Freilich #35: Und tschüss!

Provokantes Buch: Wie Viktor Orbán zum gefährlichsten Gegner von George Soros wurde

Viktor Orbán gehört zu den bekanntesten Staatsmännern Europas und ist besonders in konservativen Kreisen international beliebt. Ein Buch aus dem Jungeuropa Verlag widmet sich seinem Aufstieg – und seinem ärgsten Widersacher.

Kommentar von
23.8.2025
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3 Minuten Lesezeit
Provokantes Buch: Wie Viktor Orbán zum gefährlichsten Gegner von George Soros wurde

Das Buch „Orbán gegen Soros“ erschien im Juni im Jungeruopa Verlag.

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Wird Geschichte immer von großen Männern geschrieben, oder sind es die kleinen Rädchen, die Entwicklungen in Gang setzen, deren Folgen wir erst Jahre oder Jahrzehnte später erkennen? Die Wahrheit liegt womöglich in der Mitte, wie ein aktuelles Buch aus dem Jungeuropa Verlag verdeutlicht. In „Orbán gegen Soros. Vier Jahrzehnte des Ringens” des ungarischen Politikwissenschaftlers Gábor G. Fodor geht es um die vielen kleinen Ereignisse, die zwei seiner Landsleute, die ebenso enge Verbündete hätten werden können, zu erbitterten politischen Widersachern formten.

Fodor lässt seine an eine mittelalterliche Herrscherchronik erinnernde Geschichte in den Nachwehen der Sowjetzeit beginnen und im Jahr 2022 enden – dem Jahr, in dem der russisch-ukrainische Konflikt in der Ostukraine in einen ausgewachsenen Krieg mündete. Über Soros' Rolle in diesem Konflikt ist sich der Autor sicher: Für den ungarisch-jüdischen Philanthropen sei Kiew nur ein Sprungbrett nach Moskau gewesen, aus dessen inneren Zirkeln Soros durch Putins Einfluss erfolgreich verdrängt wurde.

Wo die Sympathien liegen

Zurück nach Ungarn: Der Klappentext verrät, dass es eine Geschichte „von zwei außergewöhnlichen Ungarn mit speziellen Begabungen“ sei, und Fodor schreibt in der Danksagung selbst über „die beiden Helden“ seines Buches. Dennoch ist völlig klar, wo die Sympathien des Autors liegen. Dies wird nicht nur durch dessen eigene Biografie als Kurator der Századvég-Stiftung und Direktor des XXI.-Jahrhundert-Instituts deutlich. Beide konservativen Denkfabriken stehen in enger Beziehung zur Fidesz-Regierung, und trotz aller Versuche, in die Rolle des neutralen Erzählers zu schlüpfen, ist eine persönliche Sympathie für den ungarischen Regierungschef nicht zu leugnen.

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Glücklicherweise greift die deutsche Ausgabe diesen Umstand in einem Vorwort von Jungeuropa-Chef Philip Stein auf und ordnet passend ein: „Klar ist: Viktor Orbán ist ebenso fehlbar wie jeder leitende und lenkende Mensch, doch ist er zweifelsohne ein einzigartiger Staatsmann, der seiner Nation […] das Maximale, nicht das Minimale […] erkämpft. Er hat ein ‚System Orbán‘ geschaffen, das […] auch nach einem möglichen Abgang seiner Person überdauern könnte.“

Zwischen Skepsis und Strategie

Liest man das Buch mit einer Prise Skepsis, die man jeder an einen herangetragenen Information beilegen sollte, so gewinnt es nicht nur einen Informations-, sondern auch einen echten Unterhaltungswert. Gerade die Verbindungen zwischen Budapest, Washington und der überall und nirgends agierenden Open Society Foundation samt ihres stets umtriebigen Gründers erhellen die Umstände so mancher internationaler Entwicklung der letzten Jahrzehnte.

Orbáns größter Sieg im Duell mit Soros ist, dass er dessen öffentliches Bild demontieren konnte. „Denn wer einen guten Menschen attackierte, der konnte selbst nur schlecht sein; wer sich gegen die guten Prinzipien stellte, der konnte das nur im Namen des Bösen tun“, schreibt Fodor. Dem Leser fallen dabei auf Anhieb mindestens eine Handvoll Personen ein, die ebenso von einem Schleier der Unangreifbarkeit umgeben zu sein scheinen. Durch solche Passagen trägt das Buch auch einen politisch-strategischen Aspekt in sich, dessen Wert für die derzeit in der Opposition gefesselte deutsche Rechte jedoch eher perspektivisch ist.

Lehren und Grenzen für deutsche Leser

Gábor G. Fodors „Orbán gegen Soros” ist für den deutschen Leser in einer ähnlich schwierigen Position wie Márton Békés’ „Nationaler Block”: Der ungarische Sonderweg in der europäischen Politik ist zweifellos interessant und von dem Erfolg der Magyaren kann auch die deutsche Rechte einiges lernen, doch sind die nationalen Gegebenheiten oft zu unterschiedlich, um einen direkten Transfer zu erlauben.

Nichtsdestotrotz – oder gerade deswegen – ist Fodors Buch lesenswert: Er öffnet den Blick für eine politische Welt, die den meisten nicht nur fremd, sondern oft auch verschlossen ist, nicht zuletzt, weil die ungarische Sprache in Deutschland nicht zu den populärsten Fremdsprachen zählt. Wer sich also auf den Text einlässt und auch zwischen den Zeilen liest, erhält mit Gábor G. Fodors „Orbán gegen Soros” aus dem Jungeuropa Verlag einen guten Einblick in die jüngste Phase der Geschichte und Politik des Landes zwischen Donau und Theiß.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

Mike Gutsing

Mike Gutsing, Jahrgang 1999, hat Geschichte studiert und lebt in Mitteldeutschland. Das besondere Interesse des Korporierten gilt der deutschen Geschichte und Kultur.

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