FREILICH-Wahlanalyse

Landtagswahl Kärnten 2023

In seiner Wahlanalyse zur Landtagswahl in Kärnten Anfang März geht Martin Scheliga der Frage nach, wie unter anderem das FPÖ-Ergebnis zustande gekommen ist und wirft dabei einen Blick auf regionale und lokale Besonderheiten, Wählerströme, Wahlverhalten nach Geschlecht, Wahlmotive usw.

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Landtagswahl Kärnten 2023
Landhaus in Klagenfurt mit Sitz des Kärntner Landtages© Johann Jaritz / CC BY-SA 4.0, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons (Bild zugeschnitten)

Die Landtagswahl in Kärnten war ähnlich wie die vorangegangene in Niederösterreich eine Schlappe für die Regierungspartei. Verlor vor einigen Wochen die ÖVP ihre absolute Mehrheit, hat es nun die SPÖ erwischt: Im Vergleich zur Wahl 2018 verlor sie neun Prozentpunkte, während alle anderen relevanten Parteien dazugewannen, darunter die FPÖ, die sich aus einem Umfragetief kämpfe. Jedoch scheint das Team Kärnten rund um den Bürgermeister von Spittal an der Drau, Gerhard Köfer, einen größeren Wahlerfolg der FPÖ verhindert zu haben. Wie kam das FPÖ-Ergebnis zustande und hätte es ohne Team Kärnten wirklich ein besseres Ergebnis gegeben?

Regionale und lokale Besonderheiten

Die SPÖ konnte alle Bezirke Kärntens gewinnen, allerdings flächendeckend mit deutlichen Verlusten. Die besten Ergebnisse um 50 Prozent errang die SPÖ vor allem ganz im Süden und Südosten Kärntens, wo der Anteil der slowenischen Bevölkerung in etlichen Gemeinden mehr als 30 Prozent beträgt, im Westen und Norden schwächelten die Sozialdemokraten am meisten. Eine sichere Bank für die SPÖ bleiben die beiden größten Städte Kärntens, Klagenfurt (103.000 Einwohner) und Villach (64.000 Einwohner), mit jeweils 43 Prozent.

Die FPÖ gewann zwar im Vergleich zur vorherigen Wahl 1,6 Prozent dazu, die Gewinne und Verluste waren jedoch sehr ungleich verteilt. Während die Freiheitlichen im nordwestlichen Bezirk Spittal an der Drau (+ 6,5 Prozent) und in der Stadt Villach (+ 5,3 Prozent) massiv zulegen konnten, verloren sie in der Stadt Klagenfurt und im Bezirk Wolfsberg jeweils zwei Prozent. Aus freiheitlicher Sicht ist erfreulich, dass die FPÖ in zahlreichen Gemeinden im Nordwesten und Norden Kärntens stärkste Partei wurde. Während die FPÖ mit 25,4 Prozent in Villach ein sehr respektables Ergebnis leicht über dem Landesschnitt erreichen konnte, stimmten nur unterdurchschnittliche 17,3 Prozent in Klagenfurt für die Freiheitlichen. Noch schlechter fielen die Ergebnisse nur im Südosten Kärntens mit starker slowenischer Minorität aus.

Die ÖVP konnte ausschließlich im äußersten Westen Kärntens sehr starke Ergebnisse von über 40 Prozent einfahren. Auch im Bezirk St. Veit an der Glan gab es etliche Gemeinden mit Resultaten rund um 30 Prozent. Schlechte Ergebnisse fuhr die ÖVP vor allem im Süden und in Villach (11,1 Prozent) sowie in Klagenfurt (13,5 Prozent) ein.

Team Kärnten konnte vor allem in den Gemeinden punkten, in denen Bürgermeister der Partei im Amt sind. In Spittal an der Drau, wo der Spitzenkandidat Gerhard Köfer Bürgermeister ist, konnte seine Liste 24 Prozent erringen, in St. Georgen im Lavanttal, wo der ehemalige Kärntner Landtagsabgeordnete Karl Markus die Geschicke der Gemeinde lenkt, sogar 27,6 Prozent. Ansonsten sind die Ergebnisse von Team Kärnten geographisch relativ wenig zusammenhängend. Sowohl in Spittal an der Drau als auch in Sankt Georgen im Lavanttal errang die FPÖ Ergebnisse über 25 Prozent, aber während in Spittal der Anteil der FPÖ-Wähler gemeinsam mit dem von Team Kärnten stieg, verlor die FPÖ in Sankt Georgen kräftig, mutmaßlich zu großen Teilen an die Partei von Gerhard Köfer.

