Ex-Botschafter Melnyk fordert plötzlich Verhandlungen – wo bleiben die Entschuldigungen?

Der ehemalige Botschafter der Ukraine in Deutschland Andrij Melnyk, lange Zeit führender Kriegstreiber, fordert plötzlich Friedensverhandlungen mit Russland statt des ukrainischen Siegs. Das war von Anfang an ausgerechnet die Linie der AfD im Bundestag aus der Feder der Außenpolitiker Bystron und Gauland, die Melnyk öffentlich heftig beschimpfte. Kommt neben der Einsicht nun eine Entschuldigung?

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12.2.2024
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Ex-Botschafter Melnyk fordert plötzlich Verhandlungen – wo bleiben die Entschuldigungen?
Als ukrainischer Botschafter heizte Melnyk täglich den öffentlichen Diskurs in Deutschland heftig an.© IMAGO / Metodi Popow

Offenbar haben es nun die übelsten ukrainischen Kriegstreiber begriffen, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland nicht gewinnen kann. Als ukrainischer Botschafter heizte Melnyk täglich den öffentlichen Diskurs in Deutschland heftig an. Er forderte Waffenlieferungen und bedingungslose Unterstützung der Ukraine. Menschen, die ihm widersprachen, kanzelte er öffentlich ab, selbst der Kanzler war vor ihm nicht sicher, den beschimpfte er als „beleidigte Leberwurst“. Jetzt schlägt derselbe Andrij Melnyk während seines Berlin-Besuchs völlig neue Töne an: Man sollte verhandeln, Kanzler Scholz sollte gar das Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin suchen.

Die Rückkehr an den Verhandlungstisch haben führende Politiker der AfD seit Tag eins des Konflikts gefordert. Der Fraktionschef Tino Chrupalla bezeichnete die Bereitstellung von 100 Milliarden Euro für neue Waffen als „Wahnsinn“, der außenpolitische Sprecher der AfD Petr Bystron kritisierte, dass wieder „deutsche Panzer in der Ukraine gegen Russland“ aufgefahren würden. Melnyk beschimpfte beide öffentlich, bezeichnete Bystron in einem Tweet gar als „verrückt“.   

Zuerst abgelehnt, nun selbst gefordert

Jetzt kommt alles genau so, wie von der AfD gefordert. Offenbar waren die Friedensinitiativen der AfD das Gegenteil von „verrückt“. Die Realität zwingt die Konfliktparteien zurück an den Verhandlungstisch. Zahlreiche Vorschläge der AfD-Fraktion fordern einen Verhandlungsfrieden. Die Fraktion organisierte zu dem Anlass sogar ein Friedenskonzert mit Matthias Moosdorf im Bundestag; die Rede hielt der Doyen der Fraktion, Dr. Alexander Gauland, persönlich. Hätte man auf die Oppositionspartei gehört und schon vor Jahren diesen Weg eingeschlagen, statt ständig weitere Waffen zu liefern, hätten unzählige Tote verhindert werden können.

Der von Melnyk offenbarte Kurswechsel ist nicht nur eine Blamage für alle transatlantischen Kriegstreiber außerhalb der AfD wie Strack-Zimmermann und Lambsdorff (beide FDP) oder Röttgen und Kiesewetter von der CDU, sondern auch für die Transatlantiker innerhalb der AfD-Fraktion. Denn diese haben intern gegen die – wie sich zeigt, richtige – Politik von Gauland, Chrupalla und Bystron geschossen und die Entstehung der Anträge ständig behindert.

Uneinigkeit in der Partei

Besonders negativ in dieser Hinsicht ist ein Quartett aus Norbert Kleinwächter, Rainer Kraft, Jürgen Braun und Beatrix von Storch aufgefallen. Sie hätten regelmäßig die Position der eigenen Kollegen angegriffen und mit nervig langen Diskussionen die Arbeit der ganzen Fraktion behindert, so berichten zahlreiche Abgeordnete der AfD übereinstimmend.

Auch negativ sei dabei wegen seiner aggressiven Ausfälle der Bayer Rainer Kraft aufgefallen, der oft in den Sitzungen herumpöbelte und schon mal die Anträge von Dr. Gauland als „Schwachsinn“ bezeichnete. Kein Wunder, dass Kraft sogar noch Mitte Januar, also zu einem Zeitpunkt, als selbst die Amerikaner die weitere Unterstützung der Ukraine drosselten, als einziger AfD-Abgeordneter in einer namentlichen Abstimmung für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Selenskyj-Regierung stimmte.

Doch hinter den Querschüssen auf eigene Kollegen stecke nicht nur politische Überzeugung, sondern auch eine gehörige Portion Kalkül und Intrige. Sowohl von Storch als auch Jürgen Braun werden Ambitionen nachgesagt, in den hoch angesehenen Auswärtigen Ausschuss aufzurücken. Beide wurden von der Fraktion für diese Position am Anfang der Legislatur nicht gewählt. Nach dieser Blamage dürften ihre Chancen nicht unbedingt gestiegen sein.

Aggressionspolitik gescheitert

Auch der Ex-Botschafter Melnyk sollte sich bei der AfD für seine Verbalattacken entschuldigen. Denn seine jetzigen Ausführungen in einem Interview mit n.tv klingen wie aus einem AfD-Papier abgeschrieben: „Eine strategische diplomatische Initiative“, müsse her, welche „die USA, Deutschland, Großbritannien, aber auch China“ einbinde. Es brauche nun „neue, echte Impulse für Diplomatie“, so der Ukrainer weiter.

Das Umdenken des früheren Kriegstreibers Melnyk ist Ausdruck von Verzweiflung angesichts der militärisch ausweglosen Lage. Dass Melnyk, neben weiteren Waffenlieferungen und Sanktionen des Westens, jetzt auch „Gespräche“ fordert, zeigt das grandiose Scheitern des bisherigen, aggressiven Ansatzes der Ukraine; sie würde siegreich aus dem Konflikt hervorkommen. Ein „Gespräch“ könne „Wunder bewirken“, erklärt Melnyk inzwischen versöhnlich, spricht sogar von einer „Friedensformel“, die Selenskyj „ins Spiel gebracht“ habe. Selbst einem Treffen des deutschen Bundeskanzlers mit Putin steht er neuerdings offen gegenüber.

Ob jetzt mit oder ohne Entschuldigung – die AfD behielt mit ihrem Kurs (wieder) mal Recht. Der Konflikt in der Ukraine wird am Verhandlungstisch entschieden. Die Transatlantiker in und außerhalb der Partei haben sich blamiert.


Zur Person:

Johann Leonhard ist Publizist und schreibt für verschiedene rechte Medien.

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