Freilich #35: Und tschüss!

Hörsaalgeflüster (7): Das Versagen der AfD an den deutschen Universitäten

Jüngst forderte Marc Brunner angesichts der bevorstehenden Neugründung der AfD-Jugendorganisation mehr hochschulpolitische Agitation vonseiten der Partei – sehr zum Unmut einiger junger Parteifunktionäre. Nun legt er nach und beleuchtet das umfassende Versagen der AfD im universitären Raum.

Kommentar von
5.10.2025
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3 Minuten Lesezeit
Hörsaalgeflüster (7): Das Versagen der AfD an den deutschen Universitäten

Studenten im großen Hörsaal am Tag der Erstsemesterbegrüßung an der Uni Köln.

© IMAGO / Panama Pictures

Mein jüngster Text, in welchem ich für die mittelfristige Notwendigkeit der Gründung eines studentischen Ablegers der neuen AfD-Jugendorganisation argumentierte, hat eine durchwachsene Resonanz vonseiten der Partei erhalten. Es gab Meinungen, welche mir nahelegten, dass ich zunächst selber etwas machen solle, bevor ich Forderungen stellen dürfe. Diesem wohlmeinenden Fingerzeig will ich sofort entsprechen und nachstehend von jeglicher direkten Forderung absehen. Dafür soll umso mehr aufgearbeitet werden. Denn der Umstand, dass es in über zehn Jahren Parteigeschichte keinen einzigen nennenswerten hochschulpolitischen Vorstoß seitens der Alternative für Deutschland gegeben hat, erscheint mir der näheren Betrachtung wert.

Jenseits der Campus Alternative nur völlige Ahnungslosigkeit

Während die Einschätzung, dass die Universität eine der wichtigsten Institutionen des Landes darstellt – und deshalb der nachhaltige Erfolg einer neuen patriotischen Politik unter anderem daran hängt, wie sehr sie im akademischen Milieu verfängt – innerhalb der AfD vermutlich zumindest mehrheitsfähig ist, so ist sie auch 12 Jahre nach Parteigründung praktisch ohne Konsequenzen geblieben. Allenfalls zu nennen wären die von der Bundespartei von Anbeginn kaum unterstützten und lediglich vereinzelten Versuche der Gründung einer AfD-nahen Hochschulliste, der Campus Alternative, welche die einzigen Verwirklichungen einer hochschulpolitischen Ambition darstellen und – je nach Hochschulort – zumeist sofort untergegangen sind.

Das ist wohl kaum die Schuld jener, welche sich innerhalb der CA engagierten, sondern vor allem ein Versagen der Führungskader und konzeptionellen Leitstrategen innerhalb der Partei. Während es deren Aufgabe gewesen wäre, Antworten auf die jeglicher patriotischen Option geradezu militant gegenüberstehende Situation an den Universitäten zu finden, hatte man sich auf dieser Seite häufig vorrangig um den eigenen Listenplatz gekümmert.

Kein Einfluss auf junge Akademiker

Schlimmer noch: obwohl die AfD von ihrer Gründung her als Professorenpartei galt und auf Fraktionsebene stets zum größten Teil aus Hochschulabsolventen bestand, operiert sie politisch am jungen und urbanen Akademikermilieu vorbei. Selbstverständlich ist dieses in seiner bürgerlichen Zufriedenheit und Wohlstands-induzierten politischen Verblendung auch nur schwerlich zu erreichen. Eine Partei, die auf Bundesebene über 20 Prozent liegt und in Mitteldeutschland die mit Abstand stärkste Kraft darstellt, hätte aber zwangsläufig längst Wege finden müssen, dies zu ändern – denn Mittel gab und gibt es zweifelsohne genug.

Völliger Mangel an Nachwuchsförderung

Wo etwa sind die Referenten für Hochschulpolitik? Wo ist überhaupt irgendein Ansatz für die systematische Unterstützung des Aufbaus einer Hochschulgruppe? Wo – und dies wiegt für meine Begriffe nach wie vor am schwersten – ist das seit Jahren von eminenten Akteuren des Vorfelds geforderte AfD-Institut zur Nachwuchsschulung? Hier hätte ein einfacher Blick nach Österreich gereicht, um am Beispiel des Freiheitlichen Bildungsinstituts zu erkennen, wie eine solche Nachwuchsförderung zu gestalten ist. Stattdessen hat man den Aufbau der Desiderius-Erasmus-Stiftung betrieben, deren politischer und grundsätzlicher Nutzen gänzlich fragwürdig ist.

Die Universität ist notwendig politisch

Groß und beliebt ist auf den Parlamentsfluren und Stammtischen der Spott über Soja-Sören und Soziale-Arbeit-Susanne, aber äußerst spärlich nur sind die konkreten Einlassungen hinsichtlich der Möglichkeiten eines tatsächlichen Wandels der deutschen Hochschullandschaft. Allenfalls vernehmbar ist das impotente Gerede von einer notwendigen „Entideologisierung“ des akademischen Lehrbetriebs – als wenn die Universität als Hort der Elitenreproduktion jemals gänzlich frei von politischen Implikationen gewesen wäre oder dies jemals sein könnte.

Das Desinteresse, welches vonseiten der Partei gegenüber den deutschen Universitäten herrscht, zeigt sich auch an deren Umgang mit der Identitären Bewegung. Denn während identitäre Projekte in Wien, Düsseldorf oder München seit Jahren vormachen, wie widerständiger Aktivismus gelingen kann, hat man auf Bundesebene bekanntlich nichts besseres zu tun, als gerade diese avantgardistischen Formationen auf die Unvereinbarkeitsliste zu setzen. Dabei gäbe es mit Blick auf die konkrete Umsetzung einer flächendeckenden hochschulpolitischen Agitation gerade von den Identitären einiges zu lernen, zumal ein erheblicher Teil dieser Aktivisten selbst aus Studenten besteht.

Für eine neue hochschulpolitische Strategie

Nochmal sei hervorgehoben, dass in meinem letzten Text keineswegs die sofortige Gründung einer neuen Campus Alternative gefordert wurde – hierfür könnte die Zeit insbesondere in der westlichen Bundesrepublik schlicht nicht reif sein. Viel eher ging es mir darum, zu betonen, dass es im Rahmen einer weiteren Popularisierung rechter Politik dringend Strategien und Konzepte braucht, um die Hochschulen als (vor)politischen Raum adäquat zu erkennen und zu bespielen. Wie wenig in dieser Hinsicht bisher geleistet worden ist, sollte aus dem hier Angeführten deutlich werden.

Ein weiterer Eindruck drängt sich abschließend auf: Nämlich dass der überwiegende Teil all jener, die in den letzten zehn Jahren an die Fleischtöpfe des parlamentarischen Systems gelangten, gar nicht an eine solche konsequente Weiterentwicklung des politischen Projekts einer tatsächlichen Alternative für Deutschland zu denken scheint. Der JA-Nachfolger sollte aufpassen, unter dem Druck der Bundespartei und der Maßgabe der zur neuen Kardinaltugend erhobenen „Bereitschaft zur Mäßigung“ nicht in die Rolle einer Jungen Union 2.0 gedrängt zu werden.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

Marc Brunner

Marc Brunner wurde 1997 in Westdeutschland geboren. Der studierte Philosoph interessiert sich für das griechische Denken und antike Geschichtsschreibung.

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