Wählerströme

Im Vergleich zu 2018 konnte die FPÖ in dieser Wahl von 66.000 auf 75.000 Stimmen zulegen, ein Plus von 9.000 Stimmen oder 13,6 Prozent. Von diesen Wählern haben insgesamt 46.000 sowohl 2018 als auch 2023 für die Freiheitlichen votiert, was bedeutet, dass 69,7 Prozent aller Wähler von 2018 von der FPÖ gehalten werden konnten und diese „Stammwähler“ 61,3 Prozent des aktuellen FPÖ-Ergebnisses ausmachen. Die meisten verlustig gegangenen Wähler der FPÖ konnte die ÖVP aufsammeln. 8.000 Wähler wechselten von den Freiheitlichen zur Volkspartei, was 12,1 Prozent aller Wähler von 2018 entspricht. 4.000 Wähler (6,1 Prozent) flossen von der FPÖ zum Team Kärnten ab, 3.000 Wähler (4,6 Prozent) ins Nichtwählerlager. 2.000 Wähler gab die FPÖ an die neue Partei „Vision Österreich“ ab (2,7 Prozent). Die Verluste an die SPÖ, die Grünen und die NEOS sind nur marginal.
Die meisten Wähler gewann die FPÖ von den Nichtwählern. Von den 75.000 derzeitigen FPÖ-Wählern sind 10.000 (13,3 Prozent) 2018 nicht zur Wahl gegangen. 8.000 Wähler kamen von den Sozialdemokraten zur FPÖ (10,7 Prozent), 5.000 von der ÖVP (6,7 Prozent) und 4.000 vom Team Kärnten (5,3 Prozent). Sehr interessant ist, dass die FPÖ von der nicht mehr angetretenen Liste „Verantwortung ERDE“, die sich dem Naturschutz und Alternativen zum Wirtschaftswachstum verschrieben hat, jeden vierten Wähler, also 1.000 der 4.000 ehemaligen Wähler, aufgesammelt hat.
Bei der vermeintlich stärksten Konkurrenz der FPÖ, dem Team Kärnten (TK), verhält es sich indes so, dass jeder dritte Wähler ein ehemaliger SPÖ-Wähler ist. Das nächste Drittel bilden die TK-Stammwähler, jeweils ein Sechstel der TK-Wähler wählten früher gar nicht oder FPÖ.

Wahlverhalten nach Alter und Geschlecht

Trennt man nach beiden Geschlechtern, wird ersichtlich, dass Frauen eher zu ÖVP und SPÖ tendieren als Männer. FPÖ und TK bedienen dafür eher die männliche Wählerklientel. Unter Männern wählten 38 Prozent die SPÖ, auf dem zweiten Platz folgt die FPÖ mit 28 Prozent. Weit abgeschlagen liegt die ÖVP auf dem dritten Platz mit 14 Prozent, Köfers Liste ist mit elf Prozent viertstärkste Partei unter Männern. Unter Frauen liegt die SPÖ mit 41 Prozent sehr deutlich auf dem ersten Platz, die FPÖ erfährt mit 21 Prozent nur halb so viel Zustimmung, sogar nur knapp mehr als die ÖVP (20 Prozent). Team Kärnten liegt mit neun Prozent auf dem vierten Platz, die Grünen hätten mit fünf Prozent unter den Frauen die Fünfprozenthürde erreicht.

Unter den Wählern bis 29 ist die SPÖ mit 38 Prozent zwar stärkste Partei. Allerdings ist die FPÖ mit 32 Prozent unter Jungwählern außerordentlich stark. Auf dem dritten Platz liegt etwas überraschend Team Kärnten mit zehn Prozent, die ÖVP holt nur acht Prozent. Unter mittelalten Wählern (30 bis 59) ist die SPÖ mit 37 Prozent ähnlich stark, die Zustimmungswerte für die FPÖ liegen in dieser Gruppe etwas niedriger bei 28 Prozent. Auf dem dritten Platz liegt die ÖVP mit 14 Prozent vor Team Kärnten mit zwölf Prozent . Schaut man in die Altersgruppe der Über-60-Jährigen, dominieren die SPÖ mit 44 Prozent und die ÖVP mit 25 Prozent, die in dieser Alterskohorte ihre jeweils besten Ergebnisse holen. Die FPÖ liegt mit 17 Prozent nur auf Platz 3, TK auf dem vierten Platz mit acht Prozent.

