Aktion zum Burschentag

100 Mrd. Euro durch Migration – schlüssige Studie oder gekaufte Migrationspropaganda?

Die Versprechen einer Entlastung der Staatsfinanzen durch Migration halten einer genaueren Prüfung kaum stand. In seinem Kommentar kritisiert René Springer die methodischen Schwächen einer neuen Studie zu diesem Thema und warnt vor einem realitätsfernen Narrativ.

Kommentar von
13.6.2025
/
3 Minuten Lesezeit
100 Mrd. Euro durch Migration – schlüssige Studie oder gekaufte Migrationspropaganda?

Laut einer Studie von Martin Werding, Professor an der Ruhr-Universität Bochum, führt Migration zu einer signifikanten Entlastung der öffentlichen Haushalte.

© IMAGO / Future Image

Die vom Wirtschaftsweisen Prof. Martin Werding (Ruhr-Universität-Bochum) im Auftrag des Mediendienstes Integration erstellte und von der Robert Bosch Stiftung geförderte Studie „Migration und ihr Beitrag zum Staatshaushalt“ sorgte in den letzten Tagen für erhebliche Aufmerksamkeit in den Medien. Das liegt vor allem daran, dass sie das linksliberale Narrativ stützt: Werding kommt zu dem Schluss, dass Migration zu einer signifikanten Entlastung der öffentlichen Haushalte führe.

Bis zu 104 Milliarden Euro jährlich sollen bei einer zusätzlichen Nettozuwanderung von 200.000 Personen pro Jahr für den deutschen Fiskus rausspringen. Das klingt nach einem üppigen Wohlstandsschub für alle. Täuscht die Bürgergeldquote von fast 44 Prozent im Januar 2025 der Ausländer aus den Top-8-Asylherkunftsstaaten? Gaukeln uns die steigenden Zahlen ausländischer Rentner in der Grundsicherung eine soziale Schieflage vor, die gar nicht existiert? Nein, denn bei näherer Betrachtung der (methodischen) Prämissen der Werding-Studie werden ihre eklatanten Mängel schnell offenkundig.

1. Methodische Einseitigkeit

Die Studie basiert auf Berechnungen im Rahmen des Sechsten Tragfähigkeitsberichts des Bundesfinanzministeriums. Werding hat einen Großteil dieser Berechnungen für das Finanzministerium selbst erstellt. Der Bericht stellt jedoch keine „objektive” wissenschaftliche Analyse dar, sondern transportiert eine eindeutige politische Stoßrichtung pro Erwerbsmigration – ganz im Sinne des damaligen Finanzministers Christian Lindner.

Dabei wird angenommen, dass Zuwanderer langfristig Erwerbsquoten und Löhne erzielen, die denen Einheimischer vergleichbar sind. Gleichzeitig bleibt unklar, inwieweit spezifische Integrationshindernisse – etwa mangelnde Sprachkenntnisse, Bildungsdefizite oder kulturelle Hürden – in die Modelle eingepreist und gewichtet wurden. Insgesamt ist die pauschale Übertragung vergangener Integrationsverläufe auf künftige Zuwanderungswellen fragwürdig. Schon jetzt zeigt sich, dass die Erwerbsmigration aus der Europäischen Union, die die letzten Jahrzehnte dominierte, immer mehr zum Erliegen kommt und durch Armutsmigration aus Drittstaaten ersetzt wird.

2. Vernachlässigung realer Integrationskosten

Die Studie differenziert nicht ausreichend zwischen den verschiedenen Zuwanderungsarten. Zwar räumt sie ein, dass Geflüchtete deutlich schwerer in den Arbeitsmarkt integriert werden als Erwerbsmigranten, ihre spezifischen Kosten (zum Beispiel für Unterkunft, Bildung, Sicherheit und Verwaltung) werden jedoch nicht gesondert ausgewiesen, sondern pauschal unter „demografieabhängigen Ausgaben“ verbucht. „Geflüchtete werden in der Regel noch langsamer in den Arbeitsmarkt integriert. Dies wird in dieser Rechnung nicht gesondert berücksichtigt, ist in den Durchschnittswerten für alle Zuwandernden aber enthalten“, hält Werding fest und wirft somit Äpfel und Birnen in einen Korb.

Die Studien „Borderless Welfare State“ von Jan van de Beek (Universität Amsterdam) und „Wirtschaftsanalyse: Nettobeitrag der Zuwanderer“ des dänischen Finanzministeriums zeigen deutlich, welche Relevanz eine Differenzierung der Einwanderergruppen für die Ergebnisse hat. Denn während die Erwerbsmigration aus „westlichen“ Ländern eine geringere Belastung bis hin zu Nettoeinnahmen für die Aufnahmestaaten bedeutet, reißt die massenhafte Aufnahme von Asylbewerbern tiefe Löcher in die öffentlichen Kassen.

