„Ein Prozent“ und ihre wichtige Chronik zu den Asylfakten

Die aktuellen Asylzahlen in Deutschland nehmen wieder die Ausmaße der Krisenjahre seit 2015 an. In seinem Ticker zur aktuellen Migrationslage sammelt das Bürgernetzwerk Ein Prozent laufend neue Zahlen und Fakten rund um das Thema.

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„Ein Prozent“ und ihre wichtige Chronik zu den Asylfakten
Anlandung von Migranten in Salerno© IMAGO / Antonio Balasco

Nur wenige Asylbewerber sind echte Flüchtlinge

Im ersten Halbjahr wurden in Deutschland bereits 162.271 Asylanträge gestellt. Auffällig dabei: 11.860 der Erstanträge wurden „von in Deutschland geborenen Kindern von Geflüchteten“ gestellt. Dennoch sind Frauen und Kinder unter den Asylsuchenden nach wie vor in der Minderheit. Wie die Zahlen zeigen, sind 71,6 Prozent der Neuankömmlinge in diesem Jahr jünger als 30 Jahre und männlich. 31,6 Prozent geben sogar an, minderjährig zu sein.

Unter den Asylsuchenden waren im ersten Halbjahr 2023 insgesamt 43.532 Syrer, was einem Anstieg von 77,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Ähnlich ist die Entwicklung bei Afghanen, von denen in den vergangenen sechs Monaten 27.310 Asylanträge gestellt wurden – ein Plus von 80,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. An dritter Stelle liegen türkische Staatsangehörige mit 19.857 Anträgen. Ein Prozent weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Bundesrepublik bei türkischen Antragstellern zwischen Staatsangehörigkeit und Volkszugehörigkeit unterscheidet. Dies sei insofern relevant, als sich hinter den hohen Asylzahlen aus der Türkei vor allem Kurden verbergen, so Ein Prozent. Auf den Plätzen vier und fünf folgen Iraner mit 6.479 und Iraker mit 6.251 Asylanträgen. Auch viele Afrikaner kamen im ersten Halbjahr nach Deutschland. Neben 2.847 Somaliern stellten 2.499 Eritreer einen Asylantrag. Bei 2.089 Antragstellern ist die Herkunft ungeklärt – sie werden dennoch aufgenommen. Die Zahlen zeigen aber auch, dass viele der Neuankömmlinge keine echten Flüchtlinge sind: Von allen Asylentscheidungen im ersten Halbjahr 2023 sind nur 0,7 Prozent echte Asylberechtigte im Sinne des Grundgesetzes. Ukrainer tauchen in all diesen Statistiken nicht auf, weil sie gesondert behandelt werden. Zusammen mit den Millionen Ausländern, die über das Asylrecht nach Deutschland gekommen sind, und den über eine Million Ukrainern ergibt sich die Zahl von 3,1 Millionen Schutzsuchenden in Deutschland.

Das Migrationsabkommen mit Tunesien

In den vergangenen Wochen wurde viel über das neue Migrationsabkommen zwischen der EU und Tunesien diskutiert. Doch was als großer Wurf angepriesen wird, ist nicht mehr als eine Absichtserklärung, meint Ein Prozent. Denn von den versprochenen 900 Millionen Euro soll nur ein kleiner Teil in die Bekämpfung der illegalen Migration fließen. Insgesamt sind nur 100 Millionen Euro für das „Grenzmanagement“, wie es die EU nennt, vorgesehen. Dabei geht es nicht nur um echten Grenzschutz und Rückführungen, sondern auch um europäisch finanzierte „Such- und Rettungsaktionen“. Da die Details noch nicht öffentlich sind, ist unklar, ob dies auch bedeuten könnte, dass die EU weitere Missionen zur Rettung von Schlepperbooten finanziert.

Der tunesische Staatspräsident Kais Saied hat jedoch klargestellt: Auch Tunesien will keine Migranten. In der Hafenstadt Sfax kam es bereits zu schweren Zusammenstößen zwischen Einheimischen und illegalen Einwanderern. Steigende Kriminalität und ausufernde Gewalt durch die meist schwarzafrikanischen Migranten waren den Tunesiern zu viel geworden. Ihr Präsident hat das Signal aus Sfax und anderen Städten verstanden und verspricht, dass trotz EU-Geldern keine illegalen Migranten in Tunesien angesiedelt werden sollen.

Asylgrenzverfahren würden nur kleinen Teil der Asylsuchenden betreffen

Währenddessen ächzen die deutschen Kommunen unter der Last von Millionen von Zuwanderern seit 2015. Hinzu kommen weitere Flüchtlinge aus der Ukraine. Die steigenden Unterbringungs-, Betreuungs- und Folgekosten ruinieren die Städte und Gemeinden finanziell. Viele Bürger verstehen die Politik der unkontrollierten Grenzen nicht. Auch deshalb steigt die AfD in den Umfragen. Doch im Juni einigten sich die EU-Staaten auf Asylverfahren an den europäischen Außengrenzen. Die Ergebnisse dieser Einigung werden allerdings erst im Herbst mit der EU-Kommission und dem EU-Parlament verhandelt. Vor den Europawahlen im Juni 2024 sollen die neuen Regeln dann verabschiedet werden. Bis sie an den Außengrenzen tatsächlich umgesetzt werden können, wird mindestens ein Jahr vergehen - Experten rechnen sogar mit deutlich mehr Zeit.

Grund für die zögerliche Umsetzung sind sowohl die langwierigen und komplizierten politischen Prozesse in der EU als auch die konkreten Vorhaben. Die geplanten Grenzverfahren, die auf EU-Boden durchgeführt werden sollen, haben allerdings einen Haken: Diese Grenzverfahren werden nur einen winzigen Teil der Asylsuchenden betreffen. Denn sie sollen nur für Herkunftsländer gelten, deren aktuelle Schutzquote unter 20 Prozent liegt. Das wären vor allem Menschen aus Georgien, Tunesien, Bangladesch, Serbien oder Albanien. Syrer (Schutzquote 2023: 84,2 Prozent) oder Afghanen (Schutzquote 2023: 73,8 Prozent), die derzeit zu Hunderttausenden nach Deutschland einwandern, wären von dem „Kompromiss“ gar nicht betroffen und würden ein „normales“ Verfahren durchlaufen.

„Zwangsverteilung“ innerhalb Europas

Eine weitere Herausforderung ist die Umverteilung von jährlich 30.000 Migranten innerhalb Europas.Diese Maßnahme richtet sich vor allem an die osteuropäischen EU-Staaten, die sich derzeit weigern, Migranten aufzunehmen. Sie haben erkannt, dass dies zur Bewahrung ihrer nationalen Identität, aus Sicherheitsgründen und zum Wohle ihrer Bildungs- und Sozialsysteme notwendig ist. Nach dem Willen der EU sollen diese Staaten künftig entweder die Ausländer aufnehmen oder 20.000 Euro pro Kopf zahlen. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán erklärte kürzlich bei einem Migrationsgipfel in Wien, Ungarn sei der einzige migrantenfreie Ort in Europa“. Er kritisierte auch die EU scharf, insbesondere das neue Asylpaket, in dem eine „Zwangsverteilung“ innerhalb Europas eine „Einladung“ an Migranten sei, sich auf den Weg zu machen. Interessanter Fakt: Die Verteilung von Migranten durch den „Solidaritätsmechanismus“ würde dazu führen, dass Deutschland aufgrund seiner Größe 6.000 Migranten zusätzlich aufnehmen müsste.