Linke Influencerin „Shurjoka“ darf als „Hatefluencerin“ bezeichnet werden
Nach einem öffentlichen Streit über Inhalte und Tonfall in den Sozialen Medien landete eine Auseinandersetzung zweier Streamer vor Gericht. Dabei ging es unter anderem um die Frage, ob die Bezeichnung „Hatefluencerin” zulässig ist.
Die Streamerin Pia Scholz, auch bekannt als „Shurjoka“, bei einer Podiumsdiskussion auf der re:publica 2024 in Berlin.
© IMAGO / Andreas StrohFrankfrurt/Graz. – In dem Streit zwischen den bekannten Internetpersönlichkeiten Tobias Huch und der linken Pia Scholz („Shurjoka“) aus Graz, hat das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden: Huch darf Scholz als „Hatefluencerin“ bezeichnen. Zwar wurden ihm einige Aussagen untersagt, doch mit seiner zentralen Kritik konnte er sich durchsetzen. Laut Gericht überwiegt hier das Recht auf Meinungsfreiheit.
Persönlichkeitsrecht verletzt
Im Zentrum des Falls steht ein YouTube-Video, in dem Huch der Streamerin unter anderem vorwirft, sie „hetzt Tag ein Tag aus“ und ihr Geschäftsmodell sei es, „diesen Hass zu verbreiten und diese Fake News“, wonach sie anderen unterstelle, sie sexuell belästigt zu haben. Das Gericht erklärte diese Äußerungen für unzulässig. Es handele sich dabei um nicht erwiesene Tatsachenbehauptungen, für die Huch die Beweislast trage. Laut dem Senat stehen Scholz Unterlassungsansprüche nach §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 und Art. 2 GG zu.
Meinungsfreiheit schützt Begriff „Hatefluencerin“
In anderen Punkten unterlag die Streamerin jedoch. So muss sie hinnehmen, dass Huch sie als „Hatefluencerin“ bezeichnet, ihr „mysogenes Verhalten“ unterstellt und behauptet, „sie verbreitet Hass, das ist ihr Content“. Auch die Aussage, sie verklage ihn nur deshalb, „weil es ihr nicht gefällt, was ich über sie sage“, fällt unter den weiten Schutzbereich der Meinungsfreiheit.
Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich hierbei um Meinungsäußerungen, die verfassungsrechtlich geschützt sind. Für derartige Aussagen sei kein Nachweis der Tatsachengrundlage erforderlich, solange sie nicht herabwürdigend und ohne Anknüpfungspunkt seien.
Kein Wettbewerbsverhältnis
Die von Scholz zusätzlich geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche wies das Gericht zurück. Scholz stützte diese auf §§ 3, 8 Abs. 1 S. 1, S. 4 Nr. 1 oder Nr. 2 UWG. Ein Wettbewerbsverhältnis bestehe jedoch nicht, so der Senat. Zwar seien beide im Streaming-Bereich aktiv, doch das reiche nicht aus. Laut Urteil dienten auch die von Huch angegriffenen Videos nicht dem Absatz von Produkten oder Dienstleistungen. Vielmehr gehe es um rechtliche Auseinandersetzungen, Bewertungen und Spendenaufrufe, also redaktionelle Beiträge ohne werblichen Überschuss.
Das Gericht erkannte zudem keinen wirtschaftlichen Nachteil der Klägerin. Vielmehr sei davon auszugehen, dass beide Parteien von der öffentlichen Auseinandersetzung profitierten, da die Klickzahlen gestiegen seien. Scholz habe vor dem Landgericht außerdem angegeben, dass sie sich nur über Gaming-Inhalte finanziere und den Rest ihrer Tätigkeit „ehrenamtlich“ betreibe. Eine unternehmerische Betätigung liege insoweit nicht vor.
Hauptsacheverfahren möglich
Das Urteil erging im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und ist nicht anfechtbar. Huchs Anwalt, Dr. Nik Sarafi, erklärte gegenüber dem Legal Tribune Online (LTO), es handele sich für seinen Mandanten bereits um einen wesentlichen Erfolg. Man prüfe, ob man das Hauptsacheverfahren weiterverfolge, unter anderem, um eine „verfassungsrechtliche Klärung der Frage“ zu erwirken, welche Anforderungen „an die Substanz und Belastbarkeit von Anknüpfungstatsachen bei wertenden Äußerungen zu stellen sind“.
Shurjoka-Anwalt sieht Urteil kritisch
Stefan Müller-Römer, der Anwalt von Scholz, kritisiert das Urteil scharf. Die Bezeichnung „Hatefluencerin” sei faktisch identisch mit der Aussage, ihr Geschäftsmodell sei Hass. Influencer sei ein Beruf, daher impliziere die Bezeichnung „Hatefluencerin“ klar, dass Shurjoka mit der Verbreitung von Hass Geld verdienen wolle, so Müller-Römer gegenüber LTO. Die juristische Wertung des Gerichts sei daher widersprüchlich.
Auch die Zurückweisung der wettbewerbsrechtlichen Ansprüche hält Müller-Römer für falsch. Beide Streamer würden regelmäßig übereinander streamen, was geschäftlich motiviert sei und klar der Monetarisierung über Klickzahlen diene. Damit handele es sich seiner Auffassung nach um geschäftliche Handlungen im Sinne des UWG.