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Bürgergeld und Missbrauch: Wie Hamburg den Sozialstaat aus der Hand gibt

Der Verdacht wiegt schwer: Organisierte Banden sollen sich systematisch mit ausländischen Arbeitskräften Bürgergeld erschleichen. Doch der Hamburger Senat liefert keine Zahlen, verfolgt die Straftaten nicht und verneint das Problem.

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Bürgergeld und Missbrauch: Wie Hamburg den Sozialstaat aus der Hand gibt

Die AfD wirft dem Hamburger Senat unter Präsident Peter Tschentscher (SPD) vor, Sozialmissbrauch in der Stadt zu verschleiern.

© IMAGO / Political-Moments

Hamburg. – Es besteht der Verdacht, dass kriminelle Netzwerke in Hamburg Menschen aus Osteuropa mit Scheinverträgen nach Deutschland schleusen, sie als Tagelöhner ausbeuten und sie parallel dazu anleiten, Bürgergeld zu beantragen. Die AfD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft sieht darin „mafiöse Strukturen“ und erhebt schwere Vorwürfe: Der rot-grüne Senat wisse mehr, als er zugibt, und verschweige Missbrauch aus politischen Gründen. Eine Große Anfrage bringt nun brisante Details ans Licht.

„Der Senat hat die Kontrolle längst verloren“

Der AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann übt scharfe Kritik an der Haltung des Senats: „Der Senat hat in seiner Antwort zahlreiche strukturelle Probleme eingeräumt – von fehlenden Statistiken über nicht funktionierende IT-Schnittstellen bis hin zu einem fehlenden Überblick über Rückforderungen und Ermittlungsverfahren. Doch politische Konsequenzen zieht er daraus keine. Das ist verantwortungslos.“

Dabei ist das Problem keineswegs neu. Bereits 2019 seien in anderen Großstädten verdächtige Konstellationen aufgefallen, was zur Einrichtung eines Fachteams beim Jobcenter Hamburg geführt habe. Dennoch fehlt es laut AfD bis heute an klarer Kontrolle, effektiven Strukturen – und vor allem an Ergebnissen. Nockemann spricht von einem Versagen auf ganzer Linie: „Wenn selbst ein spezialisiertes Fachteam seit Jahren aktiv ist, aber Polizei und Staatsanwaltschaft keine Betrugsfälle aufdecken, Rückforderungen nicht dokumentiert und kriminelle Netzwerke nicht identifiziert werden können, dann hat der Senat die Kontrolle längst verloren.“

Behörden liefern keine Zahlen

Das sogenannte Fachteam Organisierter Leistungsmissbrauch (FToL) beim Jobcenter wurde im Jahr 2023 verstetigt. Seine Aufgabe ist es, verborgene Strukturen zu erkennen, Akteure zu identifizieren und Missbrauchsmechanismen aufzudecken. Doch konkrete Ergebnisse? Fehlanzeige.

Im Rahmen eines Pilotprojekts überprüfte das Jobcenter mehr als 1.000 Ausweisdokumente, ohne einen einzigen Fall von Fälschung festzustellen. Auch eine Sonderuntersuchung bei 89 ausländischen Selbstständigen in risikobehafteten Branchen ergab keinen Nachweis von Scheinselbstständigkeit. Gleichzeitig dokumentierte das Fachteam allerdings erhebliche Mängel bei den Wohnverhältnissen, beispielsweise vermietete Kellerräume oder abweichende Flächenangaben.

Dennoch führen weder Polizei noch Staatsanwaltschaft eine Statistik über Sozialleistungsbetrug. Rückforderungen von zu Unrecht gezahltem Bürgergeld werden nicht erfasst, eine Antwort diesbezüglich sei deshalb „in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich“, da sämtliche Hand- und Ermittlungsakten sowie Verfahren händisch ausgewertet werden müssten. Eine flächendeckende IT-Vernetzung zur effektiven Datenprüfung existiert ebenfalls nicht. Auch eine länderübergreifende Kooperation fehlt.

Politisch motiviertes Wegsehen?

Die AfD-Fraktion wirft dem Senat vor, das Problem aus ideologischen Gründen zu verharmlosen. „Dass ausgerechnet die Freie und Hansestadt Hamburg nicht in der Lage ist, ihre Systeme rechtsstaatlich abzusichern, ist ein beunruhigendes Signal“, so Nockemann. Er fügt besonders kritisch hinzu: „Wer organisierte Ausbeutung mit Scheinverträgen und Sammelunterkünften einfach als ,Einzelfälle‘ abtut, verkennt das Problem. Es geht nicht um Misstrauen gegenüber Bedürftigen – sondern um den Schutz des Sozialstaats vor kriminellen Strukturen.“

In seiner Antwort verweist der Senat hingegen auf fehlende Erkenntnisse über „mafiöse Strukturen“. Er sehe keinen Anlass, Leistungsempfänger aus bestimmten Ländern unter Generalverdacht zu stellen, und er sehe auch keinen Bedarf für strengere Sanktionen oder zusätzliche Mitwirkungspflichten. Hinweise auf organisierte Fahrdienste oder systematische Muster seien nicht vorhanden oder nicht belegbar.

AfD fordert Maßnahmen gegen organisierten Betrug

Die AfD-Fraktion fordert deshalb eine Neuausrichtung der Sozialpolitik. Ein entsprechender Antrag enthält mehrere Maßnahmen: eine bessere statistische Erfassung von Verdachtsfällen, technische Prüfverfahren zur Identifikation ausländischer Antragsteller, eine koordinierende Fachstelle zwischen den Behörden sowie eine stärkere Einbindung des FToL. Das Ziel besteht darin, sowohl den Sozialstaat zu schützen als auch die Betroffenen zu unterstützen. Mit dem Antrag will die AfD sowohl die Integrität des Bürgergeldsystems wahren als auch ausgebeutete Personen besser beraten und unterstützen.

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