Verfassungsschutz stuft Junge Alternative als „gesichert rechtsextrem“ ein

Nach vierjähriger Beobachtung hat das Bundesamt für Verfassungsschutz die Junge Alternative als Verdachtsfall eingestuft. Auch das Institut für Staatspolitik und „Ein Prozent“ wurden neu bewertet. Aktualisiert: 16:28 Uhr

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Verfassungsschutz stuft Junge Alternative als „gesichert rechtsextrem“ ein
Thomas Haldenwang© IMAGO / IPON

Der Verfassungsschutz stuft nun auch die Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative (JA), als sichere rechtsextremistische Bestrebung ein. Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) vom Mittwoch werden neben der Jungen Alternative (JA) nun auch zwei weitere Gruppierungen des konservativen Lagers in Deutschland - das Institut für Staatspolitik (IfS) und der Verein „Ein Prozent“ - von der Behörde entsprechend eingestuft. Alle drei Akteure waren bislang vom Inlandsgeheimdienst als rechtsextremistische Verdachtsfälle geführt worden.

Für BfV-Präsident Thomas Haldenwang besteht kein Zweifel mehr, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen. „Sie werden deshalb vom BfV als gesichert rechtsextremistische Bestrebungen eingeordnet und bearbeitet", so der oberste Verfassungsschützer in der Mitteilung. Bei der Diffamierung und Verunglimpfung politischer Gegner gehe es der JA offensichtlich nicht um eine politische und faire Auseinandersetzung, „sondern um eine generelle Herabwürdigung des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland“. Auch erwähnte man die Verbindungen des JA-Bundesvorsitzenden zu den anderen beiden genannten Organisationen.

Stärkere Überwachung droht

Ähnliche Vorwürfe werden gegen das IfS und „Ein Prozent“ erhoben. Bei ersterem sind nach Einschätzung des Nachrichtendienstes „Verstöße gegen das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip“ festzustellen und eine strategisch wichtige Rolle im Netzwerk konservativer Kräfte zu beobachten. Bei letzteren werden nach Einschätzung des Verfassungsschutzes rassistische, migrationsfeindliche, fremdenfeindliche und antimuslimische Positionen durch den Verein „Ein Prozent“ propagiert. In den letzten Jahren sei eine Zunahme verfassungsfeindlicher Äußerungen festzustellen.

Die Einstufung als sichere extremistische Bestrebung hat konkrete Folgen wie den Einsatz weiterer nachrichtendienstlicher Mittel und Sicherheitsüberprüfungen. Darüber hinaus wird vermehrt über gesicherte extremistische Bestrebungen berichtet. „Es ist Aufgabe und Pflicht des BfV, zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung die Öffentlichkeit über solche Bestrebungen aufzuklären“, erklärte Haldenwang.

Betroffene und Opposition widersprechen

Unter den betroffenen Akteuren gibt es Widerspruch. So sagte der Leiter des IfS, Erik Lehnert, gegenüber FREILICH, von einer „parteipolitisch agitierenden Behörde wie dem Verfassungsschutz“ sei kein „Interesse an einer offenen Debatte über die Zukunft Deutschlands“ zu erwarten. „Der fortgesetzte Versuch, Kritik an der politischen Agenda der Altparteien und ihrer Lobbyisten zu unterdrücken, ist zwar immer noch ein Skandal, folgt aber der inneren Logik des Parteienstaates, Konkurrenten mit allen Mitteln von der Macht fernzuhalten. Die Diffamierung des politischen Vorfelds der AfD dient nur diesem Zweck“, so Lehnert weiter. Unterkriegen lassen will sich das IfS nicht. „Aber Widerstände sind dazu da, überwunden zu werden. Mit einer deutschen Kanzlerin gesprochen: Wir schaffen das!"

Auch der Politikwissenschaftler Benedikt Kaiser, der regelmäßig in der vom IfS herausgegebenen Zeitschrift Sezession publiziert, sieht die Entscheidung des Verfassungsschutzes kritisch. In einer Stellungnahme bezeichnete er das Vorgehen der Behörden als „Salamitaktik“. Damit meint er die Versuche der Verfassungsschützer, nach und nach einzelne Glieder des konservativen Blocks herauszubrechen, indem sie diese als rechtsextrem bezeichnen und damit in ein schlechtes Licht rücken. Dass Haldenwang und seine Behörde nun gegen die drei genannten Organisationen vorgehen, liegt laut Kaiser an deren vorbildlicher Arbeitsweise. IfS, „Ein Prozent“ und JA würden für die „wichtigsten Impulse, die besten Innovationen, die konstruktivsten Ansätze“ sorgen. Die Entscheidung des Verfassungsschutzes bestätige nun indirekt diese erfolgreiche Arbeit des von ihm als "Dreieck" bezeichneten Vorfelds der drei Gruppen. Nun gelte es, die Zusammenarbeit zu intensivieren. Auch der Leiter von „Ein Prozent“, der Verleger Philip Stein, kritisiert den Verfassungsschutz: „Wir sind Gedankenverbrecher – und dafür werden wir verfolgt.“

Alle Stellungnahmen in voller Länge finden Sie hier.


Dieser Artikel wurde um 13.36 Uhr durch eine Stellungnahme von Erik Lehnert ergänzt.

Eine Stellungnahme von Benedikt Kaiser wurde um 14:31 Uhr hinzugefügt.

Um 16:28 Uhr wurde Philip Steins Stellungnahme aktualisiert.