Soziologe: Kirchenasyl zerstört Vertrauen in Rechtsstaat
Elmar Nass wirft dem Kirchenasyl in Deutschland politischen Missbrauch vor. Schutz sei damit kaum verbunden, vielmehr entstehe Misstrauen gegenüber dem Rechtsstaat.
Köln. – Der Kölner Sozialwissenschaftler und Ethiker Elmar Nass hat die Praxis des Kirchenasyls in Deutschland deutlich kritisiert. „Die Anwendung des rechtswidrigen Kirchenasyls sät Misstrauen gegen unseren Rechtsstaat“, schrieb er in einem Beitrag für die katholische Zeitung Die Tagespost. Gemeinden dürften sich nicht über staatliche Verfahren hinwegsetzen.
Politische Instrumentalisierung statt Hilfe
Nass ist der Ansicht, dass das Kirchenasyl in der Regel politisch missbraucht wird. Anstatt Geflüchteten wirksam zu helfen, diene es zunehmend als Druckmittel gegen staatliche Institutionen. Mehrheitsbeschlüsse kirchlicher Gremien könnten das geltende Recht jedoch nicht außer Kraft setzen. Zudem verschaffe die Maßnahme meist nur einen zeitlichen Aufschub, aber kein Bleiberecht.
Besonders kritisch äußerte sich Nass über den politischen Missbrauch: „Die gut gemeinte Praxis des Kirchenasyls in Deutschland steht so im Verdacht politischer Indienstnahme durch Kräfte, die womöglich mit Jesus und Rechtsstaat nicht viel zu tun haben.“ Auf diese Weise würden Christen Kräften den Weg bereiten, „die alles andere wollen als einen Rechtsstaat“.
Legitimes Mittel nur in Unrechtsstaaten
Doch Nass betonte, dass das Kirchenasyl nicht grundsätzlich abzulehnen sei. „Die Institution des Kirchenasyls ist ein legitimes Instrument der Universalkirche, vor allem in Unrechtsstaaten christliche Moral über staatliches Gesetz zu stellen und dort Verfolgten Auswege anzubieten.“ In solchen Staaten könne es „ein wirksames letztes Mittel christlicher Humanität“ sein, wenn Menschen von Verfolgung bedroht sind. Für Deutschland mit funktionierendem Rechtsstaat gelte dies aus seiner Sicht jedoch nicht.
Beim sogenannten Kirchenasyl gewähren Gemeinden oder Ordensgemeinschaften Asylbewerbern vorübergehend Schutz, um eine drohende Abschiebung zu verhindern. Dies soll greifen, wenn für die Betroffenen Gefahr für Leib und Leben besteht. Bereits seit dem 4. Jahrhundert ist belegt, dass Flüchtlinge in Kirchen Zuflucht suchten.