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AfD im Fadenkreuz: Der Extremismusbegriff als machtpolitisches Werkzeug

Die Hochstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistische“ Partei durch das Bundesamt des Verfassungsschutzes gilt bereits als Paukenschlag in der Geschichte der Bundesrepublik. Besonders die Begrifflichkeiten der Behörde stehen in der Kritik.

Analyse von
10.5.2025
/
3 Minuten Lesezeit
AfD im Fadenkreuz: Der Extremismusbegriff als machtpolitisches Werkzeug

Vor rund einer Woche hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz mit der Hochstufung der AfD internationale Kritik ausgelöst.

© IMAGO / Hanno Bode

Die jüngste Entscheidung des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz, die gesamte AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ einzustufen, hat erneut eine grundsätzliche Debatte über den Extremismusbegriff, Meinungsfreiheit und Machtmissbrauch ausgelöst. Begründet wird diese Einstufung unter anderem mit dem ethnischen Volksbegriff, dem die AfD anhängen soll, sowie mit der angeblichen Infragestellung zentraler Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (fdGO). Ersteres verstoße gegen die „Grundprinzipien der Menschenwürde“, was automatisch zu letzterem führe. Der Extremismusbegriff dient hier als politische Schablone: Wer von einem ethnischen Volk spricht, ist gegen die fdGO und damit extremistisch. Diese Lesart ist allerdings nicht unproblematisch.

Offiziell versteht sich der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen – angeblich unabhängig, überparteilich, objektiv. Doch gerade die Affäre um die AfD macht deutlich: Staatliche Institutionen waren noch nie hundertprozentig (partei)politisch unabhängig und sind es in den aktuellen politischen Krisen erst recht nicht. Beobachter aus der politischen Rechten – aber zunehmend auch aus liberalen und linken Kreisen – weisen auf die parteipolitische Funktion der Institution des Verfassungsschutzes hin: Die AfD als derzeit einzige systemkritische Opposition im Bundestag werde durch den „Extremismusstempel“ nicht nur juristisch isoliert, sondern auch gesellschaftlich delegitimiert.

Dahinter steht eine doppelte Hoffnung: Zum einen soll die AfD politisch geschwächt werden – sei es durch Beobachtung, Berufsverbote oder Ausschlüsse -, zum anderen soll durch die öffentliche Markierung auch ein metapolitischer Effekt erzielt werden. Positionen rechts der Union, etwa eine begründete Kritik an der Zuwanderung, sollen – unabhängig von den Argumenten – als moralisch illegitim erscheinen. Extremismus wird damit nicht mehr als sicherheitsrelevante Kategorie verstanden, sondern als Waffe im Meinungskampf.

Der Extremismusbegriff als Damoklesschwert

Die wissenschaftliche Extremismusforschung ist uneinheitlich und stark von ideologischen Interessen geprägt. In bürgerlich-liberalen Kreisen dominiert die sogenannte Hufeisentheorie, nach der sich rechte und linke Extreme an den Enden eines politischen Halbkreises befinden und sich in ihrer Ablehnung der Mitte ähneln. Linke Kritiker bemängeln an der Hufeisentheorie die undifferenzierte Bewertung der beiden Extreme und stellen ihr eine eigene Theorie entgegen. Demnach verfolge der Linksextremismus erstrebenswerte Ziele, bediene sich aber falscher Methoden wie Gewalt. Im Gegensatz zum Rechtsextremismus greife er aber „nur“ Unterdrücker an, während Rechtsextremisten die „Unterdrücker“ schlechthin seien.

Aus rechter Perspektive fällt hingegen auf, dass es keine konsistente Extremismustheorie gibt. Während sich die einen aus Bequemlichkeit der Hufeisentheorie bedienen, verweisen andere bei der Konfrontation mit dem Extremismusvorwurf lediglich auf andere Extreme wie Islamismus oder Linksextremismus. Der AfD fehlt ein eigener Extremismusbegriff, eine empfindliche Schwäche gegenüber staatlichen und quasi-staatlichen Behörden.

Der Verfassungsschutz verweist regelmäßig auf folgende Definition: Extremistisch sei, wer die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ ablehne oder beseitigen wolle. Dazu zählen unter anderem die Achtung der Menschenwürde, das Mehrparteiensystem, die Gewaltenteilung, die Rechtsstaatlichkeit und das Recht auf Opposition. Auch die Gewaltbereitschaft wird als notwendiges Kriterium genannt. Bei der Bewertung fällt jedoch auf, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Während Linksextremismus ausschließlich mit physischer Gewalt in Verbindung gebracht wird und ideologische Kategorien in der öffentlichen Debatte ausgeklammert bleiben, reicht im rechten Spektrum der Hinweis auf „völkisches Denken“ oder die Ablehnung von Gleichmacherei. So wird aus einer analytischen Kategorie ein flexibles Deutungsinstrument, das je nach machtpolitischer Zielsetzung beliebig interpretiert werden kann.

Sackgassen und Irrwege

Der Extremismusbegriff wird fast ausschließlich auf die vermeintlichen politischen „Ränder“ (rechts und links) angewandt. Religiöser – meist islamischer – Extremismus wird zwar statistisch eigenständig erfasst, aber aufgrund seines klerikalen Charakters dem rechten Spektrum zugeordnet. Dabei wird ignoriert, dass er zu einem großen Teil migrantisch geprägt ist und sich nicht in die europäischen Kategorien von rechts und links einordnen lässt. Von „liberalem Extremismus“ ist dagegen praktisch nie die Rede.

Dem könnte man entgegenhalten, dass es schließlich keine militanten liberalen Gruppen gibt. Aber auch in liberalen Gesellschaften wird Extremismus an ideologischen Kriterien gemessen – und nicht nur an der Bereitschaft zur Militanz. Warum also nicht den Spieß umdrehen? Etwa dort, wo unter dem Vorwand universeller Menschenrechte jede Form kollektiver Identität, Tradition oder kultureller Homogenität delegitimiert wird – und zwar mit repressiven Mitteln wie Zensur, Indoktrination oder öffentlicher Ächtung. Diese Formen totalitärer Tendenzen bleiben jedoch häufig unerkannt, da sie mit hegemonialen Diskursen korrespondieren.

Wo die AfD ansetzen könnte

Ein theoretischer Ansatz, den die AfD für einen eigenen Extremismusbegriff nutzen könnte, müsste nicht bei abstrakten Begriffen wie „Menschenwürde“ oder „Menschenrechten“ ansetzen, sondern bei der Frage nach dem konkreten politischen Subjekt: Wer ist Träger der politischen Ordnung – das abstrakte Individuum oder das historisch-kulturelle Volk? Extremistisch wäre demnach nicht, wer das System kritisiert, sondern wer die überlieferten und bestehenden Grundlagen von Staatlichkeit zerstört. Das wären etwa globalistische Projekte, die jede Form kollektiver Identität auflösen, ebenso wie ideologische Bewegungen, die die traditionelle Geschlechterordnung, die kulturelle Homogenität oder die nationale Souveränität abschaffen wollen.

Eine solche Theorie würde Extremismus als Angriff auf die lebensweltlichen Grundlagen der politischen Ordnung verstehen – als „Atomisierung“ der Gesellschaft, nicht als bloße Systemkritik. Ziel wäre eine Neujustierung der Legitimitätsdebatte und die Befreiung aus der moralischen Abhängigkeit von einem System, das sich als alternativlos inszeniert. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, den Extremismusbegriff auf Militanz und Gewalt zu verengen. Das ist nicht grundsätzlich falsch, erfordert aber ein neues Verständnis von Legitimität und Diskurs. Bislang ist der Begriff „Extremismus“ ein Marker für Illegitimität und Diskursunfähigkeit. Das Hauptproblem ist jedoch nicht der Marker, sondern das vorherrschende systemische Verständnis davon.

Über den Autor

Christoph Albert

Christoph Albert, Jahrgang 2003, ist Student aus Wien.

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