Ukraine: Bundesregierung kann Folgen eigener Forderungen nicht abschätzen

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte bereits Ende 2022 seine Unterstützung für einen EU-Beitritt der Ukraine und anderer Staaten erklärt. Die Bundesregierung kann jedoch derzeit nicht abschätzen, welche Belastungen dies zum Beispiel für den EU-Haushalt mit sich bringen würde.

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Ukraine: Bundesregierung kann Folgen eigener Forderungen nicht abschätzen
© IMAGO / Political-Moments

Berlin. – Die Ukraine erhielt im Juni 2022 den offiziellen Status eines Beitrittskandidaten, auf dem EU-Gipfel im Dezember 2023 haben die EU-Staaten beschlossen, Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine aufzunehmen. Wie der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft unlängst berechnet hat, würden der Ukraine aus dem Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021 bis 2027 zwischen 125 und 187 Milliarden Euro zustehen, wenn sie aktuell Mitglied wären. Die Bundesregierung selbst nennt diese Schätzung „nicht seriös“, wie aus der Antwort auf eine Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten Harald Weyel hervorgeht.

„Kosten hängen von vielen Faktoren ab“

Um die hypothetischen Ansprüche auf Mittel aus dem mehrjährigen Finanzrahmen der EU abschätzen zu können, orientierte sich das IW an vergleichbaren Ländern wie Polen und Rumänien. Je nach Ackerfläche stünden der Ukraine Agrarsubventionen in Höhe von 68 bis 93 Milliarden Euro zu. Hinzu kämen weitere 50 bis 87 Milliarden aus dem Kohäsionstopf, der zur finanziellen Unterstützung strukturschwacher Regionen innerhalb der Mitgliedsstaaten dient. Weitere sieben Milliarden Euro kämen aus anderen Bereichen des mehrjährigen Finanzrahmens. Insgesamt stünden der Ukraine somit zwischen 125 und 187 Milliarden Euro aus dem siebenjährigen EU-Haushalt zu.

Schätzungen über die Höhe der Kosten eines EU-Beitritts der Ukraine lassen sich aus Sicht der Bundesregierung allerdings „nicht seriös beziffern“. Etwaige Auswirkungen eines möglichen EU-Beitritts der Ukraine auf den EU-Haushalt würden von vielen Faktoren abhängen, unter anderem von der Ausgestaltung der Beitrittsverträge und den zum Zeitpunkt des Beitritts geltenden Regelungen für die verschiedenen EU-Programme und -Politiken, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf Weyels Anfrage.

Hohe Kosten auch bei möglichem Beitritt von Balkanländern

Auch der Beitritt der sechs Balkanländer Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien sowie Georgien und Moldawien könnte die Staatengemeinschaft mit 74 Milliarden Euro belasten, wie die Financial Times bereits im Oktober letzten Jahres unter Berufung auf eine interne Schätzung des EU-Rates berichtete. Für die Schätzung haben die EU-Beamten die bestehenden Regeln für den Haushalt der Union für die Jahre 2021 bis 2027 herangezogen und auf eine erweiterte Union übertragen. Aber auch hier sagt die Bundesregierung, dass man die Kosten noch nicht „seriös beziffern“ könne. Die Auswirkungen eines möglichen EU-Beitritts auf den EU-Haushalt hingen von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von der Ausgestaltung der Beitrittsverträge und den zum Zeitpunkt des Beitritts geltenden Regelungen für die verschiedenen EU-Programme und -Politiken, zum Beispiel für die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Struktur- und Kohäsionspolitik, hieß es bereits im Dezember 2023 in einer weiteren Antwort auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Harald Weyel.