Finnland: Fall um Bibelzitat als „Hassrede“ kommt nun vor Obersten Gerichtshof

Anfang des Jahres hatte die Staatsanwaltschaft angekündigt, gegen den Freispruch der ehemaligen finnischen Innenministerin Päivi Räsänen und des Bischofs Juhana Pohjola, die sich wegen „Aufwiegelung gegen eine Minderheit“ vor Gericht verantworten mussten, Berufung einzulegen. Nun hat das Höchstgericht bestätigt, dass der Revisionsantrag der Staatsanwaltschaft angenommen wurde.

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Finnland: Fall um Bibelzitat als „Hassrede“ kommt nun vor Obersten Gerichtshof
Räsänen und Pohjola müssen sich zum dritten Mal vor Gericht verantworten.© ADF International

Helsinki. – Die finnische Abgeordnete und ehemalige Innenministerin Päivi Räsänen und der Bischof Juhana Pohjola müssen sich wegen eines Tweets mit einem Bibelvers beziehungsweise der Veröffentlichung einer Broschüre zum dritten Mal vor Gericht verantworten, nachdem sie Ende vergangenen Jahres in zweiter Instanz in allen Anklagepunkten freigesprochen worden waren. Der Fall wird nun vor dem finnischen Höchstgericht verhandelt. Ein Verhandlungstermin sei noch nicht bekannt, das Höchstgericht habe aber bestätigt, den Fall nach dem Revisionsantrag der Staatsanwaltschaft zur Entscheidung anzunehmen, teilte die Organisation ADF International mit, die die beiden Angeklagten juristisch begleitet. Die Staatsanwaltschaft fordert Geldstrafen in Höhe von mehreren zehntausend Euro und besteht auf der Zensur der Veröffentlichungen von Räsänen und Pohjola.

Räsänen bleibt gelassen

In einer ersten Stellungnahme erklärte Räsänen: „Ich bleibe gelassen und bin bereit, die Meinungs- und Religionsfreiheit auch vor dem Obersten Gerichtshof zu verteidigen. Wenn nötig, gehe ich auch zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.“ Ein Freispruch durch den Obersten Gerichtshof würde einen stärkeren rechtlichen Präzedenzfall für die Meinungs- und Religionsfreiheit schaffen, erklärte Räsänen weiter. Dies wäre dann auch der Maßstab für den Umgang mit ähnlichen Anklagen in der Zukunft. „Es würde die Freiheit der Christen, über die Lehren der Bibel zu sprechen, stärker absichern“. Das Urteil des höchsten Gerichts würde sich auch auf die Gesetzgebung in Europa auswirken und die Urteile anderer Gerichte in Europa beeinflussen, so die finnische Abgeordnete weiter.

Paul Coleman, Geschäftsführer von ADF International und Mitglied von Räsänens Anwaltsteam, sagte, es sei „alarmierend“, dass die Staatsanwaltschaft weiter gegen Räsänen vorgehen wolle. „Die Urteile des Bezirks- und Berufungsgerichts waren eindeutig und einstimmig. Menschen jahrelang vor Gericht zu zerren, sie stundenlangen polizeilichen Verhören zu unterziehen und dabei Steuergelder zu verschwenden, hat in einer freien Gesellschaft keinen Platz,“ so Coleman.

Tweet und Broschüre als Grund für Anklage

Die Anklage gegen Räsänen nahm ihren Anfang im Jahr 2019. Damals wurden polizeiliche Ermittlungen eingeleitet, weil sie als aktives Mitglied der finnischen lutherischen Kirche einen Beitrag auf X (früher Twitter) veröffentlicht hatte, in dem sie sich an die Leitung ihrer Kirche wandte und deren offizielle Unterstützung für die LGBT-Veranstaltung „Pride 2019“ in Frage stellte. Begleitet wurde ihr Beitrag von einem Bild mit Bibelversen aus dem neutestamentlichen Römerbrief (Röm 1,24-27). Daraufhin wurden weitere Ermittlungen gegen Räsänen eingeleitet, die auf eine Broschüre zurückgingen, die Räsänen vor fast 20 Jahren verfasst hatte. Bischof Juhana Pohjola hatte diese Broschüre mit dem Titel „Als Mann und Frau schuf Er sie“ veröffentlicht, weshalb auch er vor Gericht steht.

Im Rahmen der polizeilichen Vernehmungen musste Räsänen unter anderem ihr Bibelverständnis erläutern. Nach Abschluss der Ermittlungen sah die Polizei jedoch letztlich keine ausreichenden Gründe für eine Anklageerhebung. Die finnische Generalstaatsanwaltschaft sah dies anders und erhob im April 2021 Anklage gegen Räsänen wegen „Aufwiegelung gegen eine Minderheit“. Nach ersten Verhandlungen Anfang 2022 wurden die Angeklagten Räsänen und Pohjola kurz darauf vom Bezirksgericht Helsinki einstimmig freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein – ohne Erfolg. Das Berufungsgericht bestätigte den Freispruch der beiden Angeklagten. Wie die Entscheidung nun in dritter Instanz ausfallen wird, ist offen.