Männer ausgeschlossen: Uni Linz schreibt KI-Professuren nur für Frauen aus
Mit einer radikalen Maßnahme will die JKU Linz mehr Frauen in Spitzenpositionen bringen – und schließt dafür Männer von fünf neuen KI-Professuren kategorisch aus.
Die Maßnahme der JKU Linz sorgt für Diskussionen und wirft zudem rechtliche Fragen auf.
© IMAGO / Harald DostalLinz. – Die Johannes-Kepler-Universität (JKU) Linz erregt mit einer ungewöhnlichen Maßnahme Aufmerksamkeit: Fünf neue Tenure-Track-Professuren im Bereich „Künstliche Intelligenz” sind ausschließlich für Frauen vorgesehen, wie der Standard berichtet. In den offiziellen Ausschreibungstexten heißt es wörtlich: „Es werden ausschließlich Bewerbungen von Frauen angenommen.“ Männer sind somit explizit ausgeschlossen, was juristische Fragen aufwirft.
Universität will höheren Professorinnenanteil
Hintergrund dieser Maßnahme ist die extrem niedrige Frauenquote in den höchsten akademischen Positionen. Derzeit sind nur 19 Prozent der Professuren an der JKU mit Frauen besetzt. In der Informatik, in der die neuen KI-Stellen angesiedelt sind, liegt der Anteil sogar noch darunter. Die Universität spricht von einer „strukturellen Unterrepräsentation“ und betont, dass sie gezielt gegensteuern wolle.
Bei ihrer Vorgehensweise beruft sich die JKU auf den verfassungsrechtlichen Gleichstellungsauftrag und das österreichische Gleichbehandlungsgesetz. Letzteres erlaubt „gezielte Fördermaßnahmen zur Beseitigung bestehender Unterrepräsentationen“. Die Universität sieht ihre Maßnahmen daher als rechtskonform an.
Ausschreibung ohne Öffnungsklausel
Juristisch ist der Fall jedoch keineswegs eindeutig. Die Arbeitsrechtsexpertin Andrea Potz hat sich in der „Zeitschrift für Hochschulrecht” ausführlich mit der Thematik beschäftigt. Im Gespräch mit dem Standard erklärt sie: „Regelungen, die dem unterrepräsentierten Geschlecht automatisch und jedenfalls den Vorzug geben, sind nach der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unzulässig.“ Eine Ausschreibung, die Männer kategorisch ausschließt, verstoße gegen Unionsrecht, da sie eine „pauschale, undifferenzierte Bevorzugung“ darstelle.
„Der EuGH war da bisher eindeutig, er lehnt eine absolute Bevorzugung von Frauen ab. Man darf den Zugang von Bewerbern nicht völlig abschneiden“, so Potz weiter. Damit eine solche Maßnahme zulässig sei, müsse sie zumindest eine „Öffnungsklausel“ enthalten, beispielsweise für alleinerziehende Väter oder Männer, die von klassischen Rollenbildern abweichen. Eine solche Klausel fehlt im Fall der JKU.
Symbolpolitik oder notwendiger Eingriff?
Trotz rechtlicher Bedenken zeigt Potz Verständnis für die Maßnahme: „Quoten sind das Einzige, was im Sinne der Gleichstellung wirklich gut funktioniert. Es gibt ja genügend hochqualifizierte Forscherinnen, und eigene Stellen sind ein klares Signal, dass sie sich auch bewerben sollen.“ Gerade im MINT-Bereich könnten gezielte Maßnahmen die Gleichstellung „nachhaltig fördern“.
Im Falle einer Klage sieht die Juristin zumindest einen möglichen Spielraum: „Die EuGH-Judikatur ist schon etwas älter, maßgebliche Urteile stammen aus den 1990er-Jahren. Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass der EuGH bei einem neuerlichen Verfahren auch schärfere Maßnahmen billigt, da mildere Frauenfördermaßnahmen zu wenig gebracht haben.“