Betrachtet man in der Auswertung nach Alter und Geschlecht die Männer bis 44, liegen SPÖ (37 Prozent) und FPÖ (36 Prozent) Kopf an Kopf. Die ÖVP (neun Prozent) und TK (acht Prozent) spielen nur eine unwesentliche Rolle. Unter den Männern ab 45 setzt sich die SPÖ mit 39 Prozent deutlich von der zweitplatzierten FPÖ mit 24 Prozent ab, während Team Kärnten mit 13 Prozent ein vergleichsweise starkes Ergebnis erzielt. Die ÖVP reiht sich zwischen FPÖ und TK mit 17 Prozent ein.
Unter Frauen bis 44 liegt die SPÖ mit 38 Prozent vor der FPÖ mit 28 Prozent. Die ÖVP sichert sich mit zwölf Prozent knapp den dritten Platz vor Team Kärnten mit elf Prozent. Bei Frauen ab 45 holt die SPÖ mit 42 Prozent überdurchschnittlich viele Stimmen, auf dem zweiten Platz liegt die ÖVP mit 24 Prozent. Die FPÖ erzielt 17 Prozent, TK sieben Prozent und die Grünen fünf Prozent.

Alles in allem wird der Trend bestätigt, dass SPÖ und ÖVP vermehrt eine ältere Wählerklientel bedienen und insbesondere die Damen der Regierungspartei anhängen, während Männer und auch Jüngere zu rechten oder liberalen Parteien wie in diesem Fall FPÖ und Team Kärnten tendieren.

Wahlverhalten nach Erwerbstätigkeit, Bildung und sozialem Status

Unter Erwerbstätigen punktet die FPÖ traditionell stark, 30 Prozent aus dieser Gruppe würden die FPÖ wählen. Kaum stärker, aber auf dem ersten Platz befindet sich die SPÖ mit 34 Prozent. Die ÖVP erzielt in dieser Gruppe verhältnismäßig schwache 14 Prozent, Team Kärnten dagegen überdurchschnittliche zwölf Prozent. Unter Pensionisten herrscht ein umgekehrtes Bild vor, SPÖ (44 Prozent) und ÖVP (25 Prozent) dominieren die Wählergruppe der Rentner. Schwache Ergebnisse ernten die FPÖ mit 19 Prozent und Köfer mit 7 Prozent.

In der Kategorie der nicht maturierten Wähler erringt die FPÖ mit 27 Prozent ein Ergebnis über dem Schnitt. Gewinner in dieser Gruppe ist dennoch unangefochten die SPÖ mit 39 Prozent. Die ÖVP holt 17 Prozent, Team Kärnten elf Prozent. Damit ist die Gemeinsamkeit festzustellen, dass FPÖ- und Köfer-Wähler tendenziell eher der einfachen Bildungsschicht zuzuordnen sind. Bei den Maturierten bleiben die SPÖ (41 Prozent) und die ÖVP (17 Prozent) beinahe unverändert stark, der Wert der FPÖ sinkt jedoch auf 17 Prozent und der des Teams Kärnten auf acht Prozent ab. Wesentlich stärker werden die kleinen Parteien, so kommen die Grünen auf sechs Prozent sowie NEOS und Vision Österreich auf jeweils fünf Prozent.

Besonders stark weichen die Werte speziell unter Akademikern ab, wo die SPÖ mit 49 Prozent die Hälfte aller Wählerstimmen für sich verbucht. Zweitstärkste Partei ist die ÖVP mit gerade einmal 15 Prozent, die FPÖ schneidet mit 14 Prozent sogar einen Prozentpunkt schlechter ab. Die Grünen schneiden mit sieben Prozent genauso gut ab wie das Team Kärnten.

