Rassismusvorwurf gegen Polizei: Amnesty verklagt norwegisches Justizministerium
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verklagt das norwegische Justizministerium. Grund ist ein mutmaßlicher Fall von Ethnic Profiling durch Polizeibeamte.
Oslo. – Amnesty International hat erstmals Klage gegen den norwegischen Staat wegen mutmaßlich rassistischer Polizeipraktiken eingereicht. Die Menschenrechtsorganisation wirft der Polizei vor, Personen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit zu kontrollieren und zu beobachten, wie Remix News berichtet. „Dies ist ein Fall, in dem es nicht nur um die Rechte einer Einzelperson geht, sondern auch um strukturelle Herausforderungen in Bezug auf die Art und Weise, wie der Staat seinen Verpflichtungen zum Schutz vor Rassismus und Diskriminierung nachkommt“, sagte John Peder Egenes, Generalsekretär von Amnesty International Norwegen in einer Pressemitteilung
Klage im Fall Awon Amidu
Im Mittelpunkt der Klage steht Awon Amidu aus Trondheim, der nach Angaben von Amnesty International seit Jahren von der Polizei schikaniert und diskriminiert werde. Demnach habe die Polizei Amidu über längere Zeiträume in Zivilfahrzeugen beobachtet und „unverhältnismäßig invasive Kontrollen“ durchgeführt. Obwohl Amidu Anzeige erstattet habe, hätte eine Untersuchung durch die Sondereinheit der Polizei zu keinerlei Konsequenzen geführt. „Die Erfahrungen von Awon Amidu zeigen, dass Ethnic Profiling nicht nur Einzelpersonen betrifft, sondern auch die Rechtssicherheit untergräbt“, so Egenes weiter. Amnesty will mit der Klage sicherstellen, dass der Fall die nötige Aufmerksamkeit und rechtliche Bedeutung erhält.
Justizministerium im Fokus der Klage
Amnesty richtet die Klage gegen das norwegische Justizministerium, da dieses die Aufsicht über das Strafrechtssystem hat. Emilie Hulthin, die Anwältin von Amidu, sagte: „Die einzige Möglichkeit, die ihm zustehende Entschädigung zu erhalten, ist eine Klage gegen den Staat. Die Klage könnte eine grundlegende Klärung der Verantwortung der Behörden für die Wiedergutmachung solcher Verstöße herbeiführen.“ Nils Kristian Moe, Polizeichef des Bezirks Trøndelag, äußerte sich zurückhaltend: „Wir wissen zu wenig über diese Klage, und da es so aussieht, als ob das Justizministerium verklagt wird, ist es nicht richtig, dass wir uns dazu äußern“, sagte Nils Kristian Moe, Polizeichef des Bezirks Trondelg, gegenüber der norwegischen Zeitung NRK.
Debatte über Polizeikontrollen und Kriminalitätsraten
Die Klage kommt zu einer Zeit, in der in Norwegen verstärkt über Polizeikontrollen diskutiert wird. Amnesty kritisiert die so genannten Kontrollzonen, die es der Polizei erlauben, Personen ohne konkreten Verdacht zu durchsuchen. Diese Praxis, die auch aus Dänemark und Schweden bekannt ist, stelle eine potenzielle Menschenrechtsverletzung dar und öffne Tür und Tor für Ethnic Profiling.
In den Sozialen Medien gibt es jedoch auch kritische Stimmen zu der Klage. Die norwegische Journalistin Rebecca Mistereggen kommentierte: „Amnesty verklagt den norwegischen Staat wegen Diskriminierung durch ‚ethnisches Profiling‘. Einwanderer sind krimineller als Norweger. Das ist eine Tatsache. Sie verklagen den Staat, weil die Polizei ihre Arbeit richtig macht“. Dabei verwies Mistereggen auch auf Statistiken der norwegischen Statistikbehörde SSB, wonach Kinder von Migranten in den Jahren 2020-2023 eine noch höhere Kriminalitätsrate aufwiesen als ihre Eltern. Besonders hoch seien die Raten bei Nachkommen von Somaliern, Marokkanern und Irakern, die sieben- bis neunmal häufiger Gewaltdelikte begingen als norwegische Männer. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie der schwedischen Kriminalpolizei BRÅ.