Nach Brückeneinsturz in Dresden: Fehlende Maßnahmen decken Versagen der Stadtspitze auf
In Dresden hat sich die politische Diskussion über Versäumnisse und Fehlplanungen der Stadtregierung weiter verschärft, nachdem bekannt wurde, dass der problematische Zustand der inzwischen teilweise eingestürzten Carolabrücke bereits seit über zehn Jahren kein Geheimnis war.
Dresden. – In der Nacht zum Mittwoch sind Teile der Dresdner Carolabrücke, die die historische Altstadt mit der Neustadt verbindet, in die Elbe gestürzt. Der Brückeneinsturz betraf Fuß- und Radwege sowie Straßenbahngleise und führte zu erheblichen Verkehrsbehinderungen in der Stadt (FREILICH berichtete). Menschen wurden nicht verletzt. Brisant ist, dass der eingestürzte Teil der Carolabrücke im kommenden Jahr saniert werden sollte. Nun ist eine politische Debatte über mögliche Fehler und Versäumnisse entbrannt.
Zustand schon seit über einem Jahrzehnt problematisch
Demnach war der Zustand der kürzlich eingestürzten Carolabrücke offenbar schon seit Jahren problematisch. Bereits 2013 wurde in einem Prüfbericht darauf hingewiesen, dass die Brücke nicht mehr ausreichend tragfähig sei und die Verwendung von DDR-Spannstahl Risiken berge. Spätere Berichte, darunter einer aus dem Jahr 2019, warnten zudem vor möglichen Schäden durch Salzwasser, das durch eine defekte Straßenentwässerung in die Brücke eingedrungen war. Dieses Wasser hätte zu Korrosion der Spannseile führen können, was ein „schlagartiges Versagen“ der Brücke zur Folge haben könnte.
Antwort der Verwaltung der @stadt_dresden auf eine Anfrage aus dem Jahr 2013 an den #staDDrat
Nach dem Einsturz der Brücke häufte sich die Kritik an der Dresdner Stadtregierung, insbesondere am Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und dem grünen Baubürgermeister Stephan Kühn. Die Stadträtin der Freien Wähler, Susanne Dagen, erklärte gegenüber der Jungen Freiheit (JF), dass der desolate Zustand der Brücke seit Langem bekannt gewesen sei und Hilbert dies ignoriert habe. „Der Tüv hatte den Brücken im Dresdner Raum in der Vergangenheit mehrfach schlechte Zensuren erteilt. Der nun eingestürzte Teil der Carolabrücke galt als marode“, betonte Dagen. Hilbert habe dies offenbar ignoriert. Dass er auch bei der ersten offiziellen Pressekonferenz zum Einsturz nicht anwesend gewesen sei, sei bezeichnend. „Wenn Brücken einbrechen ist das nicht nur katastrophal für die Infrastruktur und eine anstehende kommunale Haushaltsplanung, es steht auch sinnbildlich für das Zerbröseln unseres Landes.“ Dagen forderte einen Personalwechsel, um die marode Infrastruktur in Dresden besser zu verwalten.
Stadtrat lehnte Antrag ab
Erst im September 2023 hatte die Stadtratsfraktion der Freien Wähler/Freie Bürger Dresden einen Antrag beim Oberbürgermeister gestellt: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, dem Stadtrat unverzüglich, spätestens bis zum 30. Juni 2024 einen Bericht über den Zustand aller Brückenbauwerke auf dem Stadtgebiet der Landeshauptstadt vorzulegen.“ Am 17. Juni 2024 lehnte der Stadtrat den Antrag allerdings ab. Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion im sächsischen Landtag, Jan Zwerg, nannte das Verhalten der Dresdner Stadtregierung gegenüber der JF „unverantwortlich“. Der betroffene Abschnitt der Carolabrücke sei bereits bei einer früheren Überprüfung als „nicht ausreichend“ eingestuft worden, und es müsse nun geklärt werden, warum diese Warnungen nicht zu sofortigen Maßnahmen führten.
Weiterer Teil eingestürzt
Auch Baubürgermeister Stephan Kühn steht in der Kritik. Insbesondere die Tatsache, dass er Kritik am Zustand der Brücken in den Sozialen Medien als unbegründet zurückwies und auf bereits abgeschlossene Sanierungsprojekte verwies, gleichzeitig aber 334.000 Euro für Blumenkübel in der Innenstadt ausgab, sorgt nun für zusätzliche Empörung. Kritiker werten die Entscheidung als Zeichen mangelnder Prioritätensetzung angesichts des maroden Zustands der städtischen Infrastruktur.
Wie jetzt bekannt wurde, ist in Dresden bei Abrissarbeiten ein weiterer Teil der Carolabrücke eingestürzt. Es handelt sich um den Brückenteil mit den Straßenbahngleisen, der bereits am Mittwochmorgen teilweise in die Elbe gestürzt war. Mit dem Einsturz dieses Brückenteils ist nun eines von drei Brückenteilen (Brückenteil C) der 400 Meter langen Elbbrücke vollständig zerstört.
Offen ist derweil auch die Frage, wer einen Neubau der Brücke finanziert. Laut Sächsischer Zeitung haben weder die sächsischen Kommunen noch der Freistaat derzeit die finanziellen Mittel, um alle problematischen Projekte zügig abzuarbeiten. Für den Wiederaufbau der Brücke fehlt also das Geld. Zudem könnten in Zukunft weitere Brücken einstürzen, die Zahl der sanierungsbedürftigen Brücken ist zuletzt kontinuierlich gestiegen und lag im Februar 2023 bei 16.000.