüge Bayern über umfassende Notfallpläne, die durch „behördliche Strategien zum Schutz“ der Infrastruktur ergänzt würden. Die Verantwortung liege auch bei privaten Betreibern. Der Schutz kritischer Infrastrukturen sei somit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Obwohl sich friedenspolitische und zivilgesellschaftliche Organisationen in der öffentlichen Debatte regelmäßig gegen eine Aufrüstung Bayerns aussprechen, zeigt sich die Staatsregierung davon unbeeindruckt: „Der Bayerischen Staatsregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor“, heißt es in der Antwort auf die AfD-Anfrage weiter. Ebenso wenig gibt es Angaben darüber, welche militärischen Einrichtungen in Bayern in den letzten zehn Jahren geschlossen oder neu aufgebaut wurden. Auch hier verweist man auf fehlende eigene Erkenntnisse. Detaillierte Informationen über die steuerlichen Einnahmen des Freistaats aus der Rüstungsbranche bleiben ebenfalls unter Verschluss, da das Steuergeheimnis die Konzerne schützt.
Politische Hintergründe
In der AfD-Anfrage wurde zudem die politische Dimension von Söders Forderungen thematisiert. Dabei wird nach möglichen parteipolitischen oder wahlkampfrelevanten Motiven gefragt. In ihrer Antwort verweist die Staatsregierung auf zwei Initiativen: den Entschließungsantrag „Für ein Sofortprogramm Ausrüstung und Einsatzbereitschaft – Bundeswehr konsequent auf Landes- und Bündnisverteidigung ausrichten – Sicherheitsarchitektur reformieren“ sowie den Gesetzentwurf zur Förderung der Bundeswehr in Bayern. Eine direkte Stellungnahme zu möglichen parteipolitischen Beweggründen bleibt jedoch aus.