Bei den Erwerbstätigen ohne Matura gewinnt die FPÖ mit 34 Prozent knapp vor der SPÖ mit 32 Prozent. Selbst das Team Kärnten schneidet mit 14 Prozent besser als die ÖVP mit 13 Prozent ab. Hier ist klar zu sehen, dass FPÖ und TK die einfache, arbeitende Klientel ansprechen. Bei den maturierten Erwerbstätigen liegt die SPÖ mit 38 Prozent klar vor der FPÖ (22 Prozent) und der ÖVP (14 Prozent). Dahinter reihen sich TK mit acht Prozent, die Grünen mit sieben Prozent, die NEOS mit sechs Prozent und Vision Österreich mit fünf Prozent ein.

Motive für die Wahlentscheidung zugunsten der FPÖ

Bei der Frage, welches Motiv das wahlentscheidende war, um der FPÖ die Stimme zu geben, ergibt sich ein sehr vielschichtiges Bild. Mit jeweils 13 Prozent lagen die inhaltlichen Standpunkte der FPÖ und deren Corona-Politik ganz vorne. Am drittmeisten wurde genannt, dass die FPÖ die Interessen des jeweiligen Wählers am besten verträte (zehn Prozent). Somit sind die drei häufigsten Gründe inhaltlicher Natur. Danach folgen die Glaubwürdigkeit der FPÖ mit neun Prozent, bekennende Stammwähler mit acht Prozent sowie Unzufriedenheit und Protest mit sieben Prozent.

Besonders interessant ist der Punkt, dass gerade mal ein Prozent aller FPÖ-Wähler sich hauptsächlich wegen des Spitzenkandidaten Erwin Angerer für die Freiheitlichen entschieden hat. Bei allen anderen großen Parteien ist das anders: 27 Prozent aller SPÖ-Wähler votierten zuvörderst wegen des Landeshauptmanns, Peter Kaiser, für die Sozialdemokraten, 26 Prozent aller ÖVP-Wähler wegen deren Spitzenkandidaten, Martin Gruber, sowie 15 Prozent aller TK-Wähler wegen Gerhard Köfer.

Kernthemen der FPÖ-Wähler

Ähnlich wie bei der Umfrage, welches Wahlmotiv das wichtigste war, um sich für eine bestimmte Partei zu entscheiden, wurde bei der Umfrage, welche sachpolitischen Themen eine Rolle gespielt haben, offenkundig, dass FPÖ-Wähler im Schnitt ein deutlich größeres politisches Interesse haben als die Wähler anderer Parteien. 65 Prozent aller FPÖ-Wähler gaben an, dass die Inflation und die steigenden Preise ein Grund für die Wahl der Partei gewesen seien. 59 Prozent begründeten ihre Wahl mit der Migrationspolitik der FPÖ. Bei den anderen Parteien werden Werte dieser Höhe bei keinem einzigen Thema erzielt. 49 Prozent aller Wähler der Freiheitlichen maßen dem Komplex „Sicherheit und Krieg“ große Bedeutung zu, jeweils 40 Prozent gaben an, als Wahlmotiv die Korruption der Politiker anderer Parteien oder die oppositionelle Corona-Politik der FPÖ gehabt zu haben. Für jeweils 38 Prozent der Wähler waren die FPÖ-Positionen zur Energieversorgung und dem bezahlbaren Wohnen relevant. Anhand dieser erhobenen Werte wird unterstrichen, dass FPÖ-Wähler in Kärnten mit der Sachpolitik ihrer Partei zufrieden sind und sich vor allem wegen dieser zur Wahl der Freiheitlichen entschließen.
Für die Wähler der anderen drei Parteien, die in das Kärntner Landesparlament eingezogen sind, waren die Inflation und die steigenden Preise ebenfalls das wichtigste Thema, jedoch mit 45–50 Prozent weit weniger wichtig als für die FPÖ-Wähler. SPÖ-Wähler nannten dahinter mit jeweils 27 Prozent Klima und Umweltschutz, Gesundheit und Pflege sowie die Sicherung der Energieversorgung, die Wähler der Volkspartei nannten mit 33 Prozent Migration und mit 31 Prozent Gesundheit und Pflege. Zweitwichtigstes Thema der Team-Kärnten-Wähler war mit 33 Prozent die Energiesicherheit vor der Migration mit 29 Prozent. Bemerkenswert ist indes, dass die Positionierung im Ukrainekrieg für FPÖ-Wähler viel relevanter war als für die Wähler anderer Parteien.

