Gewalttätige Extremistin? EU-Ausschuss will Immunität von Ilaria Salis aufheben
Die linke EU-Abgeordnete Ilaria Salis steht im Fokus eines brisanten Immunitätsverfahrens: Nach schweren Vorwürfen will ein Ausschuss des EU-Parlaments die Aufhebung ihres Schutzes empfehlen.
Die linke EU-Abgeordnete Ilaria Salis bei einer Demonstration in Rom. Auf ihrem T-Shirt steht „Free all Antifas“.
© IMAGO / Independent Photo Agency Int.Brüssel. – Im Europaparlament spitzt sich der Streit um die Immunität der linken Abgeordneten Ilaria Salis zu. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen wird der Rechtsausschuss (JURI) voraussichtlich am kommenden Dienstag empfehlen, ihren Schutzstatus aufzuheben, wie Euractiv berichtet. Über die endgültige Entscheidung muss anschließend das Plenum abstimmen.
Vorwürfe in Ungarn
Salis wurde im Februar 2023 bei einer Demonstration rund um den „Tag der Ehre“ in Budapest festgenommen. Die ungarische Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, sich an einer Körperverletzung beteiligt zu haben und Mitglied einer linksextremen Vereinigung zu sein. Im Falle einer Verurteilung drohen ihr nach dem Antrag der Anklagebehörde bis zu elf Jahre Haft.
Die 40-Jährige weist sämtliche Vorwürfe zurück. Sie kam nur frei, weil sie bei der Europawahl im vergangenen Jahr ein Mandat errang – nominiert von Italiens Grünen und der Linksallianz. Durch das Mandat erwarb sie Immunität, die nun wieder zur Debatte steht.
Politisches Ringen im Ausschuss
Im Ausschuss für internationale Angelegenheiten (JURI) zeichnen sich die konservative Europäische Volkspartei (EVP) und die rechtskonservative Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) als Befürworter einer Aufhebung ab. Aus Ausschusskreisen hieß es laut Euractiv, die Abstimmung werde „sehr knapp“ ausfallen. Auch innerhalb der EVP und der EKR gibt es Vorbehalte, dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán einen politischen Erfolg zu verschaffen.
Bereits im Juni hatte der Ausschuss eine Entscheidung verschoben. Die italienische Rechtsaußenabgeordnete Silvia Sardone (Patrioten für Europa) sprach damals von einem Skandal und sagte, es sei „peinlich, dass die Linke alles unternimmt, um sie einem Prozess zu entziehen“. Auch andere Rechtskonservative übten Druck aus und warfen den linken Fraktionen vor, eine gewalttätige Extremistin zu schützen.
Linke spricht von politischer Verfolgung
Die Europäische Linke versucht, das Verfahren als politisch motiviert darzustellen. Abgeordnete erklärten, man habe es mit einem „Scheinprozess“ zu tun und Orbán habe das Urteil längst vorgegeben. Zwei Parlamentarier kündigten an, die Rechtsstaatsdefizite Ungarns zum Thema zu machen und Orbán vorzuwerfen, die Justiz gegen Kritiker zu instrumentalisieren. Am Ende hat aber sowieso das Plenum das letzte Wort, selbst wenn sich der Rechtsausschuss klar positioniert. Voraussichtlich wird in der ersten Sitzung im Oktober in Straßburg über Salis’ persönliche Zukunft entschieden.