Konkret auf Deutschland angewendet bedeutet Werdings Pauschalisierung, dass beispielsweise der fiskalische Effekt von Slowenen in Deutschland (Mediangehalt: 3.587 Euro) mit dem der Syrer (Mediangehalt: 2.657 Euro) verrechnet und dadurch verzerrt wird.

3. Bevölkerungswachstum als Wohlstandsversprechen?

Die Studie setzt ein steigendes Bruttoinlandsprodukt durch Zuwanderung faktisch mit einem gesamtgesellschaftlichen Wohlstandsgewinn gleich. Dabei bleiben jedoch entscheidende Fragen unbeantwortet: Welche Auswirkungen hat eine rapide wachsende Bevölkerung auf den Wohnungsmarkt, die Infrastruktur, das Bildungssystem, die innere Sicherheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt? Diese Aspekte sind für die fiskalische und soziale Nachhaltigkeit von zentraler Bedeutung, werden in der Studie jedoch ignoriert. Darüber hinaus wird das Szenario eines stagnierenden oder sinkenden Bruttoinlandsprodukts aufgrund einer wachsenden ethnischen Fragmentierung der deutschen Gesellschaft gar nicht erst in Betracht gezogen. Werdings reduktionistische Grundannahme ist, dass die fortschreitende Heterogenisierung der deutschen Gesellschaft folgenlos bleibt – auch für die deutsche Ökonomie.

4. Verzerrte Darstellung kritischer Studien 

Die Generationenbilanz-Studien von Raffelhüschen (2024) oder Bonin (2014) zeigen differenzierter auf, dass Migration unter den Bedingungen des deutschen Sozialstaats oft eine langfristig negative fiskalische Bilanz aufweist. Diese Position wird in der Werding-Studie nicht widerlegt, sondern lediglich relativierend kontextualisiert, beispielsweise mit dem Verweis, dass auch Einheimische eine negative Bilanz aufweisen. Dass die negative fiskalische Bilanz der Deutschen jedoch signifikant geringer ausfällt als die der Migranten, projiziert Werding mit einem Verweis auf die demografische Situation in die Zukunft weg. Daneben bleibt der Migrationshintergrund, den immer mehr deutsche Staatsbürger aufweisen, unbeachtet. Ohne dessen Berücksichtigung ist eine umfassende Bestandsaufnahme der fiskalischen Migrationsbilanz aber gar nicht möglich.

Modellrechnungen statt Realität

Die Studie von Prof. Werding erhebt den Anspruch, eine wissenschaftlich abgesicherte Bewertung der fiskalischen Wirkungen von Migration zu liefern. Tatsächlich handelt es sich um eine modellgestützte Szenariostudie, deren Ergebnisse stark von wohlwollenden Annahmen zur Integration, Produktivität und langfristigen Wirtschaftsentwicklung abhängen. Die Kernaussage – Migration entlaste die Staatsfinanzen – kann in dieser Pauschalität nicht überzeugen. Letztlich bedient Werding das linksliberale politische Narrativ, wonach Massenmigration eine Art Investition in fiskalische Nachhaltigkeit und gesellschaftsbeglückende Vielfalt sei. Die deutschen Zustände außerhalb der Modellrechnung zeigen freilich eine andere Realität!

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

René Springer

René Springer ist ein deutscher AfD-Politiker aus Ost-Berlin. Seit der Bundestagswahl 2017 ist der Elektrotechnik-Meister und studierte Politologe Mitglied des Deutschen Bundestages und seit Mai 2020 Sprecher für Arbeit und Soziales der AfD-Bundestagsfraktion. Seit 2024 ist er außerdem Vorsitzender der AfD Brandenburg.

Kann FREILICH auf Ihre Unterstützung zählen?

FREILICH steht für mutigen, konservativ-freiheitlichen Journalismus, der in einer zunehmend gleichgeschalteten Medienlandschaft unverzichtbar ist. Wir berichten mutig über Themen, die oft zu kurz kommen, und geben einer konservativen Öffentlichkeit eine starke Stimme. Schon mit einer Spende ab 4 Euro helfen Sie uns, weiterhin kritisch und unabhängig zu arbeiten.

Helfen auch Sie mit, konservativen Journalismus zu stärken. Jeder Beitrag zählt!