Beweise für ukrainische Beteiligung an Nordstream-Sprengung verdichten sich

Inzwischen räumen sogar Beamte der Biden-Administration hinter vorgehaltener Hand ein, dass es keine schlüssigen Beweise für eine Täterschaft Moskaus gebe.

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Beweise für ukrainische Beteiligung an Nordstream-Sprengung verdichten sich
Hinweise auf eine ukrainische Beteiligung bei der Sprengung verdichten sich© IMAGO / BildFunkMV

In den vergangenen Monaten haben sich die Hinweise verdichtet, dass die Ukraine hinter den Sprengungen der Nordstream-Pipelines steckt. Dies haben unter anderem auch Ermittlungen deutscher Behörden ergeben. Wie die Washington Post nun berichtet, sollen die Anschläge auf Nordstream 1 und 2 von ukrainischen Spezialkräften von langer Hand geplant und schließlich ausgeführt worden sein. Darauf deuten unter anderem interne US-Geheimdokumente hin, die der Whistleblower und US-Nationalgardist Jack Teixeira vor einigen Wochen auf Discord geteilt haben soll.

Brisant an den neuen Erkenntnissen ist nicht nur die mutmaßliche Täterschaft der Ukraine – eines Staates, den Deutschland und die EU seit über einem Jahr mit beispielloser finanzieller und militärischer Hilfe unterstützen. Mindestens ebenso brisant ist die Tatsache, dass die USA bereits ein Vierteljahr vor der Ausführung von den Anschlagsplänen gewusst haben sollen und auch Deutschland darüber informiert war.

Bundesregierung wusste Bescheid

So zeigen Auswertungen der Washington Post, dass der US-Auslandsgeheimdienst CIA bereits im Juni 2022, also drei Monate vor dem eigentlichen Anschlag, von einem ukrainischen Plan für eben einen solchen Anschlag erfahren haben soll. Die Details des Plans seien von einem europäischen Geheimdienst gesammelt und im Juni 2022 an die CIA weitergegeben worden. Sie liefern einige der bisher konkretesten Beweise, die nun die Ukraine mit dem Anschlag auf die Pipeline in Verbindung bringen.

Die CIA leitete den Bericht dann im vergangenen Juni an Deutschland und andere europäische Staaten weiter. So seien die Informationen auch mit dem deutschen Geheimdienst geteilt worden, und deutsche Geheimdienstmitarbeiter hätten dann Ende Juni – noch vor der Sommerpause – die Bundesregierung in Berlin informiert.

Demnach wurden sie über Pläne informiert, wonach ein sechsköpfiges Team einer ukrainischen Eliteeinheit die Nordstream-Pipelines in einer verdeckten Tauchaktion sprengen sollte. Dieses Team soll direkt der ukrainischen Armeeführung unterstellt gewesen sein. Die ursprünglichen Informationen über den Plan stammten demnach von einem Informanten in der Ukraine. Der Plan sei sehr detailliert gewesen und habe große Ähnlichkeit mit dem tatsächlich verübten Anschlag vom September gehabt.

Verdacht gegen Ukraine erhärtet sich

Nach dem Plan sollten sechs Männer unter falscher Identität ein Boot mieten und damit zu den Pipelines fahren. Dort sollten sie mit einem Tauchboot zu den Pipelines tauchen, um dort Sprengsätze anzubringen. Neben Sauerstoff sollte auch Helium mitgeführt werden, das für besonders tiefe Tauchgänge empfohlen wird. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei den Einsatzkräften um erfahrene Taucher handelte, da die Sprengsätze in einer Tiefe von circa 70 Metern angebracht werden mussten und die Zugabe von Helium für die Aufrechterhaltung der mentalen Konzentration hilfreich ist. Die Beteiligten hätten nach der Durchführung des Anschlags direkt an den Chef der ukrainischen Armee, Valery Saluznyj, berichtet.

Was den Verdacht gegen die Ukraine erhärtete, waren die sehr spezifischen Details des Plans, darunter die genaue Anzahl der Angreifer und die Angriffsmethoden. Dies zeigt, dass westliche Nachrichtendienste von Anfang an gute Gründe hatten, Kiew der Sabotage zu verdächtigen. Diese Einschätzung hat sich in den letzten Monaten noch verstärkt, als auch deutsche Strafverfolgungsbehörden Beweise für den Bombenanschlag entdeckten, die wiederum verblüffende Ähnlichkeiten mit ukrainischen Plänen aufweisen. So kamen die deutschen Ermittler zu dem Schluss, dass sechs Attentäter im September exakt nach dem von den Geheimdiensten übermittelten ukrainischen Plan vorgegangen sein sollen.

Keine Beweise für Täterschaft Moskaus

Nach dem Anschlag hatten die US-Regierung und andere westliche Staaten mehrfach öffentlich Russland verdächtigt. Inzwischen räumen Beamte der Biden-Administration jedoch hinter vorgehaltener Hand ein, dass es keine schlüssigen Beweise für eine Täterschaft Moskaus gebe. Stattdessen haben europäische Regierungsbeamte aus mehreren Ländern wiederholt angedeutet, dass die Ukraine hinter dem Angriff steckt.

Sie weigern sich jedoch, dies öffentlich zu sagen, weil sie befürchten, dass die Schuldzuweisung an Kiew die Allianz gegen Russland sprengen könnte. Auch bei NATO-Treffen sei das Thema „Nordstream“ ein rotes Tuch, über das zu schweigen man sich stillschweigend geeinigt habe. Offenbar fürchtet man, dass die unerhörte Wahrheit öffentliche Empörung hervorrufen und damit die westliche Unterstützung für die Ukraine gefährden könnte. 

Immerhin erklären die neuen Enthüllungen, warum die bisherigen öffentlichen Stellungnahmen so dürftig ausfielen, warum die Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen – angeblich aus Gründen der nationalen Sicherheit – keine konkreten Antworten geben wollte und warum sich alle Altparteien stoisch weigerten, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Denn die Wahrheit könnte die gesamte bisherige Ukraine-Politik auf den Kopf stellen.