Positionierung der FPÖ-Wähler in der Landespolitik

Bei der Frage, welche Partei in der Landesregierung Kärntens vertreten sein soll, antworteten 74 Prozent, dass die SPÖ regieren solle, 51 Prozent wünschten dies von der ÖVP. Eine grundsätzliche Wechselstimmung ist trotz des Einbruchs des SPÖ-Ergebnisses folgerichtig nicht auszumachen. 31 Prozent aller Wähler fänden eine Regierung unter Beteiligung der FPÖ attraktiv. 27 Prozent könnten sich eine Team-Kärnten-Regierung vorstellen, eine grüne Regierungsbeteiligung fänden 19 Prozent erstrebenswert. NEOS und Vision Österreich reihen sich dahinter mit elf Prozent respektive sechs Prozent ein.

Unter den FPÖ-Wählern selbst wünschen sich 99 Prozent eine FPÖ-Regierung. Das ist ein klares Indiz dafür, dass die FPÖ glaubhaft gemacht hat, dass sie regierungsfähig ist. 43 Prozent der Kärntner FPÖ-Unterstützer wünschen sich ferner das Team Kärnten in der Regierung. Regierungsbeteiligungen der SPÖ und der ÖVP wünschen sich nur 30 Prozent beziehungsweise 29 Prozent der FPÖ-Wähler. Selbst die neue Partei Vision Österreich schneidet mit zehn Prozent unter FPÖ-Wählern besser ab als die NEOS (fünf Prozent) und die Grünen (drei Prozent).

Dahingegen wünschen sich gerade einmal neuen Prozent aller SPÖ- und ÖVP-Wähler eine FPÖ-Regierung, weshalb in beiden Milieus für die Freiheitlichen wohl wenig zu holen sein dürfte. Anders sieht es beim Team Kärnten aus, fast die Hälfte der TK-Wähler (42 Prozent) ist einer FPÖ-Regierung gegenüber aufgeschlossen. Die ÖVP ist unter diesen Wählern weitaus unattraktiver als die FPÖ (24 Prozent), nur die SPÖ landet mit 53 Prozent vor der FPÖ.
Bei der Direktwahl des Ministerpräsidenten hätten 71 Prozent aller FPÖ-Wähler für den freiheitlichen Spitzenkandidaten Erwin Angerer votiert. Landeshauptmann Peter Kaiser von der SPÖ käme auf magere sieben Prozent, auf dem dritten Platz wäre Gerhard Köfer mit sechs Prozent gelandet. ÖVP-Mann Martin Gruber hätte nur ein Prozent geholt, noch weniger als Vision-Österreich-Spitzenmann Alexander Todor-Kostić (zwei Prozent).

Erwin Angerer hätte bei den Wählern der anderen Parteien jedoch nur sehr wenige Stimmen geholt, null Prozent der SPÖ-Wähler und ein Prozent der ÖVP-Wähler hätten ihre Stimme Angerer geschenkt. Immerhin hätten sich fünf Prozent aller Team-Kärnten-Wähler für Angerer entschieden. In der Statistik ist besonders auffällig, dass die Wähler aller Parteien mehr oder weniger geschlossen den Spitzenkandidaten der Partei ihres Vertrauens gewählt hätten, nur die ÖVP fällt aus der Reihe. Martin Gruber wäre gerade einmal von 56 Prozent aller ÖVP-Wähler unterstützt worden, Landeshauptmann Kaiser hätte 28 Prozent geholt und Gerhard Köfer immerhin fünf Prozent.

Bei einer Direktwahl des Landeshauptmanns hätte Peter Kaiser eine relative Mehrheit von 49 Prozent erzielt. Auf dem zweiten Platz läge Erwin Angerer mit 18 Prozent vor Martin Gruber mit zwölf Prozent und Gerhard Köfer mit zehn Prozent.

Vertrauen in Politik und Einschätzung der Entwicklung Kärntens

Auf die Frage, wie sich Kärnten seit der letzten Landtagswahl entwickelt habe, antworteten zehn Prozent aller FPÖ-Wähler mit „eher positiv“, 37 Prozent beobachteten keine Veränderung und 57 Prozent bewerteten die Entwicklung als „eher negativ“. Ähnlich beschreiben die Wähler des Teams Kärnten die vergangenen fünf Jahre. SPÖ-Unterstützer empfanden die letzte Legislatur als überwiegend positiv und bei ÖVP-Wählern ergibt sich ein sehr uneinheitliches Bild.

Die Zukunft der jungen Generation in Kärnten würden FPÖ-Wähler zu 75 Prozent als „eher schlechter“ bewerten, zu zwölf Prozent als „eher besser“ und neun Prozent meinten, sie würde gleich gut ausfallen wie die aktuelle Zeit. Auch hier stimmt das Umfrageergebnis nahezu mit dem der TK-Wähler überein. Bei Wählern der SPÖ sind alle drei Umfrageoptionen in etwa gleich stark, ÖVP-Unterstützer sehen die Zukunft der Jugend tendenziell eher negativ, allerdings nicht so deutlich wie FPÖ- oder TK-Wähler.
Ebenfalls wurde erhoben, ob die Wähler den Lösungen der Politik für die aktuellen Herausforderungen vertrauen. FPÖ-Wähler antworteten zu 15 Prozent mit „sehr“, 31 Prozent mit „ziemlich“, 35 Prozent mit „wenig“ und 13 Prozent mit „gar nicht“. Auch hier wieder sind die Zahlenwerte mit denen bei Wählern von Team Kärnten fast identisch. SPÖ- und ÖVP-Wähler glauben mit jeweils rund 80 Prozent an die Lösungsfähigkeit der Politik.

Zuletzt wurde noch abgefragt, ob die Politik in Kärnten die Alltagssorgen der Bürger verstünde. FPÖ-Unterstützer antworteten zu neun Prozent mit „sehr“, 17 Prozent mit „ziemlich“, 37 Prozent mit „wenig“ und 35 Prozent „gar nicht“. Team-Kärnten-Wähler sind da nur marginal positiver gestimmt. Von den Wählern von ÖVP und SPÖ sagen jedoch nur 60 Prozent, dass die Politik die alltäglichen Probleme der Bürger nachvollziehen könne.

Aus FPÖ-Sicht ist zu konstatieren, dass etliche ihrer Wähler nicht vollständig mit dem vorherrschenden System gebrochen haben, sondern – trotz Unzufriedenheit – einfach maßgebliche Reformen wünschen.

Fazit

Von den massiven Verlusten der regierenden SPÖ hat die FPÖ allenfalls bedingt profitiert. Es ist gelungen, in begrenztem Maß die Zahl an Wählern zu erhöhen und die Kernthemen richtig zu verkaufen. Die Sachkompetenz der Freiheitlichen in den drängenden politischen Fragen der Zeit war der hauptsächliche Faktor für die leichten Zugewinne. Mutmaßungen, das Team Kärnten und insbesondere Gerhard Köfer könnten einen größeren freiheitlichen Wahlerfolg verhindert haben, sind jedoch zum Teil unzutreffend. Gerade in Gemeinden, in denen TK stark vertreten ist, hat es punktuell deutliche FPÖ-Verluste gegeben, allerdings nicht überall. Die Wählerschaft der FPÖ ist ähnlich wie bei der vom Team Kärnten überwiegend männlich, aber während Team Kärnten eher die Generation der Baby-Boomer bedient, holt die FPÖ ihre Stimmen bei der Jugend. Auch die Wählerflüsse sprechen nicht unbedingt für eine große Überschneidung von FPÖ- und Köfer-Unterstützern.

Ein großes Manko für die FPÖ dürfte das Fehlen eines charismatischen Spitzenkandidaten sein – Jörg Haider dürfte eine zu große Lücke hinterlassen haben. Peter Kaiser bleibt zwar, wenn auch weniger deutlich als früher, die Nummer Eins in Kärnten, wirklich gefährlich werden konnte ihm Erwin Angerer jedoch nie. Viele Wähler in Kärnten entscheiden immer noch nach den Spitzenkandidaten der Parteien. Hier sollte die FPÖ für die Zukunft Talente gezielt fördern.

Trotz allem bleibt festzuhalten, dass die Kärntner FPÖ nach dem Umfragetief in der Vergangenheit massiv aufgeholt hat und den österreichweiten Aufwärtstrend bestätigen konnte.


Zur Person:

Martin Scheliga, Jahrgang 1997, ist studierter Master-Mathematiker und fertigt für verschiedene Auftraggeber politische Analysen an.