Treue zu Gott – aber nicht zum Land? Württembergische Landeskirche geht gegen Rechte vor
Die württembergische Landeskirche hat ihre Regeln verschärft und erklärt damit jede Form von nationalem Selbstverständnis zum möglichen Glaubensverstoß. Wer das Vaterland hochhält, läuft Gefahr, als „Extremist“ aus Ämtern und Gremien verbannt zu werden.
Künftig will man prüfen, ob eine Person, die etwa für eine vom Verfassungsschutz als „gesichert extremistische Bestrebung“ eingestufte Partei öffentlich tätig ist, in Widerspruch zum Evangelium stehe.
© IMAGO / Arnulf HettrichStuttgart. – Die Evangelische Landeskirche in Württemberg (ELK) verfolgt einen harten Kurs gegenüber politischen Strömungen, die sie als „extremistisch“ einstuft. Mit großer Mehrheit stimmte die Landessynode dem „Folgeantrag Unvereinbarkeitsbeschluss Rechtsextremismus“ zu, wie es auf der Website der Landeskirche heißt. Demnach können Personen, die sich an „kirchenfeindlichen“ Aktivitäten beteiligen oder diese unterstützen, künftig ihr passives Wahlrecht verlieren.
Kirche verschärft Wahlordnung
Die Handreichung zur Kirchlichen Wahlordnung wurde präzisiert, um den Ausschluss von Menschen mit „extremistischen“ Einstellungen von kirchlichen Leitungsämtern im Einzelfall zu erleichtern. Demnach soll niemand mehr für kirchliche Ämter kandidieren dürfen, wer im Zusammenhang mit der Unterstützung „kirchenfeindlicher“ Betätigungen steht. Als „kirchenfeindlich“ gelten insbesondere Betätigungen, die im Widerspruch zum Auftrag der Kirche oder zu den Grundsätzen ihrer Ordnung stehen, weil sie die Gottesebenbildlichkeit aller Menschen beispielsweise durch „menschenfeindliche“, „rassistische“, „antisemitische“ oder „exklusiv völkisch-nationalistische“ Äußerungen infrage stellen. Mit diesem Beschluss will die Landeskirche verhindern, dass Personen mit „extremistischen” Weltbildern Verantwortung in der Kirche übernehmen.
Wie bisher soll bei der Einzelfallprüfung der theologische Maßstab ausschlaggebend bleiben. Die Kirche könne sich laut dem Oberkirchenrat nicht ausschließlich auf Einschätzungen staatlicher Stellen verlassen. Entsprechend müsse geprüft werden, ob eine Person, die etwa für eine vom Verfassungsschutz als „gesichert extremistische Bestrebung“ eingestufte Partei öffentlich tätig ist, in Widerspruch zum Evangelium stehe.
Fünf Kriterien für die Beurteilung
Für diese Prüfung hat die Landeskirche fünf Kriterien festgelegt. Entscheidend ist, ob die betreffende Person „offenkundig und beharrlich Jesus Christus als alleinigen Herrn der Kirche leugnet“, „die Verkündigung Christi grob missachtet“ oder „der Ordnung im Zusammenleben der Gemeinde entgegenwirkt und damit ihr Zeugnis unglaubwürdig macht“. Außerdem wird bewertet, ob sie als gewähltes oder zugewähltes Mitglied des Kirchengemeinderats oder der Bezirkssynode „eine schwere Verfehlung in der Amts- oder Lebensführung begeht“ oder „als Pfarrerin oder Pfarrer einer Vereinigung angehört oder sie auf andere Weise unterstützt, und ob sie dadurch in Widerspruch zu ihrem Amt tritt oder in der Wahrnehmung ihres Dienstes wesentlich behindert wird“.
Beschlussverfahren mit Einspruchsmöglichkeit
Über den Ausschluss eines Gemeindeglieds von der Wählerliste entscheidet der Kirchengemeinderat. Voraussetzung hierfür ist, dass zuvor der Versuch gescheitert ist, bei dem Betroffenen Einsicht zu wecken. Der Beschluss gilt jeweils nur für die bevorstehende Wahl. Sollte die betroffene Person Widerspruch einlegen, können Visitatoren – das sind Dekane oder Prälaten – anderweitig entscheiden und die Aufnahme in die Wählerliste anordnen, heißt es von der ELK dazu abschließend.






