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Die vierte Lesung: Rote Armee Festwochen? 

Dass ausgerechnet zwei ehemalige Linksterroristen bei den Wiener Festwochen über Zukunftsvisionen sprechen, empfindet Robert Willacker als fragwürdig. Er fordert eine kritische Auseinandersetzung statt ideologischer Romantisierung.

Robert Willacker
Kommentar von
28.5.2025
/
3 Minuten Lesezeit
Die vierte Lesung: Rote Armee Festwochen? 

Dellwo, der wegen gemeinschaftlichen Mordes zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt wurde, arbeitet seit seiner Entlassung 1995 als Verleger und Dokumentarfilmer.

© IMAGO / Noah Wedel

Ich war einmal als Redner bei den Wiener Festwochen. Diese simple Feststellung steht nicht etwa aus Eitelkeit am Beginn dieser Kolumne, sondern weil es sich aus Gründen der Transparenz so gehört, wenn ich in diesem Text über diese Veranstaltung spreche. Ich bin der Einladung des Autors und Mitgestalters der Wiener Festwochen, Robert Misik, seinerzeit gerne nachgekommen, weil es nicht viele Kulturbetriebe gibt, die sich trauen, Rechte und Linke in den Dialog treten zu lassen. Die Vorstellung hat mich gereizt und das Format der „Wiener Prozesse“, in denen große Themen unserer Zeit aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wurden, wusste nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis zu überzeugen.

Radikale Stimmen auf großer Bühne

Die diesjährigen Wiener Festwochen warten mit einem Programmpunkt auf, der bereits im Vorfeld für große Diskussionen im Politik- und Medienbetrieb führt. In der Reihe „Revolutionary Love“ sprechen Karl-Heinz Dellwo, ehemaliges Mitglied der Rote Armee Fraktion und Gabriele Rollnik, ehemaliges Mitglied der Bewegung 2. Juni, unter anderem über „radikal neue Perspektiven zur Befreiung des Menschen“. 

Nun bin ich grundsätzlich ein Anhänger der Meinungsfreiheit in ihrer radikalsten Ausprägung; jeder sollte jederzeit straffrei alles sagen dürfen. Auf diese Art weiß man sofort, was für einen Menschen man vor sich hat und kann sich darauf einstellen. Der strafrechtliche Zwang zur Verklausulierung verkompliziert das gesellschaftliche Miteinander unnötig. Feinde der demokratischen Ordnung sollen sich verbal und non-verbal jederzeit als solche kennzeichnen dürfen, daraus ergeben sich auch Ermittlungsvorteile.

Gilt dieses radikale Freiheitsverständnis auch für ehemalige Mitglieder linksterroristischer Vereinigungen? Erst einmal ja. Sowohl Dellwo als auch Rollnik haben ihre Haftstrafen verbüßt, der Rechtsfrieden ist somit wiederhergestellt und beide sind mit allen Bürgerrechten ausgestattet. Komplizierter wird es bei der Beantwortung der Frage, ob der Staat mit Steuergeld ein Kulturformat fördern sollte, in dem zwei ehemalige Terroristen unter Anleitung einer ORF-Moderatorin miteinander darüber reden wollen, „warum die Zukunft so aussichtslos erscheint.“

Weder dialog- noch demokratiefähig

Wie eingangs bereits angeklungen, leben nicht nur interessante Kulturformate, sondern ebenso die Demokratie vom Dialog – auch und vor allem zwischen Radikalen. Wer jedoch das Momentum der Gewalt zur Zieldurchsetzung gewählt hat, hat den Rahmen des demokratischen Dialogs bewusst verlassen und sich in den Extremismus begeben. Ein derart verfestigtes Weltbild ist nicht mehr dialog- und damit auch nicht mehr demokratiefähig.

Bezüglich anderer Bereiche des politischen Spektrums herrscht darüber gesellschaftlicher Konsens. Es käme wohl niemand auf die Idee, Beate Zschäpe nach einer etwaigen Haftentlassung im Rahmen einer staatlich subventionierten Kulturveranstaltung nach ihren politischen Zukunftsvisionen zu fragen. Bei ehemaligen Linksterroristen scheint dies jedoch anders zu sein. Liegt es daran, dass man den handelnden Personen grundsätzlich hehre Motive zugesteht, die in der Umsetzung lediglich etwas über die Stränge geschlagen haben? Eine solche Romantisierung wäre jedenfalls eine grobe Verkennung des Wesens der terroristischen Spätausläufer der 68er-Bewegung, die in den K-Gruppen, der Bewegung 2. Juni und der RAF mündeten.

Wie also umgehen mit ehemaligen Terroristen und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung? Dellwo und Rollnik sind bedeutende Personen der Zeitgeschichte. Sie sind ehemalige Mitglieder von Terrororganisationen, die Deutschlands Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ganz wesentlich geprägt haben. Als solchen kann man ihnen eine Bühne geben, um sie auf eben jener fundiert und kritisch zu ihrer Vergangenheit zu befragen. Ein Blick in die Zukunft, bei dem die beiden „Auswege“ aus „der Enteignung durch den globalen Kapitalismus“ skizzieren dürfen, ist jedoch der falsche Weg. 

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Robert Willacker

Robert Willacker

Robert Willacker ist ein deutscher Politikberater. Ursprünglich in Brasilien geboren und in Franken aufgewachsen, studierte er nach dem Abitur Politikwissenschaften in Innsbruck.

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