Datenwirrwarr in Hamburg: Fast 4.000 Ausreisepflichtige „verschwunden“
Ein massiver Zahlenspagat bei Hamburgs ausreisepflichtigen Migranten wirft Fragen auf. Zwischen zwei Datenbanken klafft eine Differenz von fast 4.000 Personen.
Für Hamburg liefern zwei Datenbanken zu Zahlen von Ausreisepflichtigen unterschiedliche Ergebnisse. Das sorgt für Kritik. (Symbolbild)
© IMAGO / Panama PicturesHamburg. – In Hamburg sorgt die Zahl der ausreisepflichtigen Migranten erneut für politische Debatten. Zwischen den Angaben des Ausländerzentralregisters (AZR) des Bundes und denen des hamburgischen Fachverfahrens PaulaGO! klafft eine erhebliche Lücke. Die Zahlen gehen aus mehreren Kleinen Anfragen des AfD-Abgeordneten Dirk Nockemann an den Senat hervor. Ein Vergleich vom 31. Mai 2025 zeigt eine Differenz von exakt 3.985 Personen. Während das AZR 10.159 Ausreisepflichtige listet, verzeichnet PaulaGO! nur 6.174.
Insbesondere die Anzahl der Personen ohne Duldung unterscheidet sich stark. Laut PaulaGO! sind es lediglich 646 Menschen, das AZR geht hingegen von 4.457 aus. Diese Differenzen bestehen seit Monaten und sind laut Hamburger Senat auf verschiedene Auswertungsparameter sowie Systemfehler im AZR zurückzuführen.
Keine Kennzahlen mehr seit Januar
Trotz wiederholter Hinweise auf Diskrepanzen veröffentlichen die Hamburger Behörden seit Januar 2025 keine Zahlen zu ausreisepflichtigen Personen mehr im „Lagebild Flüchtlinge“, das monatlich von der Sozialbehörde herausgegeben wird. Das entsprechende Schaubild wurde zuletzt im Dezember 2024 abgedruckt.
Der Senat begründet dies mit „nicht übereinstimmenden Auswertungsparametern“ und räumt ein: „In den AZR-Statistiken sind Personen enthalten, die nicht ausreisepflichtig sind.“ Die zuständige Behörde habe sich bereits an das Bundesministerium des Inneren gewandt und um Korrektur der AZR-Auswertungsparameter gebeten. Eine Antwort stehe allerdings noch aus.
Abweichungen wohl durch fehlerhafte Erfassung
Die Stadt schätzt, dass die Abweichungen auf die Erfassungspraxis des AZR zurückzuführen sind. So seien beispielsweise Fälle mit Aufenthaltstitel oder solche im Kirchenasyl nicht korrekt berücksichtigt worden. Der Senat erklärt dazu, dass ein Großteil der in der AZR-Statistik als ausreisepflichtig ausgewiesenen Personen über einen Aufenthaltstitel verfüge und eben nicht ausreisepflichtig sei.
PaulaGO!, das in Hamburg auf Einzelfallbasis arbeitet, filtert solche Fälle heraus. Daher ist das System aus Sicht des Senats besser zur Ermittlung der tatsächlichen Rückführungszahlen geeignet. Das AZR ist hingegen ein bundesweites Register, das primär der Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern dient. Dennoch war die beschriebene Diskrepanz stets bekannt.
AfD fordert vollständige Aufklärung
Angesichts der unklaren Zahlenlage zeigt sich die AfD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft alarmiert. „Dass der rot-grüne Senat monatelang auf die Veröffentlichung zentraler Migrationskennzahlen verzichtet – ohne die Bürger zu informieren – ist nicht hinnehmbar“, kritisiert der Fraktionsvorsitzende Dirk Nockemann. Wenn zwischen Bundes- und Landesdatenbanken eine Differenz von über 3.800 Personen bestehe, sei das erklärungsbedürftig. „Die öffentliche Debatte über Asylpolitik braucht verlässliche Zahlen. Die Bürger erwarten Glaubwürdigkeit und Klarheit statt Nebelschleier“. Wer derart intransparent agiere, der müsse sich über den Vertrauensverlust in die Politik nicht wundern. „Es geht hier nicht um Statistik, sondern um Vertrauen in staatliches Handeln“. Der Senat müsse die Hamburger aktiv informieren. Sobald die AZR-Statistiken bereinigt sind und auf sachlich zutreffenden Parametern beruhen, will man die Kennzahl der Ausreisepflichtigen wieder im „Lagebild Flüchtlinge“ nennen, erklärte